Wo Feyenoord Rotterdam ist, da ist auch der Fanclub FRFC1908. Die Gruppe organisiert Choreos, malt gigantische Banner und nimmt kein Blatt vor den Mund. Letzteres bedeutet auch, dass sie sich mit Entscheidungen des Rotterdamer Bürgermeister oder dem Feyenoord-Vorstand nicht einfach so abfinden. Bei einer Demo von FRFC1908 im Februar gegen den Klubdirektor von Feyenoord wurden willkürlich 326 Fans verhaftet.
VICE Sports sprach mit Alwin vom FRFC1908 über Demos gegen die Klubleitung, warum sie nicht unbedingt gegen den modernen Fußball sind und über eine vom Verein vernichtete Choreo wegen einer Deutschland-Flagge.
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VICE Sports: Hi, Alwin. Wie gut ist der FRFC1908 organisiert?
Alwin: Denk bloß nicht, dass wir professionell sind. Meistens fangen wir viel zu spät an und haben keine Ahnung, was wir machen. Aber wir haben zum Glück viele Besessene, die rund um die Uhr für Feyenoord da sind. Es gibt zwei WhatsApp-Gruppen und jemanden, der Freiwillige rekrutiert.
Wie finanziert ihr eure Aktionen?
Es gibt viele Fans, die auf Social Media groß tönen und gern Fotos von den Riesenbannern teilen. Aber einem Fanclub beizutreten, halten sie trotzdem für unnötig. Dabei sind wir nur gemeinsam stark. Bei den Feyenoordern fließen fast alle Mitgliedsbeiträge in die Choreos. Es gibt Leute, die extra wegen der Choreos beitreten. Ohne die Mitglieder hätten wir kein Geld. Für mich sind die Mitglieder hier die eigentlichen Helden. Wir malen vielleicht Banner, aber sie machen es möglich.
Habt ihr bei all der Arbeit überhaupt noch ein Privatleben?
Haha, nein. Ich habe auch keine Freundin. So viel meiner Zeit geht für Feyenoord drauf, dass ich wenn schon eine echt sportliche und Feyenoord-verrückte Freundin finden müsste. Ich muss ja selbst schon über mich den Kopf schütteln. Ich glaube nicht, dass viele Frauen das mitmachen.
Beim Pokalspiel gegen AZ Alkmaar ist eure Choreo aber ein bisschen daneben gegangen, oder?
Genau. Wir hatten ein witziges Banner hinter dem eigentlichen Banner befestigt. Auf dem vorderen stand „Feyenoord Cupfighters”, auf dem dahinter „Bei diesem Klub sind nur positive Gedanken erlaubt, also freuen wir uns, wenn die ganze Klubleitung geht”. Als die Stewards des Klubs das versteckte Banner gefunden haben, haben sie beide zerrissen.
Warum das versteckte Banner?
Die Klubführung machen Feyenoord-Choreos mit ihrer Einstellung fast unmöglich. Ständig wird mehr verboten und alles wird strenger. Feyenoord ist der einzige Klub in den Niederlanden, der vor Spielen die Gegner bittet, seine Banner und Choreos zu genehmigen. Zum Beispiel ist eine Choreo beim FC Twente nicht durchgekommen, wo wir Enschede auf einer Landkarte nach Deutschland verlegt haben. Wir hatten auch mal ein Banner gegen den FC Twente mit einem Schaukelpferd mit der Deutschlandflagge drauf. Ging alles nicht.
Das klingt nicht so wirklich nach Spaß.
Nein. Es hält Fans davon ab, eigene Banner und Spruchbänder zu machen—am Ende kommen sie vielleicht nicht durch. Dabei macht Kreativität am Spielfeldrand den Fußball erst besonders. Papier wollen sie jetzt auch größtenteils verbieten, weil Stücke davon auf dem Feld landen können. Das war’s dann für Konfetti, Schnipsel und Papierrollen.
Auf den Saisonpässen war dieses Jahr ein Foto von eurer Choreo gegen Ajax beim Pokalspiel.
Ja, da ist das riesige Banner des Rotterdamer Stadtwappens. War natürlich Hammer, aber die Klubleitung sah das anders.
Die Klubleitung hat also dagegengehalten?
Ich denke, die Leitung will mit uns nichts zu tun haben. Manchmal fragen wir uns, warum sie uns Fans so hassen, aber dann denken wir: Das sind keine Feyenoorder. In ein paar Jahren sind die weg, aber wir sind dann immer noch hier.
Ihr wart auch an der Demo beteiligt, bei der Anfang diesen Jahres 326 Fans festgenommen wurden. Was genau war da los?
Das war eigentlich ein spielerischer Protest gegen die Klubleitung. Wir hatten alles klar und deutlich mit der Polizei abgesprochen. Der Bürgermeister Ahmed Aboutaleb hat dann einfach beschlossen, eine große Gruppe von Menschen festnehmen zu lassen, die einfach nur friedlich demonstriert hat. Die haben mit einer Gewaltorgie gerechnet, aber nichts ist passiert. Nur im Stadion gab es einen Vorfall, der nichts mit unserer Demo zu tun hatte. Trotzdem haben sie danach alle wegen Verstoß gegen das Versammlungsverbot angezeigt.
An welchem Punkt ging es schief?
Von unserer Seite ist eigentlich nichts schiefgegangen. Wir haben uns an alle Regeln gehalten. Solche Sachen sorgen dafür, dass Fans wenig Vertrauen in die Obrigkeiten und die Polizei haben. Unser Vertrauen wird ständig missbraucht. Man kriegt immer wieder mit, wie Bürgermeister im Hinblick auf Fußball Gesetze übertreten. Aber sie kommen jedes Mal wieder ungestraft davon.
Feyenoord hat letzte Saison auch für die aufblasbaren Bananen Bußgeld zahlen müssen, die Fans bei der Europa League hochgehalten haben. Was haltet ihr davon?
Aufblasbare Bananen haben nichts mit Rassismus zu tun. Es waren auch nicht nur Bananen, sondern andere aufblasbare Sachen. Solche Aktionen gibt es in ganz Europa. Aber aktuell geht es nur um Sensation. Genauso, als wir gegen den AS Rom gespielt haben. In den Medien hieß es, Feyenoord hätte zwei Millionen Euro Schaden in Rom angerichtet. Es gab sogar eine Parlamentsbesprechung und eine Sondersendung. Später stellte sich heraus, das nur wenig zerstört und kein Italiener angegriffen worden war.
Was haltet ihr als Fanclub vom heutigen Fußball?
Wir sind nicht unbedingt gegen den modernen Fußball. Fußball entwickelt sich nicht anders als der Rest der Welt. Wir sind jedoch hauptsächlich gegen die schamlose Selbstbereicherung, die es im Fußball gibt. Kombiniert mit dem Mangel an Kreativität und den Verfall der Klubkultur—das finden wir schade.
Was merkt ihr davon bei Feyenoord?
Einer der Feyenoord-Manager sagte immer zu uns: „Wir müssen weg von diesem ‚Hand in Hand’-Kameradschaftsfeeling”. Fußball kann modern sein, aber diese Vollpfosten verstehen nicht, wie Fußballfans denken. Heutzutage wird der Fußball von Menschen kontrolliert, die kein Vereinsgefühl haben. Die meisten wollen einfach nur ihre Taschen füllen.