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wochenende

Hangover-News, 22. Mai 2017

Eine deutsche Entwicklungshelferin wurde in Kabul getötet, Böhmermann singt für Deniz Yücel und ein Häftling landet in Bayern nach nur 45 Minuten in Freiheit wieder im Knast.

Jan Böhmermann singt "Die Gedanken sind frei" | Screenshot: YouTube

Zählen wir zum Start kurz durch: Bitte mal eben die Hand heben, wer gestern zum Frühstück im Café oder zum Wochenend-End-Bier in der Kneipe war. Ihr bekommt hiermit noch einmal die Möglichkeit, euch schlecht zu fühlen. Denn habt ihr auch gut Trinkgeld gegeben? Am Sonntag war zum dritten Mal Welttrinkgeldtag. Die Idee dahinter: auf die Bedeutung von Trinkgeld für Servicekräfte hinzuweisen. Das Wort kommt übrigens daher, dass man im Mittelalter dem Kellner das Geld mit dem Wunsch gegeben hat, er möge es vertrinken. Wir lernen: Alles ist ein Kreislauf!

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Die übrigen Themen des Wochenendes waren durchaus handfester: In Berlin demonstrieren Flüchtlinge gegen die Zustände in einer Notunterkunft. In Kabul ist eine deutsche Entwicklungshelferin getötet worden. Bei Augsburg ist ein freigelassener Häftling nach gerade einmal 45 Minuten schon wieder im Gefängnis gelandet. (Dagegen kommt ein 32-Jähriger, der nackt im Kölner Dom gebetet hat, wohl ohne Strafe davon.) Und weil es ohne Partymeldung keine Hangover-News wären, geht es auch noch um einen verrückt gewordenen Nachbarn in Baden-Württemberg.

Flüchtlinge demonstrieren gegen Bedingungen in Berliner Notunterkunft

Flüchtlinge in der Notunterkunft im Jahr 2015, damals besuchte Bundespräsident Joachim Gauck die Unterkunft | Foto: imago | Christian Mang

In der Rubrik "Was wurde eigentlich aus…?" haben wir heute frustrierende News aus Berlin. Dort leben in der Notunterkunft im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf noch immer mehr als 900 Flüchtlinge und ihre Wohnbedingungen sind alles andere als angenehm. Bettwanzen soll es geben, die Security sei unfreundlich, das Essen schlecht, erzählt ein Bewohner, der seit September 2015 in dem Heim wohnt. Das muss man sich mal klar machen: Obwohl seit Monaten schon die Zahl der nach Deutschland Geflohenen extrem zurückgegangen ist, gibt es in der Hauptstadt Menschen, die seit mehr als anderthalb Jahren in derselben anscheinend miesen Notunterkunft untergebracht sind.

Um zu protestieren, haben die Flüchtlinge nun unter freiem Himmel geschlafen. Schon letzte Woche hatten sie ihren Frust kundgetan. Offizielle haben Probleme eingeräumt, aber gleichzeitig viele Vorwürfe abgestritten. Das Gesundheitsamt hat die Räume kontrolliert und "keine Mängel" festgestellt. Schimmel in den Duschen und Zimmer mit Bettwanzen fanden sie allerdings schon.

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Böhmermann singt für Deniz Yücel

Seit fast hundert Tagen sitzt der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel in der Türkei in Haft. Selbst kann er nicht mehr berichten, also lesen andere sein Texte vor. Am Sonntagmittag kamen rund 800 Zuschauer ins Schauspielhaus Frankfurt, um elf Prominenten, die seine Texte vortrugen, zuzuhören und zu zeigen, dass Yücel nicht vergessen ist. Jan Böhmermann bestreitete den Anfang und las in der Haft verfassten Briefe von Yücel, detailliert und lakonisch beschreibt der Journalist seine Haftbedingungen. Persönliche Worte habe er nicht vorbereitet, sagte Böhmermann, sondern ein Sozialexperiment. Und dann stimmte er das Volkslied an: "Die Gedanken sind frei". Das Publikum sang mit, erst zaghaft, dann immer lauter.

Deutsche Entwicklungshelferin in Kabul getötet

Kabul | Foto: imago | Xinhua

Leider ist auch unser zweites Thema ein Fall aus der Rubrik "Immer noch schlimm". In Afghanistan müssen die Menschen noch immer jeden Tag mit erheblichen Gefahren für ihr Leben rechnen. Ins Bewusstsein hierzulande kehrt die Lage in Kabul zurück, weil dort am Samstag eine deutsche Entwicklungshelferin getötet wurde. Unbekannte hatten das Gästehaus einer Hilfsorganisation überfallen, dabei starb auch ein afghanischer Wachmann. Eine finnische Mitarbeiterin wurde entführt.

Die Frau hatte für die schwedische Organisation "Operation Mercy" gearbeitet und seit mehr als zehn Jahren in Afghanistan gelebt. Die Täter sind unerkannt entkommen. Ihre Motive sind unklar.

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Häftling muss nach 45 Minuten wieder zurück ins Gefängnis

Die erstaunlichste Festnahme der vergangenen Tage gab es in Bayern. Das Gefängnis Gablingen bei Augsburg hatte am Donnerstag einen 30 Jahre alten Mann freigelassen. Da war es 8.30 Uhr. Das ist wichtig. Denn als erstes ist der Typ randalieren gegangen. Er hat in einer Siedlung direkt in der Nähe des Knasts gegen einen Briefkasten getreten und mehrere Mülltonnen so umgekickt, dass Autofahrer stark abbremsen und ausweichen mussten. Die Anwohner haben gegen 9.15 Uhr die Polizei gerufen. Und die? Hat den Mann natürlich wieder festgenommen. Macht: Knapp 45 Minuten in Freiheit. Chapeau.

Von Party genervt, Pistole gezückt

Die Bundesliga ging ja dieses Wochenende auch zu Ende, aber der Meistertitel für "Nachbarschaftshorror" geht definitiv nach Schelklingen. Dort war ein 24-Jähriger so sehr von der Party seiner Nachbarn genervt, dass er sich mit einer großkalibrigen Schreckschusspistole bewaffnete und in das Stockwerk über ihm ging, in dem gefeiert wurde. Zunächst stellte er über den Sicherungskasten den Feiernden den Strom ab. Das Partyvolk, zwischen 13 und 33 Jahre alt, fand das nur so mittel und stellte ihn zur Rede – woraufhin der Mann seine Pistole zog. "Um seiner Drohung das notwendige Gewicht zu verleihen", heißt es im Polizeibericht, "schoss er in Wild-West-Manier neben den Personen auf die Wand und dann noch in den leeren Hausflur." Die Polizei nahm ihn in Gewahrsam und beschlagnahmte die Pistole. Ihn erwartet nun ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch, Bedrohung und Verstoß gegen das Waffengesetz. Seine Pistole wird er nicht zurückbekommen.

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