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Google baut einen riesigen Radiotransmitter in die Wüste—und alle rätseln, wieso

„Mit diesen wichtigen Experimenten möchte Google vor allem *ZENSIERT*“
Bild: Spaceport America

Es ist schon interessant, was man alles so in offiziellen Dokumenten finden kann: In einem öffentlichen, allerdings heftig geschwärzten Antrag an die US-amerikanische Kommunikations-Aufsichtsbehörde FCC bewirbt sich Google um den Bau einer riesigen, experimentellen Funk-Sendeanlage direkt am Spaceport America in der Wüste von New Mexico. Der Antrag wurde im vergangenen Sommer von Google an die FCC übergeben, noch bevor sich die Firma unter der Dachmarke Alphabet neu strukturierte.

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Soviel ist bekannt. Nicht bekannt ist allerdings, was zur Hölle Google mit diesem Transmitter vorhat, denn die Tech-Firma bat die FCC um Geheimhaltung dieser interessanten Details. Was also experimentiert wird, wie das Geheimprojekt heißt und wozu die Experimente dienen, all das wurde gemeinerweise aus dem Dokument herauszensiert.

Das macht so keinen Spaß, Google | Bild: Screenshot FCC

Immerhin gibt es Details über die Anlage, die den Antrag nur noch mysteriöser machen. Aus den Dokumenten geht hervor, dass Google eine Funktechnik testen will, bei der Flugzeuge auf 7.620 Meter Höhe in der Luft schweben und sich mit mehreren erdgebundenen Stationen verbinden. Folgt man den in Längen- und Breitagraden angegebenen Koordinaten in der FCC-Bewerbung, gelangt man auch zu den Orten an denen Google die Tests durchführen will: Ein Indianerreservat namens Warm Springs und ein Casino in Oregon.

Insbesondere sticht im Dokument die 70-80 Gigahertz-Anlage ins Auge, die eine effektive Funkstrahlung von 96.411 Watt aufweist. Das ist nah am 100 Kilowatt-Transmitter, und das wiederum ist ziemlich riesig und entspräche den Anlagen der größten US-Radiostationen, die über die amerikanischen Weiten funken.

Der Unterschied: Radiostationen sind omnidirektional, während Google sich mit seinen Antennen auf einen ganz bestimmten Frequenzbereich konzentriert. Und das mit sehr viel Power, was die Experten auf Reddit besonders freut (und zu mittelguten Nerd-Wortspielen animiert):

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Nerdhumor mit Reddit: Immer wieder ein Erlebnis | Bild: Screenshot Reddit

Zusätzlich meldete Google eine experimentelle Stationskennung an (WI9XZE). Nach den Regeln der Internationalen Fernmelde-Union ITU dient diese zur Identifikation einer Funkstelle (so wie zum Beispiel beim US-amerikanischen Radiosender WNYU 89.1 FM). Wenn man dieses Rufzeichen in eine FCC-Datenbank für Funklizenzen eingibt, spuckt die Datenbank bislang jedoch kein Ergebnis aus.

Die Konzentration auf die Frequenzbereich 71-76 GHz und 81-86 GHz sehen Fachleute auf Reddit und in Amateurfunker-Foren als sicheres Indiz dafür, dass dieses Vorhaben mit Project Loon zu tun habe; ein Google-Projekt, dass mit Fesselballons am Rande der Atmoshäre Internetzugang auch in entlegende Ecken der Welt bringen möchte. Doch so ganz geht die schöne Theorie nicht auf: Die Loon-Ballons sollen auf einer Höhe von 18.288 bis 27.432 Meter schweben, also viel höher, als Google es für sein rätselhaftes neues Projekt nun plant.

Wir haben uns auf dem Spaceport America schon mal für unsere Doku zu Marsreisen umgesehen

Interessant in dem Dokument ist auch die folgende Stelle: Google will die 2.5 GHz-Frequenz nur zu Kommunikationszwecken benutzen und nicht für „flight-related activites". Damit fällt auch Project Titan raus, bei dem Google Drohnen zwar auf größerer Höhe fliegen ließ, allerdings wurde das Projekt schon längst von New Mexico nach Kalifornien geholt.

Klar ist, dass Google nie regional denkt, sondern es sich zum Ziel gesetzt hat, gleich den ganzen Globus mit seinen Diensten abzudecken.

Dazu gehört auch Project SkyBender—ein weiteres Alphabet-Programm, das von Beobachtern als wahrscheinlichste Lösung für das Antennenrätsel ins Feld geführt wird. Google ließ für Project SkyBender solarbetriebene Drohnen über der Wüste von New Mexico aufsteigen, um auszuprobieren, wie genau das Hochgeschwindigkeitsinternet auf die Erde geliefert werden könnte.

Im Zuge dieses Projekts errichtete die Firma—ebenfalls am Spaceport—sogenannte Transceiver, die mit den Web-Drohnen Kontakt halten können sowie ein eigenes Kontrollzentrum neben dem Terminal, von dem irgendwann mal Virgin Galactic-Raumschiffe sich in Richtung Orbit-Ferien aufschwingen sollen. Auch bei SkyBender wird Frequenztechnik eingesetzt: Hochfrequente Millimeter-Wellen können theoretisch Daten bis zu 40 mal schneller als der LTE-Standard übertragen.

Der Spaceport America, eine von US-Bundesstaat New Mexico geförderte Anlage nahe der Stadt mit dem schönen Namen Truth or Consequences, soll in naher Zukunft einmal zum Herz des Weltraumtourismus werden. Bislang wird er von den Firmen SpaceX und Virgin Galactic für Testflüge und schicke Promofotos genutzt. Und bald auch für Googles mysteriöses Funk-Sende-Dings.