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Echte Helden und Heldinnen

Buddhist gewinnt beim Poker mehr als eine halbe Million – und spendet alles

Es gibt eben doch noch Heilige. Und dieser hier hat ein astreines Pokerface.
Der Buddhist, Übersetzer und Pokerspieler Scott Wellenbach am Pokertisch, Pokerturnier
Screenshot von YouTube aus dem Video "PCA 2019 | Scott Wellenbach busts in 3rd place for $671,240 | KQ vs AT" von Best Poker Videos

Was würdest du tun, wenn du beim Poker eine halbe Million Euro gewinnen würdest? Weltreise machen, eine schmucke kleine Villa kaufen, einen Porsche vielleicht? Und dann noch ein bisschen spenden – Karma und so?

Wie auch immer deine Antwort aussieht, vermutlich würdest du nicht handeln wie der Kanadier Scott Wellenbach: Der 67-Jährige hat Mitte Januar beim PokerStars Caribbean Adventure in den Bahamas den dritten Platz belegt und stolze 671.240 Dollar gewonnen. Das sind etwa 590.000 Euro. Und jetzt spendet er alles, den gesamten Gewinn.

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Die Frage, die man sich da natürlich stellt, lautet: Warum nur? "Ich bin Buddhist, als solcher sitze ich viel herum und meditiere. Das ist gratis", sagte Wellenbach gegenüber der BBC. Anscheinend braucht er die Kohle einfach nicht.

Die Kommentatoren des Events feierten Wellenbach Berichten zufolge als Helden und als den "Stolz von Nova Scotia", seiner Heimatregion an der Ostküste Kanadas. An dem PokerStars-Turnier auf Paradise Island, einer Insel in der Nähe der bahamaischen Hauptstadt Nassau, durfte er teilnehmen, weil er ein Online-Pokerturnier gewonnen hatte. Frühere Gewinne, die allerdings bedeutend kleiner waren, hat er auch schon gespendet, an Oxfam und Ärzte ohne Grenzen. 2017 gewann Wellenbach bei einem Turnier in Barcelona 61.400 Euro und spendete den Großteil an ein buddhistisches Nonnenkloster.

"Wie viele Traditionen ist auch der Buddhismus unfair gegenüber Frauen," sagte Wellenbach damals dem kanadischen Rundfunk CBC. "Deshalb finde ich es sehr wichtig, etwas für die Ausbildung junger Nonnen zu geben."

Wenn er nicht gerade beim Poker abräumt und mit seinen Erfolgen die Welt verbessert, meditiert Wellenbach mindestens eine Stunde täglich und übersetzt professionell alte buddhistische Schriften aus dem Tibetanischen und aus dem Sanskrit. Das klingt nicht gerade nach einem knallharten Zocker. Aber laut Wellenbach hilft das Kartenspiel ihm sogar bei seiner buddhistischen Praxis.

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"Poker bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich mit den Himmeln und Höllen des eigenen Geistes auseinanderzusetzen", erklärte Wellenbach der BBC. "Alle eineinhalb Minuten gewinnst oder verlierst du – das rückt in den Fokus, wie unsere Hoffnungen und Ängste mit den Lebensumständen stehen und fallen."

"Zum richtigen Handeln gehört Güte. Das ist die Herausforderung beim Poker: Wie gewinne ich und handle trotzdem gut?" – Scott Wellenbach

Regelmäßige Meditation erleichtere außerdem das Poker-Spiel, wie Wellenbach der Website PokerNews erklärt: "Wer meditiert und Achtsamkeit entwickelt, freundet sich mit sich selbst an." So lerne man, die eigenen Gedanken und Gefühle besser zu verstehen, und lasse sich von ihnen nicht mehr so stark beeinflussen. Man durchschaue nicht nur besser, was im eigenen Geiste vorgeht, sondern auch auf dem Pokertisch. "Dann musst du nur noch richtig handeln – aber zu richtigem Handeln gehört Güte. Das ist die Herausforderung beim Poker: Wie gewinne ich und handle trotzdem gut?"

Noch hat Wellenbach nicht entschieden, wem er den Riesengewinn spenden wird. Im Interview mit PokerNews sagte er, er hoffe, damit Leben zu erleichtern – von Menschen oder "anderen Lebewesen, die Gefühle haben".

Scott, hier ein Segenswunsch von uns: Möge dein weiterer Lebensweg mit Royal Flushes und Assen gepflastert sein. Im Vergleich zu dir sind die meisten von uns reine Egoisten.

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