Seit der 14-jährigen Müllerstochter Bernadette Soubirous in dem französischen Städtchen 1858 das erste Mal „eine weißgekleidete Dame” erschienen ist, die schnell als die Mutter Gottes identifiziert wurde, ist Lourdes zu einem der beliebtesten Wallfahrtsorte der Welt geworden. Um die fünf Millionen Menschen aus der ganzen Welt kommen jedes Jahr hierher, um an der Grotte zu beten—vor allem nehmen viele Kranke die Pilgerfahrt auf sich, um von den vermeintlichen Heilkräften des Wassers zu profitieren.
Für die Anwohner lohnt sich das natürlich auch: Fünf Millionen Menschen bedeuten natürlich auch fünf Millionen Kunden. Die Innenstadt von Lourdes wirkt deshalb manchmal wie ein katholischer Basar, auf dem Marienstatuen in allen Formen und Materialien zu haben sind—was wiederum dazu führt, dass jeder Fotograf, der sich was auf seinen „anderen Blick” einbildet, endlose Fotos von diesen Devotionalien-Kitsch-Bergen schießt, weil: Religion und Kommerz und so.
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Diese Fotos wird man in Stéphanie Bonns Lourdes-Serie vergeblich suchen. Inspiriert von Jessica Hausners Film Lourdes ist die Fotografie-Studentin insgesamt vier Mal in den Wallfahrtsort gereist. „Wenn man das erste Mal dort hinkommt, wird man überwältigt von dem Gefühl, am falschen Ort zu sein. Anfangs hat mich da nichts angezogen”, erklärt Stéphanie. Aber bei einer Nachtprozession, bei der 20.000 Menschen still betend durch die Stadt zogen, „konnte man plötzlich die Kraft der Gebete und Gedanken spüren”. Das Ergebnis bildete schließlich ihre Abschlussarbeit für die Ostkreuzschule, die dann auch in einer Ausstellung in Berlin gezeigt wurde.
„Ich bin nicht religiös. Ich glaube nicht an einen Gott, der über uns alle richtet,” schreibt die Fotografin. „Aber ich kann Gott als universelle Energie akzeptieren, die jeder nutzen kann.” Ob Stéphanie Bonn diese Energie in ihren Fotos eingefangen hat, oder ob es einfach verdammt gute Fotos sind, ist dann vielleicht auch gar nicht so wichtig.