Hätte ich auf meinen Kollegen gehört und von No Man’s Sky eine tiefenentspannende Spielerfahrung erwartet, würde ich jetzt als zitterndes Wrack in der Ecke liegen. Dafür habe ich zum Glück Abzû. Aber andererseits ist genau das auch das Großartige an dem Titel, oder nicht?
Hunderttausende Spieler auf der ganzen Welt beginnen gerade ihre Reise in das Zentrum des Spieluniversums. Sie folgen dabei dem Ruf des Atlas, einer mysteriösen Präsenz/klebrigen Masse, die einem eine Fährte vom Startplaneten bis hin zu dem gelegt hat, was auch immer das Ende des Spiels sein wird. Und jede dieser Reisen, die wer weiß wie viele Stunden, Abende und Wochenenden in Anspruch nehmen kann, wird für jeden Piloten, Händler, Piraten, Entdecker oder Überlebenskünstler einzigartig und sehr persönlich sein. Und gerade das mit dem Überleben—das ist mir sofort aufgefallen—ist in No Man’s Sky so eine Sache. Das nahezu unendliche Universum ist nämlich alles andere als ein Schutzraum.
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In etwa drei Spielstunden bin ich nämlich bereits viermal abgeschossen worden. Ich bin zum Beispiel gerade auf halbem Weg zwischen zwei Wegpunkten—von einer Absturzstelle auf einem Planten, wo ich mich an einem noch funkensprühenden Vehikel bediente, zu einem Alien-Monolith auf einem Mond, durch den ich mehr über die Kultur und Sprache einer der Rassen lernen kann (ich glaube, es gibt insgesamt vier, und mit zwei habe ich schon Kontakt aufgenommen). Plötzlich ertönt im Cockpit der schlimmste Satz des Spiels: “Warnung: feindliche Schiffe im Anflug.”
Ich muss mein Startraumschiff erst noch für ein größeres, stärkeres, schnelleres und tödlicheres eintauschen—und es gibt da draußen schon einiges, ich habe mich mal umgeschaut. Wann immer also diese kleinen, wendigen Schiffe in meiner Reichweite auftauchen—und es sind in der Regel gleich vier davon, die es allesamt auf meine zugegebenermaßen recht dürftige Ladung abgesehen haben—, habe ich es noch nicht geschafft, sie alle auszuschalten, bevor mein eigenes Schiff dran glauben musste. Wenn man stirbt, muss man sich auf eine Bergungsmission der eigenen Überreste begeben—eine Herangehensweise, die Dark Souls-Fans bekannt sein sollte. Man muss zwischen den Asteroiden sein “Grab” finden, ansonsten sind die ganzen Minerale und Metalle, die man gesammelt hat, für immer verloren.
Nein, ich hatte es wirklich nicht leicht—und das gleich von Anfang an. Meine Startwelt war ziemlich karg, abgesehen von ein paar desinteressierten Kreaturen, die durch die Gegend trotteten und artig darauf warteten, dass ich sie scanne. Die Temperatur lag unter dem Gefrierpunkt und die Luft war toxisch. Ich konnte es gar nicht erwarten, endlich abzuhauen, aber auf der Suche nach dem für die letzten Reparaturgriffe benötigten Zink mit dem Jetpack durch die purpurnen Hügel zu hüpfen, dauerte eine gefühlte halbe Ewigkeit.
Auf dem Weg entdeckte ich einen Krater, den ich Gary’s Crack taufte. Weil, warum nicht? Gary ist ein Name, der vom Aussterben bedroht zu sein scheint. Er kann also jede Hilfe brauchen. Ich fütterte einen Space-Dino, was er mir mit einem freundlichen Smiley-Emoticon über seinem Kopf dankte. Bevor ich allerdings auf ein anderes humanoides Wesen treffen sollte, soll bestimmt noch eine halbe Stunde vergehen.
Und ich war unglaublich froh darüber. Das Spiel kann sonst schon ziemlich schnell eine unfassbar einsame Angelegenheit werden und die Tiere, die dich nicht umbringen, interessieren sich nicht für dich.
Aber selbst wenn du endlich auf einen der etwas menschlicher anmutenden Weltraumbewohner triffst, kann es holprig werden. Wenn du nicht gerade das hast, was die LED-gesichtigen Außerirdischen von dir wollen—oftmals seltene Rohstoffe—, werden sie dich einfach komplett abblitzen lassen und du kommst deinem Verständnis von ihrer Zivilisation kein Stück weiter. In der Zeit, die ich bislang damit verbracht habe, hat sich No Man’s Sky in gewisser Weise als unbarmherziges Spiel entpuppt, das zu einem großen Teil aus recht ermüdenden Suchaufträgen und Interaktionen besteht, die mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls ins Leere laufen, nur um dich auf eine neue Finde-dieses-um-jenes-zu-bauen-Mission zu schicken.
Abgesehen von dem Herumfliegen und Herumstreunen, dem Mining und dem Schießen, das vordergründig die mechanische Seite des ganzen Geschehens ausmacht, gibt es ein Inventar, das etwas an das in Destiny erinnert. Es besteht aus einfachen Kacheln und leicht erkennbaren Symbolen. Die Inventar-Slots sind aber zu Beginn des Spiels so wenige, dass No Man’s Sky schnell zu PlayStation 4: The Video Game wird.
Ständig bist du damit beschäftigt, Objekte zu löschen, um Platz für neue zu machen oder sie zwischen Schiff und Exo-Anzug zu verschieben—genau wie du das auf deiner First-Model-500GB-Konsole tun musstest, um Platz für ein weiteres Rocket League-Update zu bekommen. Erinnerst du dich noch daran, was ich eben über dieses “Feindliche Schiffe im Anflug”-Ding gesagt habe? Das kannst du streichen. Der schlimmste Satz, den du im Spiel hören wirst, lautet: “Keine freien Slots im Exo-Anzug-Inventar.”
Trotz des ganzen Inventar-Jonglierens und des Gankings durch heillos überlegene KI-Gegner habe ich eine gute Zeit mit No Man’s Sky. Wenn du mich jetzt aber fragen würdest, ob ich der Meinung bin, dass das hier der wichtigste Titel unserer Zeit ist, auf den so viele Menschen hoffen, muss ich dich für eine Antwort leider auf die nächsten Tage vertrösten. Vielleicht auch Wochen. Oder Monate.
Es gibt viel, das ich wirklich sehr daran mag. An allererster Stelle wohl, dass es sich dabei in der Tat um ein Spiel handelt, bei dem du selbst entscheidest, in was für ein Abenteuer du dich stürzt. Galaxien- und Planetenscans eröffnen dir neue Bereiche, die du erkunden kannst, wodurch du dann wieder in andere Gegenden gelangst. Wenn sich das Spiel vom reinen Rohstoff- und Komponentensammeln wegbewegt, was ziemlich ermüdend sein kann, und tiefer in die Geschichte dieses gigantischen Universums eintaucht, dann nimmt No Man’s Sky unglaublich an Fahrt auf und ich fühle mich sofort viel verbundener.
Ich finde die Handlungsstränge der Geschichte faszinierend—mit all ihren kleinen Hinweisen auf die Ursprünge der sonderbaren Strukturen, die in kargen Wüstengebieten und grünen Graslandschaften gleichermaßen zu finden sind. Ich hätte mir nur gewünscht, dass die Aliens, die ich bislang getroffen habe, etwas geduldiger mit mir umgehen würden—mir mit meinem dürftigen Korvaxisch. Korvaxalisch? Wie auch immer.
Ich spinne mir in meinem Kopf ständig kleine Geschichten zusammen. Und die Zeit, die es manchmal braucht, um einige der entlegeneren Planeten in den verschiedenen Systemen anzufliegen, lässt dir genug Freiraum, um darüber zu spekulieren, was dich wohl erwarten wird, wenn du den Ursprung des Notsignals, die Absturzstelle oder das verlassene Gebäude erreicht hast. Ich habe auch oft genug Alien gesehen, um nicht sofort zu landen und erst ein paar Erkundungsrunden zu drehen.
Ich habe dabei einen Ort entdeckt, an dem ein komischer Pilz—fast fleischlich aussehend—einen Außenposten befallen hatte. Ein einsamer Sentinal umrundete dort das Gelände, als würde er geduldig auf die Rückkehr seines toten Herren warten. In dem verlassenen Gebäude bediente ich ein Terminal und der dort erscheinende Text war wunderbar unheimlich. Er ging in etwa so: “Es sah aus wie eine Wunde auf dem Planeten. Blutrot und ausgefranst—wie etwas, das mal gelebt hatte, dann aber in Zwei gerissen worden war. Ich hätte mich fernhalten sollen.” Puh.
Ich werde definitiv nicht so schnell die Finger von No Man’s Sky lassen, so viel kann ich sagen. Das Spiel hat mich definitiv gepackt, aber ein Teil von mir wünscht sich, dass meine ersten Stunden nicht so, nun ja, zermürbend gewesen wären. Mir von blöden Viechern in den Hintern beißen und mein Raumschiff von feindlichen Kampfjägern abschießen zu lassen, war bestimmt nicht Teil des Titels, auf den ich mich so sehr gefreut hatte.