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Sex

Ein christliches Swinger-Pärchen erklärt, wie man Gott und viel Sex in Einklang bringt

"Wir wurden in unserer Gemeinde geoutet. Das war eine schreckliche Erfahrung."
Symbolfoto: Shutterstock 

Sex mit einem anderen Menschen als dem Ehepartner? Gerade im konservativeren christlichen Umfeld wird das nicht gerne gesehen, oder ist direkt verboten. Dabei bedeutet die religiöse Überzeugung nicht sofort, dass man hinter verschlossenen Schlafzimmertüren nicht auch mal über den Bettrahmen hinausblicken kann. Es gibt diverse Online-Foren, in denen sexuell neugierige Kirchgänger eine Community, Tipps und Unterstützung finden. Das gilt vor allen für die Christen, die gerne swingen und Partner tauschen.

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Mr und Mrs Jones (die Namen sollen ihre Privatsphäre schützen) sind zwei praktizierende Christen, sie leben in den USA, sind seit 33 Jahren verheiratet – und haben ab und an Sex mit anderen Pärchen. In ihrem Podcast We Gotta Thing erklären die beiden, wie man religiöse Überzeugung und das Verlangen nach sexueller Freiheit unter einen Hut bekommt. Genau das hat uns auch interessiert.


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VICE: Wie habt ihr euch kennengelernt?
Mrs Jones: Wir haben in verschiedenen Abteilungen einer Bank gearbeitet. Ich stand damals hinter dem Schalter. Eines Tages wurde die Bank ausgeraubt. Mr Jones war dann einer der Angestellten, die herausfinden sollten, wie viel Geld gestohlen wurde. Da sahen wir uns zum ersten Mal.

Wie seid ihr dann auf das Thema Swingen und Partnertausch gekommen?
Mrs Jones: Das war eher Zufall. Für unseren Urlaub hatten wir ein Resort in Mexiko gebucht, in dem Kleidung optional war. Wir wollten einfach eine gewisse sexuelle Atmosphäre. Als wir uns dann eingehender über das Hotel informierten, fanden wir heraus, dass dort alles sehr "lifestyle-freundlich" sei. In anderen Worten: Dort machten auf jeden Fall auch viele Swinger Urlaub.

Also mussten wir uns entscheiden: Suchen wir uns ein anderes Hotel oder lassen wir uns davon nicht stören? Weil das Resort explizit sagte, dass die Gäste keine Swinger sein müssten, beschlossen wir, uns das Ganze einfach mal anzuschauen. Während des Urlaubs lernten wir schließlich die interessantesten und unaufdringlichsten Menschen kennen. Niemand zwang sich uns auf und jeder war total offen. So begann unser Weg.

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War das Swingen für euch ein gemeinsames Interesse oder hat einer von euch den Stein ins Rollen gebracht?
Mrs Jones: Anfangs waren wir noch total dagegen. Aber dann befasste sich vor allem Mr Jones etwas mehr mit dem Thema und stieß auf einen Swinger-Podcast. Er wollte, dass ich auch mal reinhöre, und anfangs fühlte ich mich einfach gut unterhalten – viele "Was wäre, wenn …?"-Fragen. Aber dann merkten wir immer mehr, wie neugierig uns das alles machte. Unsere Fantasie wurde richtig angeregt.

Habt ihr euch vor Familie und Freunden als Swinger geoutet?
Mrs Jones: Wir wurden in unserer Gemeinde geoutet. Das war eine schreckliche Erfahrung. Das ist vor etwa einem Jahr passiert. Wir waren in unserer Kirche sehr aktiv und jemand hat es herausgefunden und ist damit zum Pastor gegangen. Der Pastor hat uns daraufhin zu einem Gespräch einberufen und wir wurden aus der Gemeinde geworfen. Die Menschen haben uns stark verurteilt. Niemand wollte uns zuhören. Ich denke, sie waren vor allem schockiert. Wir mussten es deswegen auch unseren engeren Freunden und unserer Familie sagen.

Mr Jones: Bei unserem Outing mussten wir uns entscheiden: Entweder nehmen wir unsere Seite vom Netz und machen weiter so, als wäre nichts passiert, oder wir stehen dazu. Das Swinger-Leben war uns so wichtig und die Freundschaften, die wir dadurch geschlossen hatten, waren so echt, dass wir uns entschlossen drin zu bleiben.

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Unsere engen Freunde und Familienmitglieder waren sehr verständnis- und respektvoll. Wir haben es auch unserer Tochter gesagt, und selbst das lief überraschend gut. Sie sieht, wie stark unsere Beziehung ist, und unterstützt uns dabei, wie wir unser Leben leben.

Wie habt ihr euren Glauben mit euren sexuellen Vorlieben in Einklang gebracht?
Mrs Jones: Als Individuum musst du im Reinen mit den Entscheidungen sein, die du im Laufe deines Lebens triffst. Ich denke, wir haben beide unseren Glauben mit unserem Lebensstil in Einklang gebracht. Wir haben durch den Vorfall mit unserer Gemeinde gelernt, dass es einen klaren Unterschied zwischen Religion und Glauben gibt. Religion ist die Kirche. Sie wird von Menschen geführt und kein Mensch ist frei von Fehlern. Menschen können urteilen, aber das sind nur sie – sie sind nicht Gott.

Mr Jones: Jeder, der unseren Podcast hört, weiß, dass wir Christen sind. Es haben sich schon acht oder zehn Pastoren und Geistliche mit ähnlichen Interessen bei uns gemeldet. Die haben uns in Glaubensfragen unterstützt. Einer von ihnen hat uns sogar dabei geholfen, Informationen darüber zusammenzustellen, wie sich der christliche Glauben mit Swingen verträgt. Wir wollen denjenigen eine Stimmen geben, die das Gefühl haben, sich nicht outen zu können. Wir wollen anderen Menschen helfen, die sich schwer damit tun, ihren Glauben mit ihren Vorlieben zu vereinbaren. Wir wollen ihnen zeigen, dass es Geistliche und professionelle Berater gibt, die sich für die gleiche Sache interessieren.

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Gibt es bestimmte Herausforderungen, denen man sich als swingendes Paar stellen muss?
Mrs Jones: Man sollte vermeiden, dass das Spiel mit anderen zum Kernpunkt der eigenen Beziehung wird. Was die Interaktion mit anderen Menschen angeht, liegt die größte Herausforderung meiner Meinung nach darin, die Menschen kennenzulernen und sicherzustellen, dass auch sie eine gefestigte Beziehung haben. Wir wollen nämlich kein Drama und wir wollen auch nichts tun, was der Beziehung von anderen schadet. Man muss vor dem Sex schauen, mit wem man es zu tun hat, damit es beim Spielen entspannt ist und Spaß macht.

Hat das Swingen euren Glauben gestärkt?
Mr Jones: Wir haben einen Glauben, der auf unserer Beziehung zu Jesus basiert. Abgesehen davon haben wir nicht viele Regeln. Ich sehe das gerne so: Wenn du in einer Kirche aufwächst, dann konstruiert jemand anderes deinen Glauben für dich. Dann kommt die Realität des Lebens und plötzlich ergibt irgendwas keinen Sinn mehr und du musst dir selbst erlauben, deinen Glauben umzubauen. Wir haben unseren Glauben auf der Basis dessen aufgebaut, was wir für die fundamentalen Aspekte des Christentums halten – und nicht auf dem, was uns die Kirche oder irgendein Buch befohlen haben.

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