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Groundhopping extrem

Diese Jungs hatten die genialste Idee für bundesligafreie Zeit

160 Kilometer, 26 Stadien, zwölf Städte. Ein Wanderrückblick von zwei Dortmundern und einem Schalker – die am Ende beim VfL Bochum übernachten durften.
Station Uerdingen | Foto: privat

Samstag, 15.30 Uhr, keine Bundesliga. Ob Sommerpause oder Länderspieltristesse – ein Wochenende ohne Bundesliga lässt sich gar nicht so leicht auskosten. Es fehlt etwas. Das dachten sich auch drei fußballverrückte Jungs aus Osnabrück in den Sommerferien. Ein Rückblick. Mit Wandern auf dem Jakobsweg und Übernachten in südfranzösischen Jugendherbergen inmitten frivoler Religionswissenschaftsstudenten beeindruckt man heutzutage niemanden mehr. Außer vielleicht ZDF-Fernsehgarten-Fangirls in der Alterskohorte 40 bis 60. Die neue Traumroute verläuft entlang von Rhein und Ruhr.

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Zumindest wenn es nach Pascal, Rico und Hendrik geht. Die Fußball-Groundhopper aus der Nähe von Osnabrück verbrachten ihren Sommerurlaub damit 160 Kilometer von Köln nach Dortmund zu wandern. Sie durchschritten den malerischen Beton von Leverkusen oder Herne, und besichtigten so viele Fußballstadien von großen und kleinen Vereinen wie möglich. In neun Tagen waren es schließlich 26 in zwölf Städten.

Während ihrer Tour posierten die Drei fürs Fernsehen mit einem Elefanten in Krefeld oder ließen sich in Bochum beim Duschen in Spielerkabinen erwischen. Vice Sports traf sie am Ende ihres Trips – abgekämpft, mit dicken Trekkingrucksäcken auf den Schultern und ebenso dicken Blasen an den Füßen – zum Gespräch auf einer Bezirkssportanlage.

Foto: privat

VICE Sports: Jungs, ihr seht aus, als ob wir uns am besten in den Schatten setzen sollten.
Hendrik (zieht die Schuhe aus): Gerne. Und die Füße lüften. Wie du siehst, bringen Blasenpflaster gar nicht mal so viel.

Du hast aber auch keine Wanderstiefel an.
Hatte ich bisher. Nur heute habe ich diese leichten Schuhe an. Das Ergebnis ist aber dasselbe.

War alles so anstrengend?
Pascal: Eigentlich nicht, aber wir sind zum ersten Mal gewandert. Vor allem der erste Tag von Köln nach Leverkusen war hart. Deshalb gucken wir auf unserem Foto vor der BayArena auch so grimmig. Hat nichts mit dem Ort zu tun.

Station Leverkusen | Foto: privat

Rico: Dafür war die Strecke in den ersten Tagen aber sehr schön. Oft konnten wir am Rhein entlang laufen, danach gab es mehr Betonwüste.

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Wie hattet ihr denn die Strecke geplant? Und warum von Köln nach Dortmund? Und warum überhaupt Wandern?
Pascal: Zuerst wollten wir einen Roadtrip zu allen Stadien der 1. bis 3. Bundesliga machen. Da wir aber kein Auto besitzen und mit diesem Transportmittel ohnehin auf Kriegsfuss stehen, entschieden wir uns für die Wanderung. Die Wahl fiel auf das Rhein-Ruhrgebiet, weil es hier die meisten großen Stadien auf engstem Raum gibt. Als S04- und BVB-Fans haben wir außerdem eine Verbundenheit zur Region, und uns war wichtig, auch Amateurvereine und Stadien zu besuchen, wo in der Vergangenheit mal hochklassig gespielt wurde. Die genauen Routen waren dann einfach die jeweils kürzesten laut Google Maps.

Du bist Schalker, Pascal, die anderen beiden Dortmunder, doch es scheint ja gutzugehen.
Wie war das denn, als ihr das Stadion des jeweiligen Rivalen besucht habt?
Hendrik: Ach, ich kann das dann ganz gut ausblenden. Architektonisch ist die Schalker Arena ja sehenswert.
Rico: Ist schon in Ordnung. Schalke muss ja auch irgendwo spielen. Für mich hat ein Stadion aber offen zu sein. Wenn es schneit, dann schneit es eben.
Pascal: Das ist der pure Neid, weil wir ein modernes Stadion haben.
Rico: Ja, Entschuldigung. Allerdings gebe ich beim Signal-Iduna-Park auch ehrlich zu, dass er optisch nur nach viel Beton aussieht. Man hat zwar die Südtribüne als Hingucker, aber eigentlich kommt das Stadion in ein Alter, in dem es mal saniert werden müsste.
Pascal: Bei der Station in Gelsenkirchen hat mich diesmal auch eher fasziniert, wie viele größere Stadien von Amateurvereinen es in der Stadt gibt. Gefühlt steht an jeder Ecke eines, wo in den 50ern oder 60ern mal mindestens zweitklassig gespielt wurde.

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Station Schalke | Foto: privat

Hattet ihr euch die Stationen bei den kleineren Vereine vorher bewusst ausgeguckt?
Pascal: Zum Teil. Einige Stadien von höher spielenden und bekannteren Clubs standen schon im Vorfeld auf unserem Plan. Wir hatten auch ein paar fixe Termine für Führungen organisiert. Also auch bei den Profivereinen. Alles andere kam dann spontan zustande.

Wie genau?
Pascal: Wir recherchierten online, was man sich angucken, wo man wen treffen oder günstig übernachten konnte. Eine Kirchengemeinde bot uns zum Beispiel einmal Schlafplätze. Außerdem hatte die Redaktion von "Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs" einen Aufruf von uns auf Facebook geteilt. Dadurch schrieben uns weitere Leute an und das brachte sogar so viel Aufmerksamkeit, dass das Lokalfernsehen mit uns im Grotenburg-Stadion in Uerdingen drehen wollte. Dort wurden wir dann von 15 Leuten vom Verein empfangen, inklusive dem Maskottchen – dem "Grotifanten".

Station Uerdingen | Foto: privat

Das war sicherlich das Highlight eurer Tour.
Rico: Unter anderem. Essen war auch großartig, wo wir Roland von einem Fanprojekt von Rot-Weiss Essen trafen. Der kannte und wusste alles, ging total darin auf, uns überall rumzuführen. Mit ihm sind wir auch ausnahmsweise mal mit dem Bulli gefahren, weil es zu verschiedenen historischen Stadien in der Umgebung ging.
Pascal: Für mich war Bochum der Höhepunkt. Wir hatten da auch vorher schon Kontakt zum VfL und durften in einem Ruheraum der Spieler übernachten, nachdem der neue Trainer Atalan sein Okay gegeben hatte. Und wir bekamen noch Karten für das Testspiel gegen den BVB. Da standen dann zwei Dortmunder und ein Schalker und sangen lauthals "Bochum" von Grönemeyer mit. Tolle Atmosphäre.
Hendrik: Außer, dass ich beim Duschen in der Kabine von einer Mitarbeiterin überrascht wurde, die plötzlich reinplatzte.

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Station Bochum | Foto privat

Kommt, zum Schluss aber auch noch ein bisschen Bashing. Was war denn der Flop der Tour?
Rico: Die Esprit Arena in Düsseldorf. Man merkt da richtig, dass es halt ein Mehrzweckstadion ist, das nicht dem Verein gehört. Von außen wirkt sie wie eine Lagerhalle, innen wie ein Konzertsaal. Irgendwie sieht alles danach aus, als ob da kaum Fußball gespielt würde. Es ist nichts von der Fortuna zu sehen. Dafür sind die Sitze schön bunt.

Wo geht es nächstes Jahr hin?
Rico: Da wir schon in England waren, würde ich sagen, wir ziehen das mit der Deutschland-Tour doch noch durch oder vielleicht rauf nach Skandinavien.
Pascal: Dann aber zumindest mit dem Fahrrad.

Station Düsseldorf | Foto: privat

Station Köln | Foto: privat

Station Essen | Foto: privat

Station Gelsenkirchen | Foto: privat

Station Oberhausen | Foto: privat