Meine erste Begegnung mit LGBT-Mitgliedern indigener Stämme waren die Muxes in der Gegend um Oaxaca in Mexiko, wo ich herkomme. Sie sind eine homosexuelle Community, die eine übertriebene Form der Femininität angenommen hat, basierend auf einer immer währenden Suche nach Schönheit. Man könnte sagen, sie haben so eine Art „drittes Geschlecht” entwickelt. Ich habe sie mehrere Jahre lang fotografiert.
Dann habe ich mich an einem Fotografieprojekt im kolumbianischen Amazonasgebiet beteiligt, dem 20 Fotografos Amazonas. Ich wollte voll in den Dschungel eintauchen—in seine Farben, seine Mythen, seine Legenden. Dort entdeckte ich dann den Stamm der Ticuna, eine weitere homosexuelle Community, die starke Ähnlichkeiten mit den Muxes in Oaxaca aufweist. Ich war fasziniert davon, wie ähnlich ihre Hautfarben waren, wie sehr der Exzess beiden Gemeinschaften wichtig war, und vor allem, wie sehr beide Gruppen von ihrem Wunsch beeinflusst waren, Frauen zu sein oder wie Frauen auszusehen.
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Die Ticuna machen seit einiger Zeit lautstark Kampagne für ihr Recht, ihre Geschlechtsidentität auszuleben und von anderen unvoreingenommen gesehen und bewundert zu werden. Man sieht sie im Dschungel, wie sie durch den Fluss waten oder die Dorfstraßen entlangschlendern und dabei der Region mehr Farbe und Vielfalt verleihen.
Noch vor 15 Jahren wäre nichts von alldem im Amazonas-Dschungel passiert. Die Queer-Kultur hat dort erst kürzlich durch den Einfluss der Massenmedien Fuß gefasst. Ich wollte Porträts schießen, die die Energie einfangen, die ich dort vorgefunden habe: sinnlich, unangepasst und verspielt.