Nach dem Zerfall der Sowjetunion in den 90er Jahren fingen die Menschen in manchen Städten an, Lenin-Denkmäler abzureißen. Es sah danach aus, dass man sie in Kürze nirgends mehr sehen würde. Plötzlich schien etwas, das Millionen von Menschen immer begleitet hat, zu verschwinden. Und obwohl Lenin umstritten ist, bleibt er dennoch ein Teil einer großen und einmaligen Geschichte. Als ich realisiert habe, dass vielleicht demnächst Lenin von den Straßen verschwindet, wollte ich ihn festhalten, also fing ich an, Lenin-Denkmäler russlandweit und darüber hinaus zu fotografieren.
Die meisten Denkmäler blieben aber erhalten, manche haben lediglich ihren Standpunkt gewechselt und nur wenige sind verschwunden. Somit bekam ich die Möglichkeit, Lenin in einer großen Vielfalt abzubilden: mit gehobenem Arm, mit den Armen hinter dem Rücken oder in den Taschen versteckt, auch an den Kragen gegriffen. Manchmal hält er eine Zeitung oder seine Kappe, ab und an stützt er sich auf ein Podest. Leicht und warm angezogen sitzt, steht und schreitet er. Klein, naturgetreu, unauffällig und prunkvoll. Man trifft Lenin in Form von Büsten, als Halbkörper- und Ganzkörperdenkmal. Oft steht er allein, doch gelegentlich wird er von Rotarmisten, Kindern, Arbeitern, Bauern und auch von Maxim Gorki begleitet. Es gibt Lenin in Weiß, Schwarz, Gold, Rosa, Grau, Silber und Braun. Auch als Kind und als Jugendlicher. Manche seiner Denkmäler sind absurd: Sei es nur ein riesiger Kopf oder Lenin, der wie ein Roboter aussieht.
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In Ulan-Ude, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Burjatien, befindet sich der riesige Kopf. Er wird von Einheimischen salopp „Birne” genannt. Hier ist der Treffpunkt von sogenannten Gopniks, die man wegen der „Birne” als „die Birner” bezeichnet. Doch manchmal wird Lenin viel unauffälliger dargestellt, so wie in Werchnij Fiagdon in dem im Nordkaukasus gelegenen Nordossetien-Alanien. Auf einem Stein steht einfach „Lenin” mit weiße Farbe schief geschrieben, unten auf einem Metallschild befindet sich ein Vermerk: „Für Lenin von dem Bergvolk der Kuratinskij Schlucht. Aufgestellt am 21.01.1924″. Bis heute konnte ich etwa 400 Aufnahmen machen.
























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Tahsin Ceylan/Anadolu/Getty Images -
Urbazon/Getty Image -
Illustration by Reesa -
Screenshot: Peacock