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​Nach Scharapowas Doping-Geständnis: Nachfrage-Boom bei Nootropics-Händlern

Smart-Drugs-Fans wollen im Selbstversuch testen, ob Meldonium wirklich Konzentration und Performance verbessert.
Bild: Shutterstock.com

Das durchblutungsfördernde Medikament Meldonium, das zur Sperre der Profi-Tennisspielerin Maria Scharapowa geführt hat, erfreut sich in der Nootropics-Community und unter Fans von Smart Drugs seit den Schlagzeilen letzter Woche steigender Beliebtheit.

Vergangenen Montag hatte die russische Top-Athletin eingeräumt, dass sie positiv auf Meldonium getestet wurde, ein Mittel, welches sie schon seit zehn Jahren legal gegen eine Diabetes-Erkrankung einnahm. Dass es seit Januar auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) steht, will sie nicht gewusst haben.

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„In den letzten Tagen ist die Nachfrage nach Meldonium sehr stark angestiegen; alle wollen es haben", berichtet Ricardas Tarvydas, Betreiber der Website nootropics.eu, im Gespräch mit Motherboard.

Normalerweise verkauft Tarvydas pro Monat nur ein paar Packungen Meldonium (das auch als Mildronat bekannt ist); in den vergangenen 24 Stunden aber seien die Bestellungen auf 870 Boxen angestiegen. Einige der Kunden hätten sich bei ihren Bestellungen auch explizit auf Sharapova bezogen.

Der Doping-Fall Scharapowa scheint also nicht nur für die Karriere der bestbezahlten Tennisspielerin der Welt Folgen zu haben, sondern tangiert auch die Smart-Drugs-Anbieter, die sich häufig die Grauzonen und international unterschiedliche Gesetzgebung um die Substanzen zu Nutze machen. Bereits seit einigen Monaten stoßen die sogenannten „Nootronauts"—also diejenigen, die mit Nootropics experimentieren, um ihre kognitive Leistungsfähigkeit zu optimieren—auf immer mehr Interesse, vor allem weil in vielen Fällen fundierte wissenschaftliche Studien zu Wirkung, Gefährlichkeit und Suchtpotential der Substanzen fehlen.

Nur wenige Stunden nach Scharapowas Fernseh-Geständnis in Los Angeles entwickelte sich unter dem Subreddit r/nootropics eine Diskussion darüber, ob Meldonium auch für „nootropische Zwecke" genutzt werden könnte, also um statt der sportlichen die geistige Leistungsfähigkeit zu steigern.

Viele Redditor sehen das Potential von Meldonium als Smart Drug skeptisch; andere wiederum glauben durchaus an die Möglichkeit einer Performance-Steigerung und berichten von eigenen Erfahrungen, bei denen die Substanz ihre grauen Zellen stimuliert haben solle.

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„Ich habe Mildronat genommen. Mir hat es gefallen. Da das aber schon einer Weile her war, kann ich euch nicht so genau sagen, wie es bei mir gewirkt hatte", schreibt beispielsweise der Redditor rmcfar11. „Es wurde sicherlich nicht ohne Grund von der WADA gelistet, daher bin ich mir ziemlich sicher, dass es für irgendetwas sehr gut ist lol."

Bild: Mildronat.

Zwar ist die Substanz, die in Lettland hergestellt wird, keine Neuheit auf dem Nootropic-Markt, dennoch konnte man bis vor kurzem nur einige wenige Einträge zu den Stichworten „Meldonium" und „Mildronat" im r/nootropics Subreddit finden. Ursprünglich soll das Medikament bei Erkrankungen des Herzkreislaufsystems helfen, es ermöglicht höhere Belastungen und eine schnellere Regeneration—daher wahrscheinlich auch die Entscheidung der WADA, es seit Anfang des Jahres auf die Doping-Liste zu setzen.

Die möglicherweise nootropischen Eigenschaften wurden dem Mittel in einem 2013 veröffentlichten Forschungspaper zugeschrieben, welches unter anderem vom Meldonium-Erfinder, Ivars Kalvins vom Lettischen Institut für Organische Synthese, verfasst wurde. Laut der Studie kann „Meldonium die Lernfähigkeit und das Erinnerungsvermögen" stimulieren und „neurologische Krankheiten, vor allem die, die mit neurodegenerativen Erkrankungen und einer Verschlechterung der kognitiven Funktionen in Zusammenhang stehen, heilen und behandeln."

In verschiedenen osteuropäischen Ländern wird das Medikament rezeptfrei verkauft, in anderen Ländern aber ist es größtenteils unmöglich, an das Mittel heranzukommen. In den letzten Jahren ist das Thema ab und zu auch in Foren aufgetaucht, die nichts mit Nootropics zu tun hatten, und online kann man es schon seit längerem bei Nootropics-Händlern wie Tarvydas bestellen. Doch Tarvydas sagte, dass erst die Scharapowa-Sperre von letzter Woche für ein Maß an Aufmerksamkeit gesorgt hat, das es jetzt zum Mode-Dopingmittel werden lässt.

„Ich musste mehr Leute einstellen, da ich momentan mit den Bestellungen alleine nicht mehr hinterherkommen würde. Und es werden immer mehr: Aus den USA, Schweden, Dänemark und Großbritannien gehen immer mehr Bestellungen bei uns ein."

Tarvydas sagte auch, dass er selbst schon mal Meldonium eingenommen hätte; laut seinen Angaben habe es seine Ausdauer beim Training verbessert, seine Konzentrationsfähigkeit gesteigert und er konnte ganz „ohne müde zu werden" arbeiten.

Der russische Nootropics-Händler RUPharma unterstreicht Tarvydas' Aussagen. „In den vergangenen zwölf Monaten haben wir weltweit ungefähr 1.300 Packungen Mildronat verkauft. Davon wurden 450 Packungen in den drei Tagen nach Sharapovas Bekenntnis verkauft", schrieb Unternehmenssprecher Alexei Adolshin in einer Email an Motherboard. „Das Mildronat hat sich in kürzester Zeit definitiv den Spitznamen ‚Scharapowat' verdient."

Es ist offenkundig schwierig, unter den Kunden zwischen Möchtegern-Athleten und denjenigen zu unterscheiden, die sich eher nach der vermeintlich kognitionssteigernden Wirkung des Medikaments sehnen. So oder so sieht es aber ganz danach aus, als hätte die Scharapowa-Affäre einige unerwartete Nebenwirkungen.