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Bikergangs

Hells Angels und Bandidos beschweren sich, dass sie nicht mehr einfach so in die Sauna gehen können

Deshalb kämpfen sie jetzt gemeinsam gegen den Staat.
Foto: imago | Blickwinkel

Bikerclubs wie die Hells Angels und die Bandidos sind nicht unbedingt dafür bekannt, dass sie sich gegenseitig mit selbstgeknüpften Freundschaftsbändchen beschenken oder zum gemeinsamen Motorradwaschen treffen. Jetzt haben sie sich aber doch zusammengerauft: Weil sich die Mitglieder der Motorradclubs von einer Gesetzesänderung diskriminiert fühlen, wollen sie höchstoffiziell und gemeinsam gegen die Regierung kämpfen. Ihre Methode entspricht dabei ganz und gar nicht dem Klischee aggressiver Rockerbanden.

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Teile der Bandidos, Hells Angels und des Gremium MC wehren sich mit Verfassungsbeschwerden gegen eine Änderung des Vereinsgesetzes. Die Bandidos und die Hells Angels wollen jeweils am Montag Klage vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Der Gremium MC hatte sich laut eigener Aussage bereits im vergangenen September beschwert.

Es geht dabei um einen einzigen Absatz, den der Bundestag zu Beginn des vergangenen Jahres geändert hatte: Damit ist seitdem illegal, Embleme oder Zeichen eines Clubs in der Öffentlichkeit zu tragen, wenn ein anderer Teil der Organisation gerichtlich verboten wurde. Allein bei den Hells Angels sind 13 der 67 deutschen Charter, also der regionalen Gruppen, verboten – unter anderem wegen Zwangsprostitution und Drogenhandel. Trägt jemand nun trotzdem öffentlich den Schriftzug, den geflügelten Totenkopf oder ein anderes Symbol der Hells Angels, droht bis zu ein Jahr Gefängnis.


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In einer gemeinsamen Pressemitteilung erklären die drei Motorradclubs, der Beschluss richte sich vor allem gegen sie und sei verfassungswidrig. Darin bezeichnen sie die Gesetzesänderung als "ein populistisches Manöver, um von den echten Problemen bei der inneren Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung abzulenken."

Die Rocker können nicht mehr einfach so ins Schwimmbad oder in die Sauna gehen

Der Jurist Sönke Gerhold vertritt die Stuttgarter Hells Angels vor Gericht, wenn sie am Montag ihre Beschwerde einreichen. In einem Interview mit dem Juraportal Legal Tribune Online erklärt Gerhold, wie tief das Verbot in den Alltag der Rocker eingreift: "Tätowierte Mitglieder können nicht mehr ins Schwimmbad oder in die Sauna gehen, ohne dass sie ihre Tätowierung abkleben müssen", so der Jurist, "und das, obwohl die Tätowierungen zu einer Zeit entstanden sind, in der die Kennzeichen erlaubt waren." Die Mitglieder müssten außerdem ihre Motorräder umlackieren, dürften Gürtel, Uhren, T-Shirts und Kutten nicht mehr tragen.

Nur weil Mitglieder eines Vereins in einem Bundesland strafrechtlich in Erscheinung treten, könne man aber nicht davon ausgehen, dass alle so denken, so Gerhold weiter: "Ich habe die Führungszeugnisse der Stuttgarter Mitglieder eingesehen und viele weitere Einblicke erhalten und da muss man sagen, das Stuttgarter Charter ist definitiv keine kriminelle Vereinigung."

Ob die Rocker mit ihrer Verfassungsbeschwerde erfolgreich sind, ist derzeit nicht abzusehen. Etwas Positives hätte die Sache am Ende aber vielleicht so oder so. Wenn die Bikergruppen durch den Protest näher zusammenrücken, können sie in Zukunft gemeinsame Erkennungszeichen tragen: Freundschaftsbändchen zum Beispiel.

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