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Militär

Die kollabierten Bundeswehr-Soldaten hatten Aufputschmittel genommen

Die Bundeswehr hat mittlerweile ein Drogenproblem, sagen Ausbilder.
Foto: imago | photothek

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Der Neonazi-Skandal ist noch gar nicht richtig überstanden, da hat die Bundeswehr schon das nächste Problem – diesmal allerdings mit Drogen. Der Rekrut, der bei einem relativ leichten Marsch im niedersächsischen Munster zusammengebrochen war und nach zehn Tagen im Krankenhaus gestorben ist, hat vorher womöglich Aufputschmittel genommen. Das berichtet die FAZ und bezieht sich dabei auf eine interne Untersuchung der Bundeswehr. Einer der Soldaten, der bei der Übung ebenfalls kollabiert war, hat ausgesagt, er habe vor dem Marsch gemeinsam mit einigen Kameraden Aufputschmittel genommen.

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Was für Aufputschmittel das waren, ist im Moment noch nicht bekannt. Bei ihren Recherchen fand die Zeitung aber heraus, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt: Die Bundeswehr hat offenbar ein Drogenproblem.


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Ein Ausbilder erklärte, in seiner Einheit versuche man schon seit über einem Jahr, den Missbrauch von Aufputschmitteln unter Kontrolle zu bekommen – seit ein paar Soldaten in Wasser aufgelöste Aufputschmittel getrunken hatten, müssen alle Rekruten ihre Feldflaschen zum Beispiel vor den Ausbildern mit Wasser oder Tee befüllen. Andere Ausbilder erzählten, dass sie eigentlich lieber nicht so genau wissen wollen, was ihre Schützlinge sich alles "einwerfen".

Falls der Obduktionsbericht ergeben sollte, dass der verstorbene Soldat vor dem Marsch ebenfalls Aufputschmittel genommen hatte, könnte das seinen Kollaps erklären. Schon legale Aufputschmittel wie Energy-Drinks können ziemlich gefährlich sein: Unter großen körperlichen Belastungen können sie sogar zum Herzstillstand führen.

Laut eines Bundeswehr-Arztes gibt es einen einfachen Grund, warum Aufputschmittel bei den Soldaten trotzdem so beliebt sind: Viele Rekruten sind einfach nicht mehr fit genug für den Militärdienst. "Um bei wichtigen Prüfungen fit zu sein, würde dann künstlich nachgeholfen", zitiert die FAZ den Arzt. Das Problem, dass die Rekruten im Durchschnitt immer schwächlicher werden, haben die Bundeswehr-Ärzte schon länger bemerkt. "Offensichtlich ist schon heute ein beträchtlicher Anteil der deutschen Rekruten elementaren militärischen Anforderungen nicht gewachsen", heißt es in einem 2013 in der Zeitschrift Wehrmedizin veröffentlichtem Artikel. "Es fällt uns immer schwerer, genügend Rekruten zu finden, die in der Lage sind, den Belastungen eines Einsatzes standzuhalten", erklärt auch der Chef einer Panzergrenadierkompanie in der FAZ.

Seit der Abschaffung der Wehrpflicht hat die Bundeswehr enorme Probleme, genug Personal zusammenzukriegen – weshalb die Anforderungen immer weiter gesenkt wurden. Der sogenannte Basis-Fitness-Test sei mittlerweile so leicht, dass er "selbst von übergewichtigen Mittfünfzigern zu schaffen" sei, klagt ein Ausbilder in der FAZ. Ein anderer erzählt, mittlerweile würden sogar Rekruten aufgenommen, die wegen eines Rückenschadens gar keine Rucksäcke tragen dürften.

Trotzdem hat die Truppe den sogenannten Personalsoll von 170.000 Zeit- und Berufssoldaten dieses Jahr nicht erfüllt: Es fehlten immer noch 1.500 neue Soldaten. Geschichten wie die aus Munster werden wohl nicht dabei helfen, die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver zu machen.

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