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Organisierte Kriminalität

800 Beamte in 3 Bundesländern: Razzia bei Rockergruppe "Osmanen Germania"

"Es kam wiederholt zu schweren Körperverletzungs- und versuchten Tötungsdelikten", sagt das Innenministerium.
Foto Osmanen: imago | Hartenfelder, Foto Razzia: imago Becker&Bredel

Seit sechs Uhr früh läuft der Einsatz: Rund 800 Polizisten durchsuchen in drei Bundesländern insgesamt 41 Wohnungen und Vereinsräume der Rockergruppe "Osmanen Germania". Weil die Rocker als gefährlich gelten, setzt die Polizei dabei auch Spezialkräfte ein.

"Es besteht der dringende Verdacht, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins 'Osmanen Germania BC’ den Strafgesetzen zuwiderlaufen", erklärte das Bundesinnenministerium in einer Pressemitteilung. Der Zweck des Vereins läge "in der gewalttätigen Gebiets- und Machtentfaltung sowie in der Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden rockerähnlichen Gruppierungen", heißt es weiter. "In der Vergangenheit kam es wiederholt zu schweren Körperverletzungs- und versuchten Tötungsdelikten." Trotzdem dient die Razzia zunächst nur der Aufklärung – das Innenministerium ist noch nicht so weit gegangen, den Verein komplett zu verbieten.

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Die Durchsuchungen treffen vor allem die Osmanen in Nordrhein-Westfalen, wo Polizisten Räume in Essen, Duisburg, Köln, Bottrop, Gelsenkirchen, Bochum und Wuppertal durchsuchten. Dazu kamen mehrere Objekte in Hessen und Baden-Württemberg.

Mit der Razzia erhöhen die Behörden weiter den Druck auf einen Verein, der sich nach außen gerne als friedlich darstellt, dessen einziger Zweck es sei, Jugendliche von der Straße zu holen. "Wir sind ein Boxclub. Bei uns geht es um Sport, um nichts anderes", hatte der der damalige Präsident des Berliner Chapters und World Sergeant erzählt, als VICE 2016 das Berliner Clubhaus besuchte. Die Kutten trage man nur als Erkennungszeichen. "Wir sind keine Rocker, wir haben nichts damit zu tun."


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Nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Innenministeriums ist die Gruppe aber nicht nur in kriminelle Aktivitäten verstrickt, sondern vertritt türkisch-nationalistische und rechtsextremistische Positionen. Das Innenministerium glaubt, dass sich in ganz Deutschland rund 300 Mitglieder in 22 lokalen "Chaptern" organisiert haben. Ihre nationalistische Ausrichtung könnte damit zusammenhängen, dass die Osmanen offenbar von der türkischen Regierungspartei AKP unterstützt werden, die ihnen laut Medienberichten sogar Geld für Waffenkäufe zur Verfügung gestellt haben soll. In den letzten Jahren fielen die Osmanen immer wieder durch die brutalen Straßenkämpfe auf, die sie sich mit ihren Todfeinden lieferten – der kurdischen Gruppe "Bahoz" (Sturm).

Bahoz hat sich mittlerweile offenbar aufgelöst und auch die Osmanen geraten zunehmend unter Druck: Im Dezember erhob die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Anklage gegen acht mutmaßliche Mitglieder der Gruppierung wegen versuchten Mordes und versuchten Totschlags. Und Mitte Februar erschoss eine SEK-Einheit den Ex-Chef der Wuppertaler Osmanen bei der Stürmung seiner Wohnung.

Noch ist nicht bekannt, ob bei der Razzia am Dienstagmorgen Mitglieder der Osmanen verhaftet wurden. In der Pressemitteilung erklärte der geschäftsführende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) aber, Bund und Länder würden mit den Maßnahmen zeigen, "dass wir kriminelle Aktivitäten egal vor welchem gesellschaftlichen Hintergrund nicht dulden".

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