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Landwirtschaft

Vom Samen zum Speck: Wie Ferkel entstehen (und wie man damit Geld verdient)

Ich war neugierig, wie die künstliche Befruchtung auf Bauernhöfen abläuft und sprach deshalb mit einem Typen, der Schweinen einen runterholt und das Sperma weiterverkauft.

Sperma ist in der Fleischindustrie ein großes Geschäft. Leider ist das da auf deinem Teller nicht das romantische Produkt zweier Tiere, und es ist auch kein Beispiel für das Überleben des Stärkeren: Absamen ist ein Job. Ich sprach mit einem Schweinebauer, der sein täglich Brot mit den Samen von Schweinen verdient.

Während einer ganz normalen Mittagspause während meines Viehzucht-Studiums bekam ich einen Flyer in die Hand gedrückt, der für einen monatliches Gewinnspiel basierend auf einer Studie über Kühe. In diesem Monat waren die Preise ein Laptop oder „Stiersperma 34XB7." Ich gewann zwar nicht, aber das Interesse für diese Welt hatte mich gepackt.

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Das Jahr darauf machte ich ein Praktikum auf einer Sauenfarm in der Nähe von Den Bosch, einer Gegend in den Niederlanden mit extrem vielen Schweinefarmen. Es dauerte eine Weile, bis ich einen Schweinebauern fand, der verrückt genug war, eine vegetarische Praktikantin für die Arbeit auf einer industriellen Farm aufzunehmen. Schließlich hatte ich Erfolg und lernte eine wahnsinnig nette Familie kennen, die mir sogar Veggie-Burger kaufte.

Der Plan war, dass ich tagsüber arbeite, aber auf dem Bauernhof lebe. Im ersten Interview setzte ich gleich Grenzen: „Ich werden keinem Babyschwein die Eier abreißen, keine Schwänze verbrennen und ich werden kein langsam wachsendes Ferkel mit einem Ziegelstein ins Jenseits befördern." Der Bauer stimme zu. „Solange du keine hitzigen Diskussion im Stall anzettelst und sonst alles machst, ist das in Ordnung", sagte er zu mir. Wir hatten einen Deal.

Am Morgen nach dem Frühstück war ich meistens um 8:00 Uhr im Stall. Als erstes überprüfte ich, ob der Lufterfrischer an war. Mit 300 Säuen an einem Ort wird das Ammoniak ansonsten unerträglich. Dann drehte ich meine Runden, um Scheiße, Plazentas und tote Ferkel wegzuschaffen und anschließend fütterte ich den Säuen ihr sojareiches Frühstück.

Eines Tages sagte die Frau vom Bauernhof zu mir: „Heute werden wir künstlich befruchten. Ich erkläre es dir ein Mal, damit du es am Nachmittag eigenständig machen kannst, weil ich ein Meeting habe. Das Sperma ist im Postkasten." Und bald schon hatte ichPlastikbeutel mit massenhaft Schweinesperma in der Hand.

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Das Radio war an, aber die Säue waren still. Sie standen in Metallboxen und streckten mir ihre Hintern ins Gesicht. Die Befruchtung konnte losgehen.

Ich nahm die erste Ladung Sperma und fing an, den Säuen auf den Hintern zu klopfen. Dadurch denken sie, der Eber besteigt sie gleich und sie machen sich mit weit geöffneter Vagina auf das gefasst, was sie gleich erwartet. Ich stopfte ihnen das Röhrchen so weit hinein, wie es nur ging (was gar nicht so einfach ist, weil die Vagina einer Sau recht uneben ist). Die Vagina schaffte eine Art Vakuum und dadurch wurde der Beutel leergesaugt. Dann musste ich den Beutel an ein Seil hängen. Das befand sich ungefähr 30 cm über mir und nach einer oder sechs Sauen, wurde das zu einer ziemlich unangenehmen Erfahrung.

Kennt ihr das, wenn ihr die Fenster putzt und Wasser auf eure Unterarme und euer T-Shirt tropft? Das war ungefähr das Gleiche, nur mit Schweinesamen.

Seit dem Praktikum auf dem Bauernhof fragte ich mich, woher dieses ganze Sperma eigentlich kommt. Um noch weiter in die Welt der Tierwichse einzutauchen, rief ich Paul an. Schweinesamen bedeuten für den 43-jährigen Schweinezüchter aus Brabant Essen auf dem Tisch.

Paul lebt mit seiner Familie und seinen Ebern auf einem großen Stück Land in der Provinz Nordbrabant im Süden der Niederlande. Rechts der Einfahrt steht ein wunderschönes altes Bauernhaus, links befindet sich ein großer Stall für die Eber. Pauls Zuchtbetrieb ist eine Besamungsstation oder eine „genetische Brutstätte", wie er ihn nennt.

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Pauls Bauernhof

Nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung gründete Paul seinen eigenen Betrieb und nach der Schweinepest 1997 startete er mit der Besamung. Gemeinsam mit seiner Frau Jacqueline, die für administrative Aufgaben sowie die vier Angestellten zuständig ist, betreibt er seine Station nun seit 15 Jahren. Paul empfing mich im Konferenzraum seines Büros, der mit Kühlschränken, Metalltischen und anderem Equipment ausgestattet war. Wir tranken Kaffee und unterhielten uns wunderbar über landwirtschaftliche Themen.

MUNCHIES: Hallo, Paul. Erzähl doch mal, wie die Schweinezucht zu dem wurde, was sie heute ist. Warum können Schweine nicht einfach auf natürliche Art Liebe machen? Paul: Das ist ganz einfach. Die künstliche Befruchtung entstand, um die Übertragung von Geschlechtskrankheiten zwischen Ebern und Säuen zu verhindern. Wenn man ein paar Eber auf einer großen Sauenfarm herumlaufen lässt, würde das gleiche Ergebnis dabei rauskommen. Aber wenn einer von ihnen eine sexuell übertragbare Krankheit hat, kann er all die anderen Schweine anstecken.

Sind sexuell übertragbare Krankheiten unter Schweinen ein großes Problem? Ja, man muss nur an „Schweinechlamydien" denken. Aus diesem Grund wurde für jede Art eine andere Zuchtmethode entwickelt—für Pferde, Hühner, Hasen. Dadurch wird das Züchten sehr viel effizienter und wir können Eber mit besseren Eigenschaften auswählen, was wiederum für gesünderen Nachwuchs und folglich besseren Speck und besseres Fleisch sorgt. Ein durchschnittlicher Eber in unserem Betrieb produziert Sperma für 10.000 Ferkel pro Jahr für unsere Kunden, die sich hauptsächlich im Süden der Niederlande befinden.

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Kürzlich habe ich einen Film über neue Techniken, um Säue zu stimulieren, damit sie noch mehr Ferkel gebären, gesehen. Wie stimulierst du deine Eber? Wir verwenden künstliche Säue mit dem Geruch anderer Eber. Wenn die Eber das riechen, werden sie ganz aufgeregt. So funktioniert das auch in der Natur. Das war's eigentlich.

Wie genau funktioniert die Absamung? Wir haben, wie gesagt, künstliche Säue und sammeln das Sperma händisch. Die künstliche Sau lässt sich mit einem Sofa vergleichen. Mit Filz und Leder machen wir sie für den Eber schön gemütlich.

Hat die künstliche Sau eine …. Öffnung? Nein, nein. Es ist einfach nur ein robuster Metallrahmen, weil der Eber mit seinen Stoßzähnen das ganze Ding auseinander nehmen kann. Also befestigen wir es mit Seilen. Wenn der Penis des Ebers langsam hart wird, sind unsere Angestellten schon bereit und sitzen mit Latexhandschuhen auf einem kleinen Stuhl. Wenn der Eber am Höhepunkt angekommen ist, ejakuliert er in unsere Hände. (Paul macht mit seiner Hand eine Faust mit einem Loch zwischen dem Zeigefinger und dem Daumen, um es zu demonstrieren). Der Eber braucht für eine durchschnittliche Menge von 200 bis 300 Milliliter pro Session ungefähr vier bis fünf Minuten.

Das sind die Eber. Pauls Mitarbeiter holen ihnen ein Mal pro Woche einen runter.

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Das sind die Eber. Pauls Mitarbeiter holen ihnen ein Mal pro Woche einen runter.

Dann hat der Mitarbeiter einen Beutel voller Sperma. Und dann? Nein, keinen Beutel. Wir fangen es mit Milchshake-Bechern auf, weil wir gerne mit wegwerfbaren Materialien arbeiten, um die Kreuzkontamination zu vermeiden. Im Labor überprüfen wir das frische Sperma unter einem Mikroskop auf die Beweglichkeit der Spermien, die Zahl der Spermienzellen und die Qualität des Spermas. Wir arbeiten nur mit frischen Samen. Unsere Kunden müssen sie innerhalb von vier oder fünf Tagen aufbrauchen, sonst sterben sie ab. Wir müssen uns also beeilen, das Produkt an den Kunden zu bringen. Anders als bei Rindern kann man es nicht einfrieren. Der Computer berechnet dann, wie viele Dosen wir aus einer Ladung machen können. Wenn wir ein Ejakulat mit 250 g haben, kommt es in eine Art Verdünnungsbad mit fünf Litern entmineralisiertem Wasser und Chemikalien, um die Spermien am Leben zu halten. Daraus machen wir Dosen zu jeweils 80 cm³, die unsere Kunden für die Besamung einer Sau verwenden.

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Das ist das Schweinesperma, von Hand gesammelt und auf 80 cm³ verdünnt.

Ich könnte mir vorstellen, dass—mal vielleicht abgesehen von ein paar Weirdos, die auf Sodomie stehen—keiner gerne Tieren einen runterholt. Wieso sammelt ihr das Sperma nicht maschinell? Maschinelle Techniken sind zur Zeit in der Entwicklung. Ein durchschnittlicher Angestellter kann bei uns das Sperma von fünf Ebern pro Stunde sammeln. Mittlerweile gibt es „Melkmaschinen", die das Gleiche machen. Man braucht also seine Hände nicht mehr dazu, aber sie verwenden trotzdem eine Art künstliche Vagina. Mit so einer Maschine könnte man 10 Eber pro Stunde schaffen, aber man braucht trotzdem zwei Angestellte, um die Eber in die Maschine zu bekommen und so weiter. Eine solche „Melkmaschine" ist eine riesige Investition und mit unserer Methode haben wir den gleichen Output wie mit einer teuren Maschine. Momentan ist das finanziell für uns einfach nicht attraktiv. Vielleicht in der Zukunft, wenn die Preise solcher Maschinen niedriger werden.

Während meines Praktikums vor ein paar Jahren befruchtete ich sehr viele Säue. Ich erinnere mich daran, dass das Sperma in einem Kühler geliefert wurde. Ist das kalte Sperma für die Säue nicht ein bisschen unangenehm? Wir haben Kuriere mit Kühlern im Auto, wo das Sperma auf 17°C temperiert wird. Diese Temperatur ist notwendig, damit sich die Spermien entspannen. Wenn die Samen bei 30°C verdünnt werden, verlieren sie ihre Ausdauer. Wenn wir sie bei dieser Temperatur aufbewahren würden, wären die meisten nach einem halben Tag tot. Im Uterus der Sau wird das Sperma wieder aufgewärmt und dadurch wieder aktiv. Dann findet die Empfängnis statt.

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Das ist Pauls Besucherraum. Er kann auch für Familienausflüge, Partys oder Meetings gemietet werden, inklusive Blick auf die Eber, die im Stall „gemelkt" werden.

Vom Sperma zum Fleisch—jetzt kennst du dich aus.