Metallica sind wieder verdammt gut darin, Metallica zu sein

„Wenn du nicht findest, dass Metallica verdammt geil sind, dann bist du ein Arsch!”, schrie mein Freund Jack mir vergnügt ins Ohr und ballte die Faust, als die Band aus der Bay Area gegen Ende eines beeindruckenden Sets in der New Yorker Webster Hall mit „Enter Sandman” loslegte. Mit einer (für ihre Verhältnisse) dezenten Lichtanlage und vor 1.500 euphorisierten Gesichtern legten Metallica den Schalter ihrer Thrash-Metal-Zeitmaschine um und brachten uns zurück in die 80er und 90er—gewährten uns aber auch einen Einblick in das, was noch kommen wird.

Das Publikum bestand größtenteils aus Diehard-Fanclub-Mitgliedern, hohen Tieren aus der Musikindustrie und aus ein paar glücklichen Seelen wie Jack, der erfreulicherweise ein Ticket ergattern konnte. Draußen lungerten Schwarzmarkthändler rum und versuchten mit einem Benefizkonzert, für das die Tickets 25 Dollar kosteten, noch etwas Geld zu verdienen. Ich sah ein paar Freunde, die sich im letzten Moment noch Tickets sichern konnten und noch einige mehr, die in der Ticket-Lotterie Glück gehabt hatten. Die meisten Leute im Publikum waren älter; mit ergrauten Geheimratsecken und am überteuerten Bier nippend, nickten sie enthusiastisch anstatt zu headbangen. Metallica sind nicht wirklich junge Hüpfer—ebenso wie die Leute, die mit ihnen groß geworden sind—trotzdem schienen auf beiden Seiten die Jahre vergessen, als die Band zu „Master of Puppets” ansetzte und der ganze Raum in Jubeln und Bewegung ausbrach. 

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Ein Set wie dieses verlangt eine gute Physis und ruhige Hände; es gab die ältere, weisere und sehr viel nüchternere Version einer Band, die früher mal als Alcoholica bezeichnet wurde. Doch auch wenn sie mit den Jahren so einiges verloren haben—ihre Scharfkantigkeit, die Gabe, das Master of Puppets II zu schreiben, auf das die Fans seit Jahrzehnten warten, in jedem Fall einige Haare—die Fähigkeit, eine Bühne komplett zu zerstören, haben sie nicht verloren.

Als ich sie vor einigen Jahren das erste Mal sah, hatte ich zugegeben niedrige Erwartungen und dachte: „Metallica, total lahm. Was soll ein Black-/Death-/Doom-Metal-Nerd wie ich mit diesen aufgeblasenen 90er-Säcken anfangen?” Die Band machte mit diesen übercoolen Vorbehalten kurzen Prozess, indem sie ein absolutes Hammerset ablieferte (und es störte auch nicht, dass ich sie beim Orion Fest sah, als sie Ride the Lightning in voller Länge spielten).

Mit dieser Erinnerung im Hinterkopf sah ich dem Gig in der Webster Hall entgegen, bewaffnet mit dem Wissen, dass es etwas Besonderes werden sollte; wie könnte es auch nicht? Die unbestreitbare Tatsache, dass Metallica live der Hammer sind, gepaart mit der Aussicht, eine Stadionband auf so einer kleinen Bühne umgeben von Leuten zu sehen, die seit ihren Anfängen dabei sind, war die perfekte Mischung für absolute Zerstörung. Von dem Moment an als James Hetfield, Kirk Hammett, Lars Ulrich und Robert Trujillo auf die Bühne schritten, ohne Fanfare oder Intro-Gedöns, und das Eröffnungsriff von Budgies „Breadfan” anspielten, brannte die Hütte.

Wenn du auch nur ein bisschen mit Hardrock oder Heavy Metal anfangen kannst—oder wenn du dich, wie ich, noch daran erinnern kannst, wie du mit zwölf an Weihnachten ein Exemplar von Master of Puppets ausgepackt hast und kurz danach dein Gehirn damit weggeblasen hast—wird dir eine Metallica-Show gefallen. Und das hier war keine typische Metallica-Show. Du warst nah genug dran, um die Discharge-Aufnäher auf Hetfields Weste zählen zu können (zwei), zu sehen, wie Hammett jedes Mal sein Gesicht wie ein Dämon verzog, wenn ein Solo einsetzte, Trujillos glänzende Mähne zu bestaunen oder Ulrichs manische Energie zu spüren. Wenn du die Band zuvor nur als winzige Ameisen in einem riesigen Stadion gesehen hast, dann war es eine Offenbarung; wenn du sie, wie viele der älteren Anwesenden, in den 80ern in kleineren Läden wie dem L’Amours gesehen hast, fühlte es sich wahrscheinlich an wie eine Rückkehr nach Hause.

Nachdem sie mit einem Medley aus „Breadfan”, „Holier Than Thou” und „Battery” losgelegt hatten, hielten sie sich größtenteils an ihre ersten fünf Alben und lieferten in schneller Folge „Harvester of Sorrows” und „Fade to Black” ab. Ein neuer Song, „Moth to Flame”, der Anfang der Woche online aufgetaucht war, erlebte sein Live-Debüt auf der Bühne der Webster Hall. Die vertrackten und komplexen Thrash-Riffs des Tracks wurden mit gebrüllter Zustimmung quittiert. Über „Sad But True” ging es über zum traurigsten Moment des Abends: „Orion”.

An diesem Abend jährte sich der Tod des mittlerweile legendären Bassisten Cliff Burton bei einem Busunfall zum 30. Mal und seine Bandkollegen zollten ihm auf die Weise Respekt, die sie am besten beherrschen. Das Licht wurde blau und „Orion” in all seiner achtminütigen Pracht losgelassen; die episch gläsernen Melodien stiegen empor, während Hetfield einen Kuss Richtung Himmel schickte und Ulrich seine Drumsticks in die Höhe reckte. „Dreißig Jahre”, so der kräftige Frontmann. „Wir vermissen dich, Cliff.”

Dann gingen sie direkt zu einem der dunkelsten Songs ihres mächtigen Katalogs über: „One”. Mit ratternden Maschinengewehr-Effekten und orangenen Blitzen boten Metallica ihre herzzerreißende Vision von Krieg und dem Übel, das die Menschheit anstellt, dar. Dieser emotionale Tiefschlag traf uns hart und ließ bei mir den Wunsch aufkommen, dass mehr Metalbands (inklusive Metallica) diese sehr reale Art der Dunkelheit in ihren Texten thematisieren würden—und die Geier und Schlangen da oben, die über uns herrschen, zuhören, wenn ihnen immer wieder gesagt wird, dass Krieg wahrlich die Hölle ist.

Es folgte ein frenetisches „Master of Puppets” und ein monumentales „For Whom the Bell Tolls”, das die Energie wieder zum Kochen brachte. Selbst „Enter Sandman”—ein Song, den ich für immer mit dem Classic-Rock-Sender assoziiere, den meine Mutter immer im Auto hörte—klang in diesem Setting unglaublich heavy und 1.500 Leute erinnerten sich auf einmal wieder daran, warum das Black Album so viele Millionen Exemplare verkaufte. Auch die drei Zugaben waren perfekt, besonders der ohrenbetäubende Singalong zu „Whiskey in the Jar”. Ich war beeindruckt, zu sehen, wie viele Leute bereits den Text zu ihrem neuen Titeltrack „Hardwired… to Self-Destruct” kannten. Aber warum eigentlich? Schließlich waren das hier Metallica und die Leute lieben Metallica verdammt nochmal. Das Ende bildete (wie meistens) das schnelle, lockere und dreckige „Seek and Destroy”, was die Nacht mit einem Hauch derselben hungrigen Punkrock-Energie beendete, die sie überhaupt erst hierher brachte.

OK, Metallica werden nie wieder jung sein. Sie werden nie wieder ein Kill ‘Em All veröffentlichen. Sie sind eine gigantische Mainstream-Band, die Unmengen an Kohle gemacht, ein paar wirklich schlechte musikalische Fehltritte aufgenommen hat und über die man sich wirklich leicht lustig machen oder die man vollkommen ablehnen kann. Sie haben wirklich manchmal den Vibe trotteliger Väter. Sie haben Lulu gemacht. Aber weißt du was? Sie sind auch eine der erfolgreichsten und beliebtesten Heavy-Metal-Bands, die jemals eine Bühne betreten hat, und Millionen Leute finden in ihrer Musik Zuflucht, Inspiration und Gemeinschaft.

Wenn du diese unbestreitbaren Wahrheiten annimmst und die Band für das akzeptierst, was und wer sie heute sind, dann ist es eine Millionen Mal einfacher sich in den Wellen von Freude und Aufregung zu verlieren, die die Webster Hall überkamen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich bei einer Show so aufrichtig fröhlich war und hunderte grinsende Gesichter um mich herum sagten dasselbe. Du kannst sie abschreiben, über die spotten, die sie immer noch mögen oder sich für das interessieren, was sie machen, und dich in deinem überlegenen Geschmack und deiner obskuren Plattensammlung suhlen, aber seien wir mal ehrlich:

Es ist so, wie Jack sagte: Wenn du nicht findest, dass Metallica verdammt geil sind, dann bist du wahrscheinlich ein Arsch.

Fotos von Daniel Brothers.

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