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Warum ein Spiel aus 1994 und dämliche Frisbees mein Leben beherrschen

Lieber tatsächlich alt als krampfhaft retro: 'Windjammers' war, ist und bleibt wunderbar und wurde jetzt re-releast.
Screenshot vom Autor

Kennt ihr dieses Gefühl? Man startet ein Spiel und glaubt sofort, alles darüber zu wissen. Erst sind da nur ein paar zynische Vorurteile und langsam spürt man, wie einem Augen und Mund begeistert aufklaffen. Das Gleiche kann einem übrigens auch mit Gerichten aus Innereien oder Kanye West passieren.

Wovon ich eigentlich rede? Windjammers, das 1994 erstmals auf der Neo-Geo-Konsole erschien, gibt es jetzt in seiner vollen 16-Bit-Schönheit neuveröffentlicht. Das bedeutet feinste Grafik wie bei Street Fighter 2 und einen fetzenden Rock-Soundtrack, der dein Leben sofort in die Anfangssequenz einer beliebigen Anime-Serie verwandelt. Dieses verdammt unterhaltsame Game hat meine anfängliche Arroganz innerhalb weniger Minuten abgestraft.

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Das Spielprinzip ist schnell zusammengefasst: Man wirft Frisbees hin und her. Die Ansicht ist Top Down und spielt entweder im Strandumfeld oder in der Halle, die in herrlich scheußlichen Pastellfarben der frühen 90er erstrahlen. Manche vergleichen das Spielprinzip von Windjammers mit dem monoton fiependen Ur-Videospiel Pong, aber der Vergleich ist ungefähr so akkurat wie der zwischen Werken von Dostojevski und der Spatzenpost.

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Der Wurfscheiben-Ballwechsel zwischen den Spielern ist nämlich trickreich, sauschnell und du hast gefälligst die Reaktionszeit eines jungen Fohlens zu haben, ansonsten macht dich dein Gegenüber mit seinen aufgeladenen Supermoves sofort fertig.

Ich weiß schon, was Gaming-Puristen jetzt wie Besoffene am Stammtisch durch die Reddit-Threads brüllen werden: "Sag ich doch immer! Lieber die echten Spiele von früher statt dieser anbiedernde Retro-Style in neuen Games!" Und es stimmt schon, bei Spieleentwicklung auf die Nostalgie-Tube zu drücken, ist zur Marketing-Strategie geworden. Obwohl mir persönlich das Erscheinungsjahr von Spielen eigentlich egal ist – Hauptsache, mir macht das Kneten der Controller Spaß – bekommt Windjammers irgendwie automatisch extra "Realness"-Punkte, da es nicht "auf alt macht", sondern es tatsächlich ist. So wie die Taschenuhr vom Opa cooler ist als der Nachbau aus dem Hipster-Geschäft von nebenan.

Und obwohl es eigentlich auch ziemlich blind von mir ist, alte Spiele pauschal zu verherrlichen (denkt mal an ClayFighter für SEGA Mega Drive), macht Windjammers substanziell etwas wirklich richtig – beziehungsweise hat 1994 etwas richtig gemacht. Denn ich finde Frisbee an sich eigentlich ziemlich dämlich. Sicher, es macht Spaß, mit einem Dosenbier in der Hand den Nachmittag im Park damit totzuschlagen und für die Hund-Mensch-Beziehung war der fliegende Picknickteller sicher auch ein Fortschritt.

Aber bei "Ultimate Frisbee", wie manche meiner Studienkollegen es stolz nannten, habe ich nur Ben Stiller mit einem bunten Stirnband vor Augen, der sich aus einer Sportwasserflasche das Gesicht nass spritzt. Sorry, aber niemand wird jemals cool dabei aussehen oder das epische Level von der Frisbee-Szene in Hard Ticket To Hawaii erreichen.

Ich feiere trotz allem dieses wunderbare Wurfscheiben-Game, freue mich über das Glücksgefühl beim Zocken – egal ob nachempfunden oder "ehrlich" alt – und über Innereien in der Suppe.

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