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Noisey Blog

Wieso Basels Nachtleben das Beste der Schweiz ist

Nordstern, Hinterhof und Fasnacht: Wir Basler können besser feiern als alle anderen.
Teaserbild: Dominik Asche, zvg

Grundsätzlich bin ich kein grosser Fan von Patriotismus. Ein gesund dosierter Lokalpatriotismus darf aber ab und an sein und so ist das bei mir mit Basel. Besonders hoch schlägt da mein "Kantönligeist" im Nachtleben. Ich bin in Basel geboren und aufgewachsen,  wusel mich also logischerweise nun schon einige Jahre durchs Basler Nachtleben und fühle mich in der Partykultur der Stadt am Rhein auch sichtlich wohl. Zürich hat sicherlich viel zu bieten, unumstritten. Doch hat der Vibe und die Einstellung in Basel den eindeutig grösseren Charme. Und dies schätze ich sehr an meiner Heimatstadt. Hier 11 Gründe wieso ich das Basler Nachtleben besonders liebe.

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Take it easy

Das Basler Nachtleben ist unkompliziert. Stundenlanges Anstehen und Probleme an der Türe erlebst du hier wirklich nur ganz selten. Ausser dein Alkoholpegel lässt dich wie ein frischgeborenes Reh auf den Beinen stehen, du bist 12 Jahre alt oder beleidigst den Türsteher. Gästelisteplätze nur bis zu einer gewissen Uhrzeit oder kleidungstechnische Selektion gibt es bei uns nicht. Masslos überfüllte Clubs kennen wir ebenfalls nicht, was das Ausgehen sichtlich entspannter macht. Vom Sehen-und-gesehen-Werden halten wir nicht wirklich viel. Ob du nun in abgeranzten Trainerhosen oder im Cocktailkleid erscheinst, interessiert niemanden. Ich bin an einem kränklichen Sonntag in Spongebob-Plüschpyjama-Hosen zur Party erschienen, und glaube mir, es war allen so egal. Du musst, um an eine Technoparty zu gehen, nicht auf Berghain-Hipster machen. Come as you are. Das Feiern ist so, wie es sein sollte: locker, entspannt und offen.

Wir brauchen keine Szene, um cool zu sein

Natürlich haben wir in einem gewissem Masse eine Szene. Vor allem eine ausgeprägte Alternative. Doch ist Basel schlichtweg zu klein, um wirklich "Szene-Kids" hervorzubringen. Basler haben grundsätzlich eine Laissez-faire-Einstellung und wenn du sympathisch drauf bist, spielt alles andere keine grosse Rolle. Ob du dann an jeder Technoparty einen Ehrenplatz auf der Gästeliste hast, deine Freizeit in besetzten Häusern verbringst oder dich grundsätzlich lieber vom Nachtleben fernzuhalten versuchst, ist nicht relevant. Diese ganze Cervelatprominenz, wie es sie in Zürich gibt und dort einige meiner in Zürich wohnhaften Freunde nervt, existiert bei uns schlichtweg nicht. Trotzdem machen sehr viele nebenbei noch etwas im kreativen Bereich. Nur ist man damit eher bodenständig, anstatt sich zu profilieren. Auf konkrete Style-Gruppierungen wird geschissen. In Basel war es schon immer cool uncool zu sein. Die Don't-care-Manier macht uns alle wiederum cool. Denn anstatt sich in abgeschotteten Gruppen selbst zu zelebrieren, chillen wir lieber alle miteinander.

Foto: Ann Mayer, Instagram, zvg

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Wir sind eine Grossstadt mit Dorfcharakter

Zugegeben, der Satz könnte so auf der offiziellen Basel Tourismus-Seite stehen. Und der Satz widerspricht sich irgendwie schon in sich; zumal, wenn wir ganz ehrlich sind, nicht einmal Zürich im Vergleich zu den Metropolen dieser Welt als Grossstadt bezeichnet werden kann. Schlussendlich kennt jeder irgendwen, den auch der Gesprächspartner kennt. "Ah waas sicher nit, ihr kennet euch?" und "Das isch doch eifach e riese Dorf" höre ich mich ständig sagen. Trotzdem ist Basel gross genug und vielfältig, dass du ständig auf neue Leute triffst. Der Vorteil an diesem familiären Flair ist dieses Geborgenheitsgefühl. Du kannst locker alleine losgehen, um dann auf irgendwelche Bekannte zu treffen, mit denen du weiterziehen kannst.

Dein bester Freund, das Velo

Zu Fuss kommst du problemlos von Club zu Club. Und solange du nicht irgendwo in der Agglo wohnst, bist du mit einem frühmorgendlichen Ausnüchterungsspaziergang auch ziemlich schnell zu Hause. Grundsätzlich ist aber der beste Freund der Nacht dein Fahrrad. Dieses bringt dich nämlich nicht nur am Tag flexibel und schnell von A nach B, sondern ist eben auch dein treuer Wegbegleiter, wenn du in der Nacht von Club zu Club tingelst. Hast du ein Fahrrad, ist das Taxi überflüssig. Ausser dein Rauschzustand erreicht ein Ausmass, welches alle deine motorischen Aktivitäten zurück auf die Stufe eines Säuglings setzt. Sowieso eignest du dir als armer und mittelloser Student aber die Eigenschaft an, auch im grössten Rausch irgendwie noch souverän nach Hause zu radeln. Die kurzen Distanzen machen es ausserdem möglich, in einer Nacht ohne grosse Odyssee mehrere Orte zu besuchen. Egal ob du eine Tour durch die Kleinbasler Barwelt vorhast oder vom Elysia lieber ins Provisorium wechselst, welches genau in der entgegengesetzten Richtung liegt.

Und was sagt Mr. Budget dazu?

Das Feiern in Basel ist nicht nur unkompliziert und heimelig, sondern wird dich finanziell auch nicht in den Ruin treiben. Wenn du dich eine Weile im Nachtleben umhertreibst, nicht gerade das grösste Arschloch aller Zeiten bist und einige Veranstalter und Barkeeper kennst, kommst du echt günstig aus dem Schneider. Irgendwo wird es nämlich immer eine Party geben, von einem befreundeten DJ, Veranstalter oder Musiker. An der Bar springt vielleicht auch ab und an ein Freibier raus. Doch auch wenn du dich zu wenig oft im Nachtleben umhertreibst, oder eben das grösste Arschloch aller Zeiten bist, wirst du reichlich Orte zum fortgehen finden, die dich nicht dazu bringen, dich drei Wochen von Dosenravioli ernähren zu müssen, weil der Clubeintritt und die Getränke die Hälfte deines Lohnes kosten. Als kleines Beispiel: In der besetzten Schwarzen Erle, der Off Bar, der Renee Bar oder dem Podium musst du sehr wenig bis gar kein Geld für den Eintritt zahlen.

Foto: Ann Mayer, Instagram, zvg

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Wir haben Kanalisationsraves

Ich habe es schon vorhin erwähnt: Wir brauchen keine Szene, um cool zu sein. Trotzdem haben wir aber eine grosse und vor allem engagierte alternative Szene. Diese bemüht sich regelmässig um Partys ohne Konsumzwang, sowie Anspruch auf die rege Nutzung des öffentlichen Raumes. Im Sommer kannst du darum praktisch jede Woche eine fette illegale Party besuchen. Der wohl speziellste Rave unter den Basler Undergroundpartys ist der im Hohlraum der Kanalisation. Schon alleine die Musikanlage dort hinunter zu manövrieren verdient ganz viele Credits. Auch wenn die Polizei diese Nachtaktionen oft weniger lustig findet und eine harmlose Outdoorparty schnell einmal mit einer bedrohlichen, unbewilligten Demo gleichstellt und in Vollmontur einkesselt, lassen sie sich nicht unterkriegen und schmeissen weiter unvergessliche Partynächte.

Wir sind engagierte Köpfe

Für solche Partys braucht es junge, kreative Köpfe, die etwas bewegen wollen. Und davon hat Basel reichlich viele. Nicht nur haben wir engagierte junge Menschen, die sich im öffentlichen Raum einsetzen, sondern auch motivierte junge Leute, die innovative Partys starten. Da wird dann auch mal ohne Schuhe auf einem Clubboden, welcher komplett mit Teppichen ausgestattet ist, getanzt. Mit dem Jugendkulturfestival, das alle zwei Jahre stattfindet, und dem Imagine, das Festival gegen Rassismus, haben wir zwei grosse Open-Air-Veranstaltungen mitten auf dem Barfüsserplatz, die jungen Menschen eine Bühne bieten und auch reichlich internationale Acts an Land ziehen. Natürlich alles umsonst.

Mr. TillT und Herr Hummus im Sommercasino(Foto: Dominik Asche, zvg)

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Internationale Acts und lokale Helden

Verhältnismässig zur Stadtfläche hat Basel eine sehr ausgeprägte und vielfältige Nachtkultur. Wochenende für Wochenende kannst du dir zu renommierten nationalen und internationalen Acts die Füsse wundtanzen. Von grandiosen Line-ups im Nordstern, Elysia oder dem Hinterhof über fette HipHop-Partys in der Kaschemme oder der Kaserne, bis zu Kellerpartys im Hirscheneck oder WGs, die ihre Partykeller öffentlich machen; egal wie deine Nacht auch anfängt und was ursprünglich einmal deine Pläne gewesen waren, alle Wege führen ins Podium, wo sich der rastlose, feierwütige Rest der Stadt versammelt, um mit viel Ankerbier zu guter und manchmal minder guter Musik das Leben zu zelebrieren.

Foto: Dominik Asche, zvg

Morgestraich! Vorwärts! Marsch!

Wir haben die beste Fasnacht der Schweiz und nein, Luzern, darüber lässt sich nicht streiten. Sorry for not being sorry! Die Basler Fasnacht polarisiert und spaltet die Gemüter. Manche freuen sich das ganze Jahr auf die "drey scheenste Däg", andere verschwinden genau dann zu ihrem jährlichen Skiurlaub. Klar, Guggenmusik, Piccolo und ein Nacken vollgestopft mit "Räppli"—was Nicht-Basler als Konfetti bezeichnen würden—ist nicht jedermanns Sache. Jedoch scheint mir das Fasnachtsbashing eine neue Trenderscheinung, die ich überhaupt nicht verstehe. Was gibt es Schöneres, als drei Tage dauerbetrunken Menschen mit Räppli zu stopfen, in Cliquenkellern abzuhängen und mit "Däfeli" (Zältli) um sich zu schmeissen? Alle sind betrunken und alle lieben sich. Rechts, links, Ursprung, alles egal. Alles one Love. Wenigstens bis zum Katermorgen, welcher nach den drei schönsten Tagen, wahrscheinlich den schlimmsten Tag überhaupt einläutet. Wir haben also eine Scheinutopie von drei Tagen, in der die Stadt zum besoffenen Harmonieparadies wird. Kommt noch dazu, dass die Feierkulanz der Stadt zudem rege ausgenutzt wird, um an diesen drei Tagen auch unzählige gute Partys abseits der Guggenmusik und primitiven Schlagerfeiern zu schmeissen. Nicht zu vergessen natürlich die jährliche Kanalisations-Party, die in dieser Woche stattfindet.

Fasnacht ist Liebe. (Foto der Autorin)

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Wir haben einen Hafen

Der Basler Hafen ist in den letzten Jahren zur Festung der alternativen Bar- und Ausgehkultur mutiert. An der Uferstrasse stehen unzählige Palettenüberdachungen, in denen du verweilen kannst. Im Sommer ist der Hafen rege belebt. An der Landestelle kannst du gutes Essen geniessen und den Schiffen bei der Durchfahrt zuschauen, in der Patschifig guten Katerschmaus brunchen oder dir bei der Marina Bar einen Kaffee gönnen. Am Wochenende kannst du auf der Sommerresidenz an frischer Luft tanzen oder einem Konzert auf dem Wagenplatz lauschen. Entlang der Uferstrasse finden hier im Sommer—aber auch ab und an im Winter—Partys statt.

Foto: Patschifig, Facebook

Wir haben die bessere Strassenparade

Unser Pendant zur Street Parade sind das Beat on the Street und die Jungle Street Groove, welche in Abwechslung jährlich stattfinden. Während du dich an der Zürcher Street Parade durch ausartend grosse Menschenmassen kämpfen musst, um dann wie eine Sardelle in der Konservendose zu versuchen, bei 30 Grad im Schatten Spass zu haben, während du schweissige, in neonfarben gehüllte, Oberkörper im Gesicht hast und von allen Seiten von Krankenschwestern und Polizistinnen mit ihren Ellbogen weggedrückt wirst, sind unsere beiden Veranstaltungen wesentlich sympathischer und angenehmer. Die Paraden, welche sich vom Theodorsgraben im Kleinbasel über den ganzen unteren Rheinweg bis zur Uferstrasse auf dem Hafenareal entlangziehen, geben einem wirklich noch Platz zum Tanzen und wenn dir das heisse Sommerwetter auf den Kopf schlägt, springst du einfach zur Abkühlung ins Wasser, treibst ein Stück mit, um dann wieder am Umzug anzusetzen. Anstatt ein Vermögen auszugeben, um auf einem der Wagen euphorisch den anderen Paradeteilnehmern entgegenzuwinken, kannst du bei nettem Fragen ein Stück oben mittanzen. Es wirft sich auch niemand in Strohhüte, Neonfarben oder Polizei- und Krankenschwester-Kostüme und die Afterpartys sind bezahlbar.

Schlussendlich tickt Basel einfach anders. Durch die Grenzen zu Deutschland und Frankreich sind wir noch mehr multikulti und haben ein einzigartiges Miteinander. Auch viele Nicht-Basler, mit denen ich gesprochen habe, haben diesen entspannten Vibe festgestellt. Wenn du noch nie in Basel feiern warst, dann rate ich dir, dies unbedingt mal zu nachzuholen—frühmorgens mit den ersten Sonnenstrahlen über dem Rhein zu fahren und im Hirscheneck zu brunchen. Dann verstehst du, was ich meine. Megaherz für Basels Nachtleben!