Sex

Diese Frau hat sich als Mann verkleidet, um auf die berüchtigtste schwule Sexparty des Berghains zu kommen

Svetlana schaut gerne schwulen Männern beim Sex zu. Dafür gibt es wohl keinen besseren Ort als die Snax. Aber Frauen sind hier nicht erlaubt.
Svetlana und ein Unterstützer vor der Party
Alle Fotos bereitgestellt von Svetlana

Svetlana entdeckte ihre Faszination für schwulen Sex, weil sie bei einem Besuch in London von Freunden versetzt worden war. Sie zog daraufhin alleine los und landete in einem Schwulenclub im Stadtteil Vauxhall. Dort sah sie zum ersten Mal, wie sich Männer auf der Tanzfläche küssten. Auf einer der nächsten Partys ging sie selbst mit zwei Typen nach Hause und sah ihnen beim Sex zu. In dieser Nacht eröffnete sich für sie eine ganz neue Welt der Sexualität.

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Mittlerweile ist Svetlana ist eine Art Promi der internationalen schwulen Partyszene. Die von ihr veranstalteten Sexpartys sind legendär. Sie finden in der Regel nach großen Events in einer gemieteten Wohnung statt, wo mindestens 20 Männer zusammenkommen und vögeln, bis sie nicht mehr können.

Svetlana selbst hat diverse schwule Fetischveranstaltungen wie den "HustlaBall" besucht, aber eine war ihr bis jetzt verschlossen: die legendäre "Snax" im Berghain. Diese Party bildet den Grundstein des heutigen Clubs. Anfang der 90er fand sie noch an verschiedenen Orten in Berlin statt, bis die Organisatoren mit dem Ostgut eine erste feste Bleibe fanden. Als der Club der heutigen Mercedes-Benz-Arena weichen musste, zogen die Betreiber 2004 in das ehemalige Heizkraftwerk am Ostbahnhof. Auch wenn das Berghain grundsätzlich allen Menschen offen steht, heißt es noch zweimal im Jahr an der Tür: Men only.


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Svetlana hat es trotzdem reingeschafft. Man muss ihre Aktion nicht super finden. In Berlin gibt es reichlich Veranstaltungen, bei denen man Männern beim Vögeln zuschauen kann – und bei denen Menschen jeden Geschlechts willkommen sind. Doch die Snax ist eine Party, zu der nicht nur keine Frauen eingeladen sind, sondern in die sich eigentlich auch keine Heterotypen verirren. Snax ist eine Party explizit für Männer, die Sex mit Männern haben wollen.

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Aber Svetlana hat bei ihrem Snax-Besuch nicht nur niemanden gestört, sondern wurde bei ihrem Vorhaben sogar von ihren schwulen Freunden unterstützt. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, was sie zwischen Darkrooms und Tanzfläche erlebt hat.

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Svetlana mit Verkleidung

VICE: Was findest du so gut daran, Typen beim Vögeln zuzuschauen?
Svetlana: Die Energie, die Spannung. Wenn eine Frau mit einem Typen Sex hat, weißt du nie genau, ob sie wirklich mag, was sie macht. Die Typen machen, was ihnen gefällt. Wenn es ihnen nicht gefällt, machen sie es nicht.

Warum wolltest du unbedingt zur Snax?
Das war immer schon ein Traum von mir. Als ich richtig verzweifelt war und versuchte, mit den Veranstaltern in Kontakt zu kommen, habe ich sogar eine Gruppe auf Facebook erstellt. Meine Freunde kennen ein paar Leute, die dort arbeiten. Die meinten aber sofort, dass ich das am besten schnell wieder vergessen soll. Auf keinen Fall würde ich da reinkommen.

Wie hast du es doch geschafft?
Zehn Tage vor der Party entschloss ich mich, hinzugehen. Dafür musste ich natürlich wie ein Mann aussehen. Also habe ich mir eine Perücke und einen Bart aus Echthaar bestellt, jeweils für 150 Euro. Einer der Typen in der Facebook-Gruppe hat mir dann von einem Laden für trans Personen in Amsterdam erzählt, der sich auf Produkte zur Geschlechtsanpassung spezialisiert hat. Dort gab es Penisprothesen und Westen, um die Brüste zu verstecken.

Der Versand war aber viel zu teuer und ich hatte kaum noch Zeit, also habe ich Freunde in Amsterdam kontaktiert, die eventuell nach Berlin kommen würden. Sieben Stunden hat die Suche gedauert, aber dann hatte ich jemanden. Sein Name war Jesus! Ernsthaft. Jesus brachte mir zu Ostern einen Schwanz nach Berlin.

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Ganz schön teuer für eine Party, nicht?
Ich habe meine Freunde in Berlin gefragt, ob sie mir Anziehsachen leihen können. Neu hätte mich das Outfit – Lederjacke, Stiefel, Hose, Jockstrap, Handschuhe – 1.400 Euro gekostet. Die Make-up-Dame wollte für die Perücke und den Bart auch noch mal 780 Euro haben.

Wow, das ist viel.
Ja, und dann merkte ich auch noch, dass die bestellte Weste nicht rechtzeitig eintreffen würde. Also habe ich mir meine Brüste mit Bandagen aus der Apotheke abgebunden. Das hat am Anfang höllisch wehgetan, nach 15 Minuten war es aber OK. Ich wusste auch nicht, dass die Perücke ein paar Wochen brauchen würde, weil es ein Maßanfertigung war. In Berliner Läden fand ich nur billige Synthetikdinger für Frauen.

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Svetlana lässt sich den Bart stutzen

Das wäre natürlich nichts für die Snax gewesen.
Nein! Also habe ich mir eine schwarze Ledermaske gekauft, die ich mir übers Gesicht ziehen wollte. Der angeklebte Bart sah gut aus, aber wenn ich die Maske abnehmen müsste, wäre ich gearscht gewesen. Dann kam ein Freund vorbei, der seine Haare in einem Dutt trug. "Verdammt, das kann ich auch", dachte ich mir. Ich würde dem Türsteher nur direkt in die Augen schauen, das Ticket vorzeigen und meine Tasche aufmachen müssen.

Warst du in der Schlange nervös?
Nicht wirklich. Ich rauchte und unterhielt mich mit anderen Leuten. Meine Stimme machte ich etwas tiefer als normal.

Niemand hat dich als Frau wahrgenommen?
Niemand. Ich stand 45 Minuten an und wurde am Eingang einfach reingelassen. Kein Problem.

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Was war dein erster Eindruck im Club?
Ich bin durch den Eingang in diesen großen Raum neben der Garderobe gegangen, wo sich alle umgezogen haben. Dann lief ich einem Freund, Igor, in die Arme, der mir eine Tour durch den Club gab. Ich war ziemlich neugierig, als wir an den Darkrooms vorbeikamen. Diese Atmosphäre, diese sexuelle Energie! Es war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Musik war abgefahren – so etwas gibt es sonst nirgends.

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Svetlana in ihrem Snax-Outfit

Wie würdest du Snax jemandem beschreiben, der noch nie dort war?
Typen aus der ganzen Welt kommen zusammen, um 20 Stunden lang zu ficken. Ich habe versucht, es meiner Mutter zu beschreiben: Es kann regnen oder bitterkalt sein, vielleicht müssen sie drei Stunden anstehen, aber nichts kann sie aufhalten.

Irgendwann bist du aber aufgeflogen?
Als ich mit meiner Gruppe an einem Freund vorbeikam, packte ich ihn an der Hand. Er schaute mich an und schubste mich energisch weg. Ich sagte daraufhin zu ihm: "Was zur Hölle? Ich bin's, Svetlana!" Als er mich erkannte, ist er total ausgeflippt und hat aufgeregt meinen Namen zu seinen Freunden gerufen. Das war's dann für mich.

Die Security hatte es gehört?
Ja, ich glaube, die hatten schon das mit meiner Facebook-Gruppe mitbekommen. Der Security nahm mich an der Hand und sagte, ich müsse gehen. Ich fragte: "Warum?". Frauen seien hier nicht erlaubt, antwortete er. Aber er war sehr freundlich. Er fragte mich, wie ich reingekommen sei? "Wie alle anderen." Wie lange ich schon drin sei? "Drei Stunden." Dann kamen noch drei andere Mitarbeiter vorbei, um mich anzuschauen. Aber ich hatte es geschafft und die ganze Sache ist es mir wert gewesen. Auch weil meine Freunde so sehr wollten, dass ich dabei sein kann.

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