FYI.

This story is over 5 years old.

mia wärn gern der fcb

Die CSU und der FCB: Eine heiße und innige Liebe—in eine Richtung

Darf eine CSU-Abgeordnete ein Bayern-Trikot im Bundestag tragen? Oder auch: Wie viel Speichelleckerei der CSU gegenüber Bayern München bedarf es noch, bevor es peinlich wird?
Foto: Screenshot Twitter/@DoroBaer

Für den Begriff „natürliche Verbündete" gibt es keine Definition. Er ist ein nebulöser Ausdruck für das Gefühl, wenn zwei Parteien für das Gleiche stehen und dieselben Ziele verfolgen. Es ist kein Geheimnis, dass die CSU in FC Bayern München seinen natürlichen Verbündeten sieht. Von CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer stammt der Satz: „Wenn es dem FC Bayern gut geht, dann geht es auch der CSU gut." Auch wenn sich mir als Wähler in einem demokratischen Repräsentantensystem diese Logik nicht ganz erschließt, zeigt sie doch Folgendes: Die CSU wäre gerne wie der FC Bayern. Der Platzhirsch im Konzert der Großen, gefürchtet und gleichzeitig beneidet um seine Kompromisslosigkeit—dabei aber immer die christliche Güte im Blick. Die Bayern leben nach dem Leitsatz „Mia san Mia", einen Spruch, den die CSU gerne adaptiert hätte.

Anzeige

Doch die Christsozialen sind keine Erfolgsfans, wie es vielen Bayern-Fans nachgesagt wird. Auch nach einer Niederlage muss man zu seinem Verein stehen. Und so präsentierte sich die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär einen Tag nach der 0:3-Klatsche in Barcelona mit Bayern-Trikot im Bundestag.

@fcblogin @DoroBaer @FCB_TopNews @MaxBreitner @MeindlFCB @drumheadberlin pic.twitter.com/GVUALLqiUt
— Florian Hahn (@hahnflo) 7. Mai 2015

Offensichtlich fühlte sich der Pfälzer Linken-Politiker Alexander Ulrich herausgefordert und beschwerte sich beim Bundespräsidium wegen Verstoßes gegen die Kleiderordnung. Es ginge ihm dabei nicht um den Verein, sondern um die Telekom-Werbung auf dem Trikot, gab er als Begründung an. Das kann man durchaus anzweifeln. Denn Ulrich ist leidenschaftlicher Anhänger des 1. FC Kaiserslautern, ein alter Rivale der Bayern. In einem Interview erzählt er: „Als Kind wollte ich Profi-Fußballer werden. Ich hatte jahrelang eine Dauerkarte des 1. FC Kaiserslautern und wollte wie Briegel, Brehme, Wuttke sein."

Weil es also für den Profi-Fußball nicht gereicht hat, fährt Ulrich die Blutgrätsche über den parlamentarischen Rechtsweg aus. Damit hat er sich—Achtung: noch eine Fußballmetapher—ein echtes Eigentor geschossen. Selbst der Linken scheint dieses Verhalten peinlich zu sein. Zu spät, der Fall soll bei der nächsten Sitzung des Ältestenrates besprochen werden. Die sind unter anderem dafür zuständig, dass Kabbeleien unter Abgeordneten aus der Welt geschafft werden. Bis dahin wird das Thema allerdings öffentlichkeitswirksam ausgeschlachtet. Selbst Bayern-Mediendirektor Markus Hörwick kommentierte auf einer Pressekonferenz: „Die Linke kritisiert alles."

Anzeige

Am meisten freute sich natürlich Dorothee Bär über die Aufmerksamkeit und sorgte dafür, dass sie im Gespräch blieb. Auf Twitter bezeichnete sie ihre Kollegen von der Linken als Spießer und Kleingeister. Sie retweetete alles zum Thema #trikotgate und änderte ihr Titelbild ins pixelige CSU-babyblau:

Es würde nicht wundern, wenn sie in der nächsten parlamentarischen Sitzung im „COMME des FUCKDOWN"-Beanie dasitzt. Irgendwer muss ja die Jungwähler einfangen. Und auch in Bayern weiß man, dass das nur durch provokantes Auffallen geht. Die 36-Jährige saß bereits auf der Abgeordnetenbank im züchtigen Dirndl. Jetzt also im Bayern-Trikot. Eng anliegender Stoff produziert halt immer noch bessere Bilder als langweilige Podiumsreden.

Gehilfe in diesem christlich-sozialen PR-Coup war der CSU-Abgeordnete Florian Hahn, der das Foto von DoroBaer im Bayern-Dress tweetete. Hahn ist eigentlich Außen- und Sicherheitspolitischer Sprecher der CSU im Bundestag, wenn man aber ehrlich ist, hauptberuflich Bayern-Fan. Im November gründete er die „Berliner Fraktion", einen überparteilichen Bayern-Fanclub für Parlamentarier, in dem allerdings hauptsächlich Unions-Politiker Mitglied sind. Zu der Gründung kam sogar der ehemalige Maoist Paul Breiter, um der Fraktion seinen Segen zu geben. Die Bayern haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie gute Verbindungen zur CSU pflegen. Wieso sollten sie auch nicht? Wenn sie doch nur Vorteile aus einer solchen Beziehung ziehen. Der ehemalige bayrische Finanzminister Ludwig Huber hat im Hinblick auf Steuertricks mit der Schweiz zu Franz Beckenbauer gesagt: „Franz, wenn was ist, nur melden."

3:0 mein Tipp! #FCBFCP @larsklingbeil @DJanecek @DoroBaer @Rhodan59 @MaxBreitner @fcblogin @FCBayern @FCB_TopNews pic.twitter.com/hWf4VyDfwZ
— Florian Hahn (@hahnflo) 21. April 2015

Bei all der Liebe, die die CSU dem FCB schenkt, sollte sie allerdings aufpassen, dass sie nicht blind wird. Man könnte sich verletzlich machen. Wie zum Beispiel damals, als sich Uli Hoeneß für einen SPD-Kandidaten als Oberbürgermeister von München aussprach. Vielleicht versucht man es stattdessen mal mit eigenen Inhalten, statt sich im Glanz eines Fußballvereins zu sonnen.

Folgt Toni bei Twitter: @sopranovic