Mein Laptop, ein MacBook Pro aus dem Jahr 2012, läuft eigentlich immer noch tipptopp. Das Gerät hat nur ein Problem: Der Akku ist hinüber. Deswegen habe ich gefühlt 80 Prozent des vergangenen Jahres damit verbracht, nach Steckdosen Ausschau zu halten, um ordentlich arbeiten zu können. Eigentlich ist mein Laptop ohne Strom aus der Wand nutzlos – und das widerspricht dem ganzen Konzept eines Laptops.
Ich habe keine Lust mehr darauf, die ganze Zeit ein Verlängerungskabel mit mir herumschleppen zu müssen. Ich will meinen kabellosen Computer zurück. Ein neuer Akku muss her.
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Da gibt es nur ein bekanntes Problem: Bei Hardware-Problemen stößt man beim Apple-Kundensupport schnell auf taube Ohren, wenn man sich bereits außerhalb des Garantiezeitraums befindet oder für die Reparatur nicht tief in die Tasche greifen will. Beides trifft auf mich zu (300 Euro für einen Akkuwechsel? Definitiv zu viel!). Dazu kommt, dass der Tech-Riese seine Produkte so baut und verschweißt, dass man sie als DIY-Bastler fast nicht aufbekommt. Außerdem ist Apple berüchtigt dafür, mehr oder weniger erfolgreich kleine Unternehmen vor Gericht zu bringen, die ohne Erlaubnis iPhones, iPads und MacBooks reparieren. Im Januar führte Apple-CEO Tim Cook den schwächelnden Umsatz übrigens darauf zurück, dass immer mehr Leute ihre Akkus austauschen lassen, anstatt direkt neue Geräte zu kaufen. Unterm Strich alles sehr nervig für Verbraucher.
Aber nicht nur für meine Nerven ist diese bewusst eingesetzte und alles andere als hilfreiche Strategie ein Graus, sondern auch für unseren Planeten: Laut Apple selbst hat mein MacBook um die 540 Kilogramm an Treibhausgasen verursacht – siebzig Prozent davon während der Herstellung. Im Durchschnitt sorgen die Deutschen pro Kopf jährlich für einen CO2-Ausstoß von elf Tonnen. Und wie jeder inzwischen bestimmt mitbekommen hat, müssen wir den globalen Temperaturanstieg in den kommenden zwölf Jahren auf zwei Grad über dem vorindustriellen Wert begrenzen, um eine absolute Katastrophe zu verhindern.
Dafür ist es allerdings nötig, die jährlichen Treibhausgase pro Person auf weniger als zwei Tonnen zu beschränken. Ein neuer Laptop würde also schon ein Viertel meiner demnach zulässigen Menge aufbrauchen. Und trotzdem macht Apple offen Stimmung gegen Bemühungen, Tech-Unternehmen dazu zu zwingen, den Konsumenten und Konsumentinnen mehr Informationen zur DIY-Reparatur an die Hand zu geben.
Zum Glück finde ich online direkt einige Unternehmen, die da Abhilfe schaffen und Reparatur-Kits mit einem neuen Akku und allen nötigen Werkzeugen verkaufen. Wie kompliziert das Ganze sein soll, wird mir da allerdings noch nicht klar. Einerseits heißt es auf der Homepage, dass man sich vor nichts zu fürchten habe, alle Werkzeuge seien enthalten. Andererseits wird der Schwierigkeitsgrad als “schwierig” angegeben. Irgendwie widersprüchlich. Ich bin mir aber sicher, dass es das gesparte Geld wert ist.
Als das Kit endlich vor mir auf dem Tisch liegt, setze ich mir die mitgelieferte Schutzbrille auf, streife mir die Latexhandschuhe über und mache mich an meinen Laptop. Wie aus der Anleitung hervorgeht, hat Apple den Akku so tief wie möglich im Computer platziert. Ich muss also zuerst die Lautsprecher, die Festplatte und viele weitere Bauteile ausbauen, bevor ich das Objekt meiner Begierde erreiche. Ach ja, alles genau wie vorher wieder zusammensetzen, das ist natürlich auch ein Muss.
Dafür liegen dem Kit diverse Schraubendreher, Zangen und andere Werkzeuge bei, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Ich beginne damit, mein MacBook aufzuschrauben. Was mir dabei als erstes auffällt: Das Innere meines PCs ist voller Staub und Sand. Fängt ja schon mal gut an.
Die Reparatur schreitet langsam voran. Die winzigen Schrauben muss ich genau markieren und sortieren, damit ich den Laptop später wieder richtig zusammenbaue. Eine fummelige, aber machbare Aufgabe. Ich gerate erst richtig ins Schwitzen, als ich eine acetonähnliche Flüssigkeit in das Innere meines MacBooks spritzen muss. Diese Flüssigkeit soll den Kleber auflösen, der Teile des Akkus fixiert.
Je mehr kleine Bauteile und winzige Kabel ich aus dem Laptop ziehe, desto öfter habe ich das Gefühl, hier alles komplett an die Wand zu fahren. Inzwischen gibt es allerdings kein Zurück mehr.
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Schließlich passiert das, wovor ich mich am meisten gefürchtet habe: Eine Schraube, die den Akku an Ort und Stelle hält, sitzt zu fest und lässt sich nicht rausdrehen. Bei meinen vergeblichen Versuchen bemerke ich, wie sich der Schraubenkopf immer weiter abnutzt. In diesem Moment fällt mir wieder ein, dass ich nie ein Backup gemacht habe.
Ich werde kreidebleich, auf meiner Stirn bilden sich Schweißperlen. Wenn ich weiter an der störrischen Schraube herumdrehe, riskiere ich, sie komplett zu ruinieren. Ich bin jetzt aber schon so weit gekommen, dass ich einfach weitermachen muss.
Ich beschließe, den Kunden-Support von Apple anzurufen und alles zu beichten: “Guten Tag, ich bin gerade dabei, den Akku meines MacBooks selbst auszutauschen, und brauche Hilfe.” Die junge Frau am anderen Ende der Leitung erklärt mir zögerlich, dass mir wegen des Alters meines Laptops eigentlich keine telefonische Hilfe mehr zustehe.
“Wir raten davon ab, so etwas selbst zu reparieren. Ich bin mir auch nicht sicher, woher du dieses Kit hast, von Apple oder …”, sagt sie.
“Nein, von einem anderen Unternehmen. Apple verkauft so etwas doch gar nicht, oder?”, frage ich zurück.
“Genau. Bei einem autorisierten Reseller oder Service-Shop können sie dir bei dem ganzen Prozess aber sicher weiterhelfen.”
“Genau das will ich aber vermeiden.”
“OK.”
Es folgt eine kurze Pause.
“Da sind bestimmt viele Schrauben auf dem Weg zum Akku”, fährt die Apple-Mitarbeiterin fort.
“Ja, mindestens 20.”
Als eine weitere Gesprächspause entsteht, bin ich mir ziemlich sicher, dass das Telefonat jetzt vorbei ist. Umso überraschter bin ich, als meine Gesprächspartnerin in einem freundlichen Ton weiterredet:
“An deiner Stelle würde ich entweder einen technisch versierten Kumpel fragen oder vielleicht zu einem unabhängigen Reparaturladen gehen.”
“Ich bekomme als Apple-Kunde also keinen technischen Support für meine Apple-Geräte?”
“Nein. Oder eigentlich schon. Natürlich bekommst du von uns technischen Support, bloß nicht für eigene Reparaturen, die eigentlich vom Fachpersonal durchgeführt werden sollten. Mit dem Akku deines MacBook Pros musst du wirklich vorsichtig umgehen, da sich das Ganze auf die Garantie auswirkt. Aber wenn der Laptop so alt ist … würde ich wahrscheinlich das Gleiche machen wie du. Warum auch nicht. Im besten Fall machst du einen alten Rechner wieder fit.”
“Genau.”
“Vielleicht findest du in Online-Foren noch ein paar Tipps? Dort wird einem normalerweise immer weitergeholfen.”
Die Apple-Mitarbeiterin wünscht mir noch viel Glück und bietet abschließend an, mir einige eventuell hilfreiche Artikel zuzumailen. Inspiriert durch die unerwartet positive Unterhaltung entscheide ich mich aber erstmal dazu, das Forum der Website zu konsultieren, auf der ich das Reparatur-Kit bestellt habe. Ein User empfiehlt bei meinem Problem mit der Schraube, ein Gummiband zwischen Schraubendreher und Schraubenkopf zu klemmen, um so einen besseren Grip zu erzeugen. Siehe da, es klappt!
Und so halte ich ihn endlich triumphierend in der Hand: meinen alten, kaputten Akku.
Mit neuem Selbstvertrauen setze ich zuerst den neuen Akku ein und baue mein MacBook anschließend wieder zusammen. Als ich endlich fertig bin, ist es bereits dunkel. Alles in allem hat die Reparatur um die acht Stunden gedauert. Als ich die An-/Aus-Taste drücke, schlägt mir mein Herz bis zum Hals.
Ich war noch nie so glücklich, das Apple-Logo aufleuchten zu sehen. Mein Laptop funktioniert endlich wieder ohne Netzteil und Steckdose. Mein brandneuer Akku hat mich vom Fluch des Verlängerungskabels befreit.
Solltest du deine kaputten Apple-Geräte in Zukunft also selbst reparieren? Wenn du noch Garantie hast, ist es den Aufwand kaum wert. Falls nicht, dann schon eher.
Einerseits lohnt es sich allein schon wegen des ökologischen Fußabdrucks. Wie oben bereits erwähnt, verursacht die Herstellung neuer Geräte sehr viel Treibhausgase. Allerdings macht Apple es einem nicht gerade einfach: Bei der fummeligen Reparatur meines MacBooks musste ich mich wirklich akribisch genau an die vorgegebenen Schritte halten. Und ich weiß nicht, ob ich vielleicht einfach nur Glück hatte, dass dabei keine wichtigen Bauteile beschädigt wurden. Apple will sich allerdings einen grüneren Ruf erarbeiten und sollte sich deshalb auf jeden Fall überlegen, diesen ganzen Reparaturprozess in Zukunft zu vereinfachen – vor allem der Umwelt zuliebe.
Ein paar Tage später bemerke ich übrigens, wie in meinem Laptop etwas klappert. Offenbar hält der neue Kleber doch nicht so gut wie anfangs gedacht. Ich rufe beim Hersteller des Reparatur-Kits an. Ein Mitarbeiter verspricht, mir neuen Kleber zuzuschicken. Ein lockerer Akku stelle laut ihm zwar kein Risiko dar, aber ich solle die ganze Reparatur zur Sicherheit nochmal durchführen und das Bauteil dieses Mal richtig fixieren.
Wovon träumen die eigentlich nachts?
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