Die Zucchinis hätten uns beinahe den Ruf und den Umsatz versaut. Nachdem wir den ganzen Morgen Gemüse geerntet hatten, packten wir die Waren für die Kunden der kleinen Farm in Iowa ab.
„Du hast keine Ahnung, wie schwierig es ist”, sagte Bob schon fast ein bisschen wütend, „im Newsletter für Solidarische Landwirtschaft keine Scherze darüber zu machen, die Kisten der Kunden mit Zucchinis zu füllen.”
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Aber er hielt sich zurück. Man weiß ja nie, wer einem das übel nimmt.
In Iowa, wo die die Böden besonders fruchtbar sind, werden auf gigantischen Flächen homogener, genetisch modifizierter Mais und Sojabohnen angebaut, die zu Tierfutter, zu Maissirup und zu teilgehärtetem Sojabohnenöl weiterverarbeitet werden. Auf unserem kleinen, biologischen Grundstück inmitten der Maisfelder wurden unzählige verschiedene Gemüsesorten produziert und mindestens so viele Penis-Scherze gerissen.
Wir verbrachten den Tag damit, mit Gurken herumzuspielen. Karotten, wenn du es lieber spitziger magst, Radieschen für die Würze. Ja sogar Auberginen, wenn es dir mehr um den Umfang geht.
Wieso habt ihr so versaute Gedanken? fragst du dich vielleicht. Wahrscheinlich weil die Hälfte unserer Erzeugnisse wie ein Phallus aussieht und die andere Hälfte wie Eier. Die Sonnengold-Cherrytomaten sind die besten und beweisen, dass Größe nicht alles ist. Erbsen und Lauch schlagen die Brücke zwischen den verschiedenen Körperteilen und ihren Funktionen. Das gab mir sehr viel Stoff zum Nachdenken, während ich die rote Bete innig in der Hand hielt und ihr vorsichtig den Schlamm vom Leib rieb.
Vielleicht waren wir deshalb so fixiert darauf, weil die Pflanzen alle Sex haben, auf ihre eigene Art und Weise. Das Obst und das Gemüse sind die Sprösslinge. Stell dir mal eine Maisorgie vor. Der Maisstängel präsentiert der Welt sein männliches Ding in Quasten gehüllt, kerzengerade am oberen Ende der Pflanze. Die Quasten setzen Pollenkörner in die Luft frei, die mit ein bisschen Glück auf den seidigen weiblichen Teilen landen, die oben bei der Kornähre herausschauen. Dann bahnen sie sich den Weg nach innen und helfen dabei, ein Maiskorn zu gebären. Wie es auch bei uns der Fall ist, gibt es reproduktive Konkurrenz. Unser bescheidenes Maisfeld versuchte, vermutlich vergeblich, den Verwüstungen der genetisch modifizierten Pollen standzuhalten, die von benachbarten Äckern, die mit Monsantos Feinstem bebaut waren, den Weg zu unserem gefunden hatten.
Vielleicht ist es auch das umherstreifende Vieh, das die ganze Zeit kackt und pisst und rammelt, das für die perverse Atmosphäre sorgt. Die Tiere erinnern uns an die grundlegendsten Aufgaben unseres Lebens: konsumieren, eliminieren, reproduzieren. Sehen wir uns mal die Prioritäten der Kühe an: Sie verbringen den ganzen Tag damit, vergnügt die zartesten und leckersten Gräser und Kleeblätter zu suchen, ohne sich nur im geringsten für die Nachrichten oder Politik zu interessieren. Solange es einen Salzleckstein gibt und sie hin und wieder mal flachgelegt werden, hast du glückliche Kühe.
Wir mussten also dafür sorgen, dass sie diese Grundbedürfnisse auch befriedigen können—indem wir sie auf frische Weiden übersiedeln und ihren Wassertrog auffüllen, wenn sie ihn wieder mal umgestoßen haben. Wenn sie nichts mehr zu fressen haben, dann lassen sie es dich mit ihrem Blöken und Muhen wissen. Wenn das Tor zu einer neuen Weide aufgeht, drängen die Kälber als erstes hinein, tanzen und springen ein bisschen herum und klacken mir ihren Hufen. Das Fressen wird zu Kuhfladen und gesunder Stuhl ist eine durchaus berechtigte und ernsthafte Sorge eines Bauers—wenn auf einer Weide zu viel Alfafa wächst, wird ihr Hinterteil zu einer „Wasserspritzpistole”, um es zu umschreiben.
Die Arbeit auf dem Bauernhof bedeutet oft auch ein intimer Kontakt mit den Weichteilen der Tiere und mit deren Körperflüssigkeiten, wie beispielsweise an einem Ferkel-Kastrationstag. Ich habe mich noch nie mehr mit der Natur verbunden gefühlt, als in dem Moment, als ich auf meinen Rücken in den Schlamm und die Schweinekacke fiel, während ich versuchte, ein Ferkel einzufangen, das durch meine Beine hindurch geflüchtet war. Es wusste nicht genau, wovon es eigentlich wegrannte, aber es hatte wohl einen ziemlich guten Instinkt. Leider denken die Schweine im Hinblick auf ihre zukünftigen Fortpflanzungsambitionen mit ihrem Bauch, also brauchte es nur ein bisschen Mais, um das Ferkel wieder zurückzulocken.
Dann hatten wir noch Hühner, die buchstäblich überall dorthin scheißen, wo sie fressen. Es geht doch nichts über täglich die Hühnerkacke aus den Futter- und Wassertrögen rauszuputzen, während der Hahn wieder mal auf Aufreisstour ist. Essen, scheißen, bumsen.
Die Steinböcke geben sich gegenseitig Kopfnüsse, um auszutragen, wer die begehrten Damen beglücken darf und packen dabei ihre Ständer aus, die wie Lippenstifte aussehen. Manchmal, sagt man, bekommen sie sogar von einsamen Hirten auf der Suche nach Gesellschaft Konkurrenz. „Ich schwöre, ich habe dem Schaf nur über den Zaun geholfen.”
Spaß beiseite, einen Bauernhof zu betreiben ist ein wahnsinnig komplizierter Job. Unkraut, Schädlinge und Krankheiten müssen in Schach gehalten werden, jedes Gemüse hat seine speziellen Bedürfnisse was Wasser, Jäten, den Boden und die Reifezeit anbelangt. Wir müssen die Anbauzeiten so planen, dass wir immer eine bunte Vielfalt von Gemüsesorten für unsere Bioboxen haben. Ganz abgesehen davon, müssen wir das Vieh jeden oder jeden zweiten Tag auf eine neue Weide treiben. Da braucht es schon ein das gewisse Etwas, damit alles reibungslos abläuft.
Alles auf dem Bauernhof dreht sich um die grundlegendsten menschlichen Funktionen und psychologischen Bedürfnisse: Wir kriechen da draußen im Schlamm herum, bauen Essen an, um Menschen und Tiere zu füttern. Durch den Kot der Tiere wächst noch mehr Essen. Und ja, die Kühe, Schafe und Schweine sind auch zum Essen gedacht. In der Form einer Wurst, wenn wir Glück haben. Sind wir unreif oder sind all die prüden Leute so weit von den Wurzeln des Lebens entfernt, dass sie nicht mehr sehen, dass alles nur ein einziger, versauter Scherz ist? Was ist schon menschlicher als essen und ficken?