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Warum du die wichtigste Film-Bewertungsseite jahrelang falsch benutzt hast

Wir zeigen euch, wonach ihr auf Rotten Tomatoes wirklich suchen müsst.
"Spider-Man: Homecoming" schafft auf dem Tomatometer die 92% - was das aber eigentlich bedeutet, wissen die wenigsten. Screenshot: rottentomatoes.com

Selten war es schwieriger, für den gemütlichen Fernsehabend einen guten Film oder Serie auszuwählen, als im Zeitalter der Streaming-Plattformen. Die Chancen auf einen Fehlgriff sind erschreckend hoch: Allein Netflix bietet in Deutschland aktuell 2117 Filme und 696 Serien an, noch größer ist das Angebot bei der Konkurrenz von Amazon Prime Video – und dann gibt es da natürlich noch die wöchentlichen Kino-Neuheiten.

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Die Suche nach der nächsten Lieblingsserie oder dem nächsten Film-Geheimtipp, den ihr auch noch in vier Jahren euren Freunden begeistert empfehlt, kann bei dieser reichhaltigen Auswahl schnell zur frustrierenden "Try & Error"-Zeitverschwendung werden.

Seit 1998 können sich die Opfer dieser Zwickmühle auf Hilfe durch die Filmdatenbank Rotten Tomatoes verlassen. Sie wacht wie ein Leuchtturm über das unüberschaubare Meer aus Medienangeboten. Nicht zuletzt wegen ihres für Internet-Maßstäbe hohen Alters und der außerordentlich großen Datenbank hat sich die Website zum Favoriten vieler Filmkenner gemausert: Jeden Monat stöbern weltweit rund 26 Millionen hier nach neuen Empfehlungen.

Dazu kommt das Versprechen der Betreiber, ausschließlich die Wertungen von Kritikern mit hoher Reputation zusammenzufassen, die sich zuvor einem Verifizierungsprozess unterzogen haben. Damit will Rotten Tomatoes sicherstellen, dass die Filmempfehlung an euch von den Besten der Besten kommt – nur blöd, dass einige von euch die Seite bisher womöglich völlig falsch benutzt haben.

Glaubt nicht der Tomate!

Wie zahllose andere vergleichbare Seiten sammelt auch Rotten Tomatoes Film- und TV-Kritiken, um anschließend daraus eine Durchschnittswertung zu erstellen. Das besondere an dieser Website ist allerdings der berüchtigte Tomatometer: eine Prozentwertung, die je nach Höhe eine saftig rote oder eine verdorbene Tomate zeigt. Wegen des auffälligen Bildchens und der prominenten Platzierung auf der Website wird dieser Tomatometer von den meisten Lesern herangezogen, um sich über die Qualität eines Filmes oder eine Serie zu informieren.

Nehmen wir beispielsweise einmal an, dass du dich nicht entscheiden kannst, ob du deinen Abend mit dem Weltkriegsdrama Dunkirk oder doch eher den seichten Gags von Spider-Man: Homecoming verbringen möchtest. Der Vergleich des Tomatometers löst diese knifflige Entscheidung nun mit einer guten Nachricht auf: Beide Filme spielen offenbar in der gleichen Qualitätsliga.

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Während der zweite Reboot des Spinnenmanns auf stolze 92% klettert, beißt sich Dunkirk mit 93% sogar noch ein paar Zentimeter weiter vorne auf dem Tomatometer fest. Beide Filme scheinen also absolute Spitzenklasse zu sein. Wir dürfen also – egal für welchen der beiden Titel wir uns entscheiden – mit höchster Unterhaltungsqualität rechnen. Oder?

Unter dem Tomatometer versteckt sich die wirklich wichtige Zahl

Leider nein, denn der Prozentsatz des Tomatometers vermittelt einen falschen Eindruck der bewerteten Filme. Das liegt an der Art und Weise, wie dieser Prozentsatz berechnet wird: Jeder, der eine Kritik auf Rotten Tomatoe einreicht, muss angeben, ob seine Wertung insgesamt eher negativ oder eher positiv ausfällt. Das Tomatometer nutzt anschließend ausschließlich diese Daten, um anzugeben, wie viel Prozent aller abgegebenen Kritiken vom jeweiligen Autor als positiv eingestuft wurden.

Die fatale Konsequenz dieser Praxis liegt auf der Hand: Durch die Zweiteilung in "gut" und "schlecht" gehen die Nuancen der Kritiken und ihrer Bewertungen verloren – für dieses System ist eine 9/10 nun genauso positiv wie eine 5/10. Das Tomatometer wird wegen dieses Systems von vielen Nutzern, Kinogängern und sogar Regisseuren kritisiert, doch solange bis die Website die überfällige Änderung an dem System vornimmt, solltet ihr lieber einen anderen Wert ins Auge fassen: Die Durchschnittsbewertung.

Deutlich kleiner und ohne farbenfrohes Bildchen versteckt sich diese Angabe unter dem Tomatometer und zeigt an, wie die Kritiker eines Films im Durchschnitt auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet haben. Mit Hilfe dieser Wertung fällt die Wahl zwischen Dunkirk und Spiderman auch gleich deutlich einfacher: Während der Weltkriegsfilm durchschnittlich 8.7 Punkte schafft, steckt Spiderman: Homecoming bei einer 7.6 fest.

Film- und Serienfans, die ihr Freitzeitprogramm von Bewertungsskalas abhängig machen, sollten auf Rotten Tomatoes in Zukunft also lieber einen Blick auf die Durchschnittswertungen werfen – oder lieber gleich im Tomatometer-freien Freundeskreis nach Empfehlungen fragen.