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Livestream-Folter von IS-Terroristen ist der theatralischste Hoax des Deepwebs

Am vergangenen Samstag hockten hunderte Internet-Voyeure gebannt vor ihren Computern, um zu debattieren, ob es nun endlich so weit wäre: Sie erwarten einen authentischen Livestream in Darknet, in dem angeblich gefangene IS-Mitglieder gefoltert und schließlich hingerichtet werden sollten.

Die Geschichte des sogenannten IS-Red Room klang mit jedem bekannten Detail unglaublicher: Irgendjemand hätte angeblich sieben IS-Terroristen gekidnappt und hielte sie nun an einem geheimen Ort gefangen. Am frühen Samstagmorgen sollten diese Terroristen nach einer öfentlichen Folter-Session dann vor den Augen geneigter Darknet-Nutzer getötet werden.

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Die ganze Sache war natürlich ein Fake—wie alle vergleichbar düsteren vermeintlichen Darknet-Livestreams der Vergangenheit. Zwei tatsächliche Tode bei einer Live-Übertragung haben sich viel unmittelbarer ereignet und völlig unerwartet in unser Gedächtnis gebrannt—als zwei US-Journalisten vor laufender Kamera erschossen wurden. Seit der Aktion am vergangenen Samstag diskutieren Redditor leidenschaftlich darüber, was oder wer genau hinter Aktion des IS-Red Rooms steckt.

Eileen Ormsby hat ihre Erfahrung mit dem Red Room aufgeschrieben und liefert auf All Things Vice eine gute Zusammenfassung der Ereignisse. Wie Ormsby in ihrem Post pointiert beobachtet, sehnen sich zahlreiche Deepweb-Surfer danach, immer noch tiefer ins Deepweb einzusteigen. Wo sind all die Hinrichtungen, Entführungsopfer und der Menschenhandel, der das Darknet doch angeblich so dunkel macht? Daher rührt auch das immense Interesse an den sogenannten Red Rooms, die angebliche Livestreams zu Mord und Folter bieten sollen—ganz im Stile von Saw oder Hostel.

Hier ein kleiner Ausschnitt des englischen Ankündigungstexts:

“We are happy to tell you that we have executed two prisoners. The reality is not very beautiful or on our side right now.

Expect fun games, mingle and torture as promised. All interactive. Still fully free. We will make at least the first hour family friendly, and explicitly warn you before things get violent.
Changed plans about their final destiny, whether they live or die at the end of the day.

We won’t stop under any circumstances, torture MUST become death.”

Kurz bevor die Hinrichtung dann stattfinden und gestreamt werden sollte, ging die Seite offline—nur um anschließend mit einem extrem verruckelten und nicht besonders authentisch wirkenden „Hinrichtungsvideo” wieder online zu gehen. Es gab keine Toten—die Sache sah endgültig nach einem auswändig inszenierten Hoax aus.

Stunden später erklärte die Seite dann, dass sie vom FBI beschlagnahmt und abgeschaltet worden sei—aber vielleicht ist selbst das nur ein weiterer Teil des Hoax. Motherboard hat das FBI, das Heimatschutzministerium der USA und Europol kontaktiert, doch bisher hat niemand die Vorgänge kommentiert.

Auf Reddit spekulieren manche, dass der Redroom womöglich nur ein FBI-Honeypot gewesen sei, mit dem die US-Behörde Leute schnappen wollte, die sich für Online-Hinrichtungen interessieren. War es schlicht ein Hoax? Betrug? Sollte Deepweb-Usern Malware untergejubelt werden? Vermutlich werden wir es nie herausfinden—Seiten wie diese tauchen so schnell auf, wie sie wieder verschwinden. Der ISIS-Redroom war bei weitem nicht der erste solche Fall und wird auch nicht der letzte bleiben.