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Wie der Herpes auf unsere Genitalien gelangte

Herpes ist genauso ansteckend wie hartnäckig. Ein Team aus Anthropologen, Virologen und einem Ingenieur fand nun heraus, wem wir die Misere zu verdanken haben.
Fossiler Schädel eines Paranthropus boisei | Bild: imago | United Archives International 

Schätzungsweise eine halbe Milliarde Menschen plagen sich weltweit mit Genitalherpes herum. Der Virus HSV-2 ist sexuell übertragbar und verursacht schmerzhafte, juckende Hautbläschen im Genitalbereich. Genau wie sein enger Verwandter Lippenherpes (HSV-1) ist der Virus extrem ansteckend, nicht heilbar und verdammt unangenehm.

Nun hat ein britisches Forscherteam offenbar herausgefunden, welchen unserer Vorfahren wir für diese Misere verantwortlich machen können. Laut der Studie, die am Sonntag in der Fachpublikation Virus Evolution veröffentlicht wurde, ist der ausgestorbene Menschenaffe Paranthropus boisei der vermeintliche Übeltäter. Der P. boisei, der wegen seiner übermäßig ausgeprägten Kaumuskeln auch als "Nussknacker-Mensch" bezeichnet wird, lebte vor 2,3 bis 1,4 Millionen Jahren in Ostafrika. Diese Spezies, die kein direkter Vorfahre des Menschen ist, steckte sich scheinbar beim prähistorischen Schimpansen mit HSV-2 an und übertrug den Virus auch auf den Homo erectus.

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Da bereits der gemeinsame Vorfahre von Schimpanse und Mensch an Lippenherpes litt, trugen beide Erblinien den Virus nach ihrer Teilung vor circa sieben Millionen Jahren weiter. Die menschliche Erblinie schaffte es jedoch mehrere Millionen Jahre lang der Ansteckung mit HSV-2 zu entgehen, während die Vorfahren der Schimpansen bereits damals unter der unangenehmen Krankheit litten.

Die Forscher unter der Leitung des Anthropologen Simon Undercrown von der Oxford Brookes University fanden nun heraus, dass der P. boisei wohl zum Träger von Genitalherpes wurde, als die hominiden Spezien sich weiter ausbreiteten. Und er sorgte auch dafür, dass der Virus den Sprung vom Schimpansen zum Menschen machen konnte.

Plastische wissenschaftliche Rekonstruktion eines Paranthropus boisei | Bild: Wikimedia Commons | Lillyundfreya | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Es ist möglich, dass es sexuellen Kontakt zwischen den Spezien gab und sich der Virus so von einer Spezies auf die andere übertrug. Die Autoren der Studie glauben jedoch, dass der Virus auch durch andere Faktoren übertragen worden sein könnte, beispielsweise durch gemeinsames Trinkwasser. Unsere Vorfahren könnten sich den Virus auch selbst eingebrockt haben, etwa durch Bisswunden im Kampf oder indem sie das Fleisch des P. bosei verzehrten.

"Wir können unseren Vorfahren 'vorwerfen', dass sie andere hominide Spezien und Menschenaffen gegessen haben. Dieses Verhalten ist auch die Ursache, dass andere Infektionen vom Affen auf den Menschen übertragen wurden, wie beispielsweise HIV", erklärte die Virologin der Cambridge University und Autorin der Studie Charlotte Houldcroft gegenüber dem US-Sender CNN. "Es birgt gewisse Risiken, wenn man sich von eng verwandten Spezies ernährt. Krankheitserreger, die sich an eine Spezies angepasst haben, die uns ähnlich ist, können nämlich die Artengrenze leicht überwinden."

Um dem Ursprung des Herpes-Erregers auf die Spur zu kommen, analysierte das Forscherteam die Lebensweise der Vormenschen. Dazu erstellte der Geo-Ingenieur Krishnar Kumar Infrastruktur-Modelle, mit denen Artenwanderungen, klimatische Entwicklungen und auch die frühzeitliche Genstruktur des Herpes-Virus nachvollzogen werden konnten. Dabei identifizierten die Forscher den P. boisei als das Bindeglied zwischen den prähistorischen Schimpansen und dem Menschen, das den Virus für Genitalherpes auf unsere Vorfahren überspringen ließ.