Männer, bitte hört mit eurem nutzlosen Gefingere auf

Als ich kürzlich mit einer Freundin auf einer Hochzeit war, erspähte sie ziemlich schnell einen attraktiven Mann. Sie war fest entschlossen ihn klarzumachen, und nach ein paar Gläsern Wein und etwas Small Talk machten die beiden schließlich miteinander rum. “Er hat mir einen Finger reingesteckt”, erzählte sie mir später. “Einen einzelnen Finger! Ich habe es kaum gespürt.” Die Rummach-Session war relativ schnell beendet. Zu allem Überfluss folgte er ihr danach nicht einmal auf Instagram zurück.

Verstehen wir uns nicht falsch: Fingern kann phänomenal sein, wenn es ein ordentliches Gleichgewicht aus Penetration und klitoraler Stimulation gibt. “Sie ergänzen einander. Nur Clit ohne Penetration wird irgendwann langweilig und irgendwie fehlt was, aber nur Penetration und keine Clit ist auch einfach total daneben”, erzählte mir eine lesbische Frau, die das Glück hat, mit Frauen zumindest Geschlechtspartnerinenn zu haben, die wissen, was sich da unten wie anfühlt.

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Gleichzeitig müssen wir an dieser Stelle auch einfach mal ehrlich sein: Vielleicht erlebt das jede Frau anders, aber für mich ist ein einzelner Finger in der Vagina einfach nicht erregend. Und damit bin ich nicht allein. Ohne Stimulation der Klitoris oder den Einsatz mehrerer Finger ist Fingern eine Verschwendung, war der Konsens unter den Vagina-Inhaberinnen, mit denen ich für diesen Artikel gesprochen habe.

“Fingern wird mich nie zum Orgasmus bringen, und auch ansonsten spüre ich dabei nicht wirklich viel”, ergänzt meine Freundin von der Hochzeit. “Etwas mit mehr Umfang, ein Penis zum Beispiel, fühlt sich super an, wenn auch die Klitoris stimuliert wird. Aber ein einzelner Finger in der Vagina? Das ist fast wie ein Finger in der Nase, nur hat man da vermutlich sogar mehr Nervenenden.”

(Bei ihrer Beschreibung muss ich an “Soaking” denken, eine angebliche Sex-Praktik bei Mormonen, die ihre Jungfräulichkeit erhalten wollen. Ich bin seit Jahren von dieser Vorstellung besessen: Der junge Mann soll seinen Penis in die junge Frau einführen und ihn dann einfach dort lassen, ohne Reibung. Beide liegen also regungslos da, und das ist dann wohl zumindest psychisch irgendwie aufregend.)


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Eine andere Gesprächspartnerin sieht Fingern ohne Klitoris-Stimulation auch als eher nutzlose Praktik, wenn man bereits sexerfahren ist. “Ich liebe äußere Stimulation mit den Fingern, aber wenn man schon mal Sex hatte, verstehe ich nicht ganz, was Fingern bringen soll”, sagt sie. “Wenn ich schon so weit bin, dann hätte ich doch lieber gleich einen Penis. Für Teenager ist das wahrscheinlich noch etwas anderes.”

Für die Frauenpärchen, mit denen ich spreche, scheint Fingern eine hohe Kunst zu sein, die die Partnerinnen mit dem Mund oder einem Spielzeug ergänzen. Vielleicht sind Lesben einfach damit gesegnet, dass sie sich penisfreien Sex sehr gut vorstellen und ihn auch genießen können. Hetero- oder bisexuelle Männer scheinen ihre Finger jedoch oft als deutlich kleineren Schwanz-Ersatz einzusetzen.

Was also macht gelungenes Fingern aus? Ich habe Sextherapeutinnen und Freundinnen befragt – und einen Haufen Typen, bei denen mir die Ausrede ganz recht war, um sie mit einem “Heyy” anzuschreiben. Außerdem habe ich unter anderem ein vibrierendes Gerät getestet, das man sich an die Finger steckt. Folgende Tipps sind dabei herausgekommen:

Wehe, du vergisst die Klitoris

Wenn du glaubst, Fingern bedeute lediglich, dass du einen Finger reinschiebst und wieder rausziehst, sollte man dir unbedingt die Fingererlaubnis entziehen. Das richtige Gleichgewicht zwischen Finger reinstecken und klitoraler Stimulation ist gefragt. Viel zu oft vergisst der Besitzer der Hand die Klitoris und versucht mit seinem Finger einfach die Bewegungen zu imitieren, die ein Penis machen würde. Das wichtigste Lustzentrum sitzt daneben und sieht zu.

“Es ist echt schlimm, wie viele Männer glauben, dass der Sinn des Fingerns darin besteht, dass sie einem einfach die Finger reinstecken”, sagt mir eine Frau. “Fingern hat so viel Potential, wird aber wahrscheinlich nie gut sein, weil Männer so furchtbar schlecht darin sind.”

Die Autorin dieses Artikels | Foto: Maria Yagoda

Stimuliere also die Klitoris, sei dabei aber sanft. “Bei der ersten Berührung solltet ihr vermeiden, die Klitoris direkt anzufassen. Das kann total unangenehm sein”, sagt Alexandra Fine, Gründerin und CEO der Sextoy-Firma Dame Products. “Vergewissere dich erst, dass deine Partnerin wirklich bereit dafür ist.” Fine empfiehlt, “eine erotische Geisteshaltung” einzunehmen, bevor es überhaupt ans Fingern geht. “Fangt damit an, dass ihr ein bisschen triezt und Spannung aufbaut. Berührt eure Partnerin durch die Unterwäsche, bis ihre Bewegungen deutlich zeigen, dass sie mehr will.”

Einer meiner männlichen Gesprächspartner ist ein heterosexueller Typ, der von sich selbst behauptet, dass er bei einer Yelp-Rezension für seine Sex-Performance “4,2 Sterne” bekommen würde. Er ist überzeugt, dass Musiker, vor allem Drummer und Bassisten, das mit dem Fingern am allerbesten können. “Wenn du einen suchst, der die besten Finger-Skills hast, dann solltest du wissen, dass Drummer gegenläufige motorische Bewegungen beherrschen und Bassisten den Rhythmus in den zwei stärksten Fingern haben.” Wer dazu Erfahrungswerte hat: Bitte melde dich.

Mach deine Hand zum Cyborg

Bei einer Sex Expo in Brooklyn habe ich vor Kurzem ein Produkt namens Fin gefunden. Das vibrierende, an einen Ring erinnernde Toy wird von Alexandra Fines Sextoy-Firma Dame Products hergestellt und am Finger getragen. Dadurch soll es auch dem Drang vieler Personen entgegenwirken, den Finger einfach willkürlich in die Vagina einzuführen.

“Partner und Partnerinnen wollen beim Einsatz eines Toys auch etwas zu tun haben, und Frauen finden es oft gut, das Toy selbst in verschiedene Positionen zu bringen”, sagt Fine. Der Finger-Vibrator soll wie eine Erweiterung der Hand funktionieren – und nach einer kleinen Testrunde meinerseits musste ich feststellen: Es fühlt sich wirklich gut an. Fingern muss also nicht zwingend bedeuten, dass parallel keine weiteren Spielzeuge verwendet werden können. Das nächste Mal, wenn mich ein Mann anfassen will, werde ich von ihm verlangen, dass er so ein Teil trägt.

Wärmt eure Finger, um Himmels willen

Wenn wir jemanden berühren, wollen wir im Idealfall natürlich nicht, dass die Person geschockt zusammenzuckt. Und sei es nur, weil unsere Hände sich so eiskalt anfühlen. “Deine Finger sollten Zimmertemperatur haben oder sogar ein wenig wärmer sein, außer deine Partnerin genießt besonders kalte Berührungen”, sagt Fine. “So kann sich deine Partnerin besser entspannen.” Dass eure Fingernägel auch nicht zu lang sein sollten, versteht sich natürlich von selbst. Ihr wollt die Frau ja nicht von innen heraus aufschlitzen.

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Bitte, bitte nehmt Gleitmittel

Mehr Feuchtigkeit ist eine der effektivsten und einfachsten Methoden, um Masturbation und Sex jeglicher Art besser zu machen. Und jeder, der wütend auf diesen Artikel geklickt hat, weil er sich von der Headline beleidigt gefühlt hat: Ihr solltet gleich zehnmal so viel Gleitmittel nehmen, wie ihr es bisher getan habt. Offensichtlich habt ihr viel gutzumachen und ganz tief in euch drin wisst ihr das auch.

Ein Mann, mit dem ich für den Artikel gesprochen habe, erzählte mir übrigens, dass er das Fingern immer in Oralsex einbaut. Ich möchte in einer Welt leben, in der das die Norm ist.

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