Sex

Dinge, die ich als Mitarbeiterin in einer Pariser Sex-Sauna gesehen habe

Vor Kurzem durfte ich eine unserer Stammbesucherinnen in Aktion erleben. Ich wusste zwar bereits, dass sie auf Gangbangs steht, aber dieses Mal war sie sogar noch frivoler als sonst. Es ist schwer, die Situation richtig zu beschreiben, aber sagen wir es mal so: Es hatte sich eine Schlange an Typen gebildet, die alle mit ihr schlafen wollten. Außerdem mag sie es, wenn man ihr Sachen wie etwa „Bitte reinstecken!” oder „Gieriges Loch” auf den Arsch schreibt, weil das ihrer Aussage nach die „Hengste” anheizt, die sie reiten. Nun, wenn das ihre Vorlieben sind, dann ist das nun mal so und ich habe kein Problem damit. Es ist ja schließlich meine Aufgabe, ihr das Ausleben ihrer Fantasien so angenehm wie möglich zu gestalten.

Ich arbeite in einer Pariser Sex-Sauna. Ich begrüße unsere Gäste und sorge dafür, dass sie sich wohl fühlen. Ich suche die Musik aus, die im Hintergrund läuft. Ich bereite den Kaffee und den Tee zu. Ich stelle sicher, dass die Handtücher immer gewaschen sind und dass die Sauna allgemein sauber und ordentlich daherkommt (und das ist mit Abstand der am wenigsten erotische Teil meines Jobs).

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Ein Freund, der ebenfalls bei der Sauna angestellt ist, hat mir den Job vermittelt. Eigentlich reizte mich das Ganze vor allem deswegen, weil ich so meine Komfortzone verlassen und eine mir unbekannte Welt erforschen konnte.

Zu unseren Gästen zählen Menschen aller Altersklassen. Unter 18 ist natürlich trotzdem niemand. Dabei sind auch die verschiedensten gesellschaftlichen Schichten, Religionen und Herkünfte vertreten. Einige Leute wollen sich nur entspannen, aber die meisten sind doch eher hier, um Sex zu haben, um andere Leute beim Sex zu beobachten, um nackt herumzulaufen, um sich einen runterzuholen oder um sich einen runterholen zu lassen.


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Es gibt allerdings auch Gäste, die doch etwas unheimlicher anmuten—so Typen, die es total nötig haben, weil sie eine brutal lange sexuelle Durststrecke durchmachen, und das auch offen zur Schau stellen. Mir sind wirklich schon ein paar richtig zwielichtige und durche Kerle untergekommen, die davon ausgehen, dass in der Sauna alles erlaubt ist. Dabei funktioniert das hier nur so gut, weil sich jeder an die Regeln hält.

Die erste Regel unserer Sauna besagt, dass man die anderen Gäste zu respektieren hat—eigentlich sollte das mit ein wenig gesundem Menschenverstand sowieso klar sein. Die anderen Regeln sind genauso grundlegend: Zurückweisung gehört dazu, Fragen ist vor jeder Handlung Pflicht und die von der Frau oder dem Mann festgelegten Grenzen dürfen auf keinen Fall überschritten werden. Aus hygienischen Gründen muss auch immer geduscht werden. Im Whirlpool darf nie mehr passieren als bloße Berührungen. Ständer oder gar Orgasmen sind da einfach nicht drin. Und zu guter Letzt müssen Männer in der Sauna komplett nackt sein, während Frauen auch irgendein sexy Outfit tragen können, wenn sie da Lust drauf haben. Aus offensichtlichen Gründen verteilen wir dazu noch Kondome und—falls gewünscht—auch Gleitgel.

So konnte ich zum Beispiel einmal dabei zusehen, wie es eine Frau weit über 60 mit mehreren Männern trieb, während daneben eine bestimmt 40 Jahre jüngere Dame nackt herumtanzte, um die Zuschauer anzuheizen.

Nach ihrer Ankunft warten die Männer darauf, dass auch ein paar Frauen den Weg in die Sauna finden—dabei trinken sie Tee, schwitzen das Ganze dann wieder raus oder masturbieren zu den Pornos, die wir auf mehreren Fernsehern zeigen. Eigentlich reden nur die Stammgäste miteinander, der Rest unterhält sich eher mit mir. Gesprochen wird im Allgemeinen aber nur relativ wenig, meistens geht es eher schnell zur Massage und schließlich zum Sex über.

Der Konkurrenzdruck in der Sauna ist immens hoch, denn auf eine Frau kommen ungefähr zehn Männer. Zum Glück stehen die meisten dieser Frauen auf Gangbangs oder darauf, beim Sex beobachtet zu werden. Wirkliche Probleme entstehen also nur selten.

Da ich selbst eine Frau bin, muss ich mich natürlich auch mit einem ganzen Haufen an nervigen Männern rumschlagen, die mich angraben. Sie erzählen mir dann ihre ganze Lebensgeschichte oder prahlen mit irgendwelchen Erfolgen rum und versuchen dabei so zu tun, als seien sie nicht spitz wie Lumpi. Einige von ihnen riechen auch richtig ekelhaft. Oder sie ignorieren alle Regeln und lassen ihre gebrauchten Kondome und Taschentücher einfach so in den Kabinen zurück, obwohl überall Mülleimer bereitstehen. Im Grunde teile ich unsere Gäste in zwei Kategorien ein: die respektvollen Stammbesucher und dann der ganze Rest.

Wir veranstalten auch regelmäßig verschiedene Themenpartys—von S&M-Veranstaltungen für Neugierige über traditionelle Maskenbälle bis hin zu karibisch angehauchten Zouk-Feiern. Mein Chef macht das vor allem, um die verschiedenen Geschmäcker unserer Klientel zu bedienen und es kommen wirklich alle, egal ob nun komplette Neulinge oder französische Celebritys.

Durch meinen Job bin ich schon Zeugin vieler wunderschöner und auch bizarrer Zwischenfälle geworden. So konnte ich zum Beispiel einmal dabei zusehen, wie es eine Frau weit über 60 mit mehreren Männern trieb, während daneben eine bestimmt 40 Jahre jüngere Dame nackt herumtanzte, um die Zuschauer anzuheizen. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, lief währenddessen der Ehemann der älteren Frau umher und schaute mithilfe einer Taschenlampe, ob die Typen auch alle Kondome trugen.

Außerdem habe ich so schon viele neue Dinge entdeckt, von denen ich sonst wohl nicht mal geträumt hätte. Ein Beispiel hierfür wäre ein G-String mit einer Art Schloss, den ein Mann tragen musste, weil seine Frau auf Geschäftsreise war. Das Ganze sollte wohl so etwas wie einen Keuschheitsgürtel darstellen. Das war wohl einer der härtesten Fälle von Dominanz, die ich je gesehen habe. Aber es hat funktioniert, denn obwohl der Typ doch in die Sauna kam, konnte er seine Unterwäsche nicht ausziehen.

Ich weiß auch noch, wie eine kurvige Frau Mitte 40 nur mit einem Negligé bekleidet durch die Sauna spazierte. Natürlich folgten ihr schnell ein paar Typen, die total geil auf sie waren. Als sie ihre Runde beendet hatte, meinte sie nur: „Du schon, du nicht!” So wählte sie sich zwei Kerle aus, mit denen sie dann einen Dreier in einer der Kabinen hatte.

Ab und an habe ich auch das Verlangen, etwas mit einem Gast anzufangen. In meinem Arbeitsvertrag steht jedoch ausdrücklich, dass ich das nicht darf.

Am geläufigsten ist in unserer Sauna allerdings immer noch der sogenannte Candaulismus, also die Sexualpraktik, bei der der Ehemann seiner Frau dabei zusieht, wie sie mit anderen Typen schläft. Eigentlich könnte man das Ganze auch als freigeistlich bezeichnen, aber es gibt dabei auch gewisse Dinge zu beachten—so darf die Frau mit dem anderen Mann zum Beispiel keinen Orgasmus haben, wenn ihr Ehemann nicht zur gleichen Zeit kommt.

Ich bin nie ein Kind von Traurigkeit gewesen, aber seit meiner Anstellung in der Sauna werde ich immer wilder. Man könnte mich sogar schon fast als Exhibitionistin bezeichnen. Ich war mal in einer anderen Sauna zu Gast und befriedigte dort einen Typen oral, während andere Männer um uns herum masturbierten. Als mir klar wurde, was da gerade passierte, wies ich diese Männer sofort an, den Raum zu verlassen (was sie auch ohne Murren taten).

Dass ich bei meiner Arbeit ständig mit Sex zu tun habe, hat sich zwar nicht auf meine Libido ausgewirkt, auf meine Auffassung von Intimitäten jedoch schon. Da unsere Gäste immer wieder neue Sachen ausprobieren und so die Grenzen ihres Sexlebens ausloten, bin ich nun auch ständig selbst auf der Suche nach neuen sexuellen Erfahrungen.

Ab und an habe ich auch das Verlangen, etwas mit einem Gast anzufangen. In meinem Arbeitsvertrag steht jedoch ausdrücklich, dass ich das nicht darf. Ich weiß noch, wie einmal ein extrem gut aussehender Typ in der Sauna war und ich ihn fragte, ob er sich später mit mir in einer anderen Sauna treffen würde. Auf einen Drink hätte ich ihn nie eingeladen, denn wenn man jemanden nackt kennenlernt, ist das ganz anders als zum Beispiel bei einem Gespräch in einer Bar. Man weiß direkt, dass es bloß um Sex geht.

Durch meinen Job habe ich schon viele interessante und sexuell freizügige Menschen kennengelernt. Die meisten davon sind um die 40 und leben ihre Sexualität ohne jegliche Hemmungen aus. Ich bin der Meinung, dass in meiner Generation viele sexuelle Barrieren bestehen—und das vor allem bei den Frauen. Auch ich kenne einige Damen, denen es wohl viel besser ginge, wenn sie ein- oder zweimal in eine Sauna gehen würden. Dabei müsste ja nicht mal irgendetwas Komisches oder Ekliges passieren: Wenn ich heutzutage nach der Arbeit in die Sauna gehe, dann sind die Gäste immer sehr höflich und lassen mich weitestgehend in Ruhe. Natürlich haben sie auch nichts dagegen, mir beim Duschen zuschauen zu dürfen, aber das war’s schon.

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