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Rechtsextremismus

Ein Berliner Anti-Terror-Ermittler steht unter Verdacht, rechtsextrem zu sein

In einer SMS soll der Staatsschützer seinen Vorgesetzten mit einem Code für "Heil Hitler" gegrüßt haben.
Rekonstruktion des Chat-Verlaufs

Man hätte wahrscheinlich verhindern können, dass der Tunesier Anis Amri am 19. Dezember 2016 mit einem LKW zwölf Menschen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt ermordete: Nach dem Anschlag kam heraus, dass vor allem der Staatsschutz im Berliner Landeskriminalamt (LKA) es mehrere Male vermasselt hat, Amri rechtzeitig festzunehmen.

Dazu kommt jetzt ein neuer Skandal: Einer der Ermittler, der in der Dienststelle arbeitete, die für Amris Überwachung zuständig war, steht jetzt unter Verdacht, ein Rechtsextremer zu sein.

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Nach Recherchen des rbb und des NDR soll der Polizeioberkommissar zwischen dem 31. Dezember 2016 und dem 20. Januar 2017 – also sehr kurz nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz – folgende SMS geschickt haben, und zwar neben anderen Empfängern auch an seinen Vorgesetzten:

- "So, Leute daß wars mal wieder. Kommt jut rinn, haltet euch von Merkel&Co und ihren scheiß gutmenschen fern. Ich erwarte euch im nächsten Jahr. Bis denne"

- "Haltet die Ohren steif und nennt mir einen Termin fürs Treffen."

- (Antwort: "Ja machen wir. Bleib stark!")

- "88"

Wobei die 88, und das weiß jeder, der beim Staatsschutz arbeitet, in rechtsextremen Kreisen für nichts anderes als "Heil Hitler" steht.

Die Berliner Staatsanwaltschaft entdeckte die SMS, als sie gegen den Vorgesetzten des Beamten ermittelte: Der Kriminalhauptkommissar war beschuldigt worden, einen Vermerk über Amris Tätigkeit als Drogendealer nach dem Anschlag in den Akten manipuliert zu haben, damit nicht ganz so deutlich wird, dass man eigentlich etwas gegen den Mann hätte unternehmen müssen. Die Ermittlungen wurden eingestellt, ohne dass der Verdacht ausgeräumt werden konnte. Doch nebenbei förderten sie den möglichen Hitlergruß des untergebenen Polizeioberkommissars zutage. Reagiert hat der Vorgesetzte darauf nicht, obwohl er dazu eigentlich verpflichtet gewesen wäre.

Die Polizei teilte auf Anfrage des rbb mit, dass gegen die beiden Beamten schon im Juni 2017 Disziplinarverfahren eingeleitet wurden. Für den Oberkommissar, der seinen Chef mit "88" gegrüßt hat, gab es daraufhin einen Verweis – "die schwächste Sanktion im Disziplinarrecht", wie der rbb bemerkt. Gegen den Chef selber laufe das Verfahren mit "umfangreichen Ermittlungen" noch weiter – die hätten aber nicht unbedingt etwas mit den SMS zu tun, wie die Polizei mitteilte.

Die Entscheidung, einem Staatsschützer, der rechtsextreme Codes verwendet, nur einen Verweis zu erteilen, löste bei mehreren Oppositionspolitikern Protest aus. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene Mihalic, nannte es "hochproblematisch", dass "Beamte mit einer offenbar rechtsextremen Einstellung" in einer Anti-Terror-Einheit arbeiteten. Auch Marcel Luthe, der innenpolitische Sprecher der Berliner FDP, findet den Verweis zu schlapp. Wer so etwas schreibe, der sei "weder für den Staatsschutz geeignet noch für die Berliner Polizei, weil er ganz offensichtlich weder die Treue zum Rechtsstaat noch zur freiheitlich demokratischen Grundordnung" habe, sagte er dem rbb.

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