Mit den Staatsgeldern für die Hypo-Alpe-Adria könnte man eine ganze Stadt bauen

Foto zur Verfügung gestellt von Lukas Zeilbauer

Wenn ihr schon mal eure letzten 190 Euro beim Fortgehen ausgegeben habt, anstatt damit eure Rechnungen zu bezahlen, ist euch das Prinzip des sinnlosen Geldverschwendens vermutlich schon ein Begriff. Wenn ihr jetzt noch acht Nullen an die 190 Euro dranhängt, dann bekommt ihr die unglaublich absurde Summe von 19 Milliarden Euro, was den Staatskosten des Hypo-Alpe-Adria-Fiaskos entspricht. Weil wir aber generell kein Gefühl dafür haben, wie viel 19 Milliarden Euro sind (auch in Wertgegenstände umgerechnet nicht), hat ein Team von Studenten der TU Wien im Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes eine fiktive Modellstadt geplant, die dieses Mega-Budget einsetzt und veranschaulicht, was mit einer derartigen Menge Kohle alles möglich ist.

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Die Idee hinter dem Projekt ist simpel: Eine abstrakte Summe für jeden greifbar machen, um so einen Diskurs anzuregen. Seit Anfang Mai hat das mittlerweile 38-köpfige Team seine Zeit damit verbracht, eine wirschaflich, infrastrukturell und sozial funktionsfähige Stadt zu planen. Das fiktive „Hypotopia“ befindet sich dabei nahe am Zentrum des Übels, nämlich direkt beim Firmensitz der Hypo-Alpe-Adria in Kärnten, wofür man sich auch an Grundstückspreise von Klagenfurt zur Planung orientiert hat.

Selten haben Studenten verschiedener Fachrichtungen die Chance, bei einem Projekt wie diesem ihre gemeinsamen Gedanken, Wünsche und Vorstellunen unter einen Hut zu bringen. So will man die Stadt-Utopie nicht nur nur als Maßstab für verrückte Geldsummen heranziehen, sondern auch ein zukunftsorientiertes und lebenswertes Stadtmodell schaffen, bei dem die Menschen auch merken, dass sie Teil einer Stadt sind, die sich individuellen Wünschen und Bedürfnissen anpasst.

Weil für ein Unterfangen dieser Art jede Menge Menschen, Energie, Zigaretten und Kaffee benötigt werden, habe ich mit Projekt-Raumplanerin Aglaja Bitzinger telefoniert, um mir von offizieller Seite ein wenig über die Modellstadt erzählen zu lassen.

Grafik von www.milliardenstadt.at

VICE: Wie leicht wäre es, eine Stadt wie diese zu bauen?
Aglaja Bitzinger: Das Problem ist hier einfach der Grund und Boden. Vieles ist ja bereits verbaut—man kann ja auch nicht einfach die Gebäude abreissen und was Neues hinbauen, wie man das zum Beispiel in China macht. Was man aber schon machen kann, ist einige der Prinzipien unserer Modellstadt zu übernehmen. Energieselbstversorgung, kurze Wege, alternative Verkehrsmittel und eine Förderung des Radverkehrs, die den Autoverkehr drastisch reduzieren würden, Nahversorgung, gut erreichbare Einkaufsmöglichkeiten—das sind alles Dinge, die schon heute wichtig sind und auch schon teilweise gefördert werden.

Wo könnte man es denn hinbauen?
Naja, im Prinzip benötigt man 12.7 Kilometer Stadtfläche. Überall wo diese Fläche ist und die erdlichen Begebenheiten stimmen, also nicht auf einem Gipfel oder einem Sandstrand. Unser Modell ist auf die österreichischen Begebenheiten angepasst, in südlicheren Ländern hätte man dann zum Beispiel mehr auf Sonnenenergie und Kollektoren gesetzt?

Kannst du die wesentlichen Merkmale der Milliardenstadt zusammenfassen, und würdest du sagen, dass „Hypotopia“ mittlerweile ein Zukunftsprojekt ist?
Es ist definitiv ein Zukunftsprojekt geworden. Unser erster Gedanke war, die 19 Milliarden in einen Maßstab zu setzten. Wir haben in unserer Stadt ein riesiges Mietshaus mit 20 Wohnungen, einem Dachgarten und vielen anderen Dingen, und das ist nur ein winziger Anteil der 19 Milliarden! Als wir mit der Planung begonnen haben, haben wir gemerkt, dass wir in einem Team aus Stadtplanern, Architekten, Bauingeneuren und Raumplanern die die einzigartige Gelegenheit haben, all unser Wissen, unsere Ideale und Träume zu einem großen Ganzen zu vereinen. Wir haben eine Traumstadt geschaffen, die funktioniert und zu hundert Prozent unseren Vorstellungen entspricht—was auch für uns persönliche eine Utopie darstellt, da politische Begebenheiten und Einschränkungen solche Vorhaben in der Realität oft sehr schwer oder überhaupt nicht umsetzbar machen.

Was erwartet uns noch von der Millionenstadt, und was bedeutet dir dieses Projekt persönlich?
Ab 13. Oktober wird es einige Events rund um „Hypotopia“ geben. Geplant sind Ausstellungen, Diskussionen, Workshops, Musik, und auch einfach Gespräche zwischen Interessierten und Beteiligten. Wir wollen den Leuten zeigen, dass sie sich auch in die Stadtgestaltung selbst einbauen können, und darüber reden können, was sie sich in einer Stadt allgemein wünschen würden. Diese Form der Interaktivität zeigt den Leuten, dass die Stadt nichts Gegebenes ist, und man sich selbst einbringen und so Räume bestimmen kann.

Das größte Problem ist irgendwie, all unsere Gedanken, Ideen und Vorstellungen wirklich darzustellen und zu vermitteln, was wichtig ist. In dieses Projekt ist viel Arbeit und Herzblut eingeflossen, immerhin hat es ja mit einer sehr winzigen Idee begonnen, und ist dann schnell gewachsen. Für mich persönlich ist es besonders faszinierend, dass ich als Raumplanungsstudent mit Architekten, Bauplanern etc. eng zusammenarbeiten konnte. An der Uni hat man kaum Kontakt mit Leuten anderer Disziplinen, gerade deshalb ist die Zusammenarbeit so großartig, und ich habe definitiv viel daraus gelernt. Abgesehen davon, dass man auch mit organisatorischen Dingen, wie dem Koordinieren einer 35köpfigen  Gruppe, konfrontiert wird, und bei Diskussionen auf einen gemeinsamen Nenner kommen muss. Wir alle haben dadurch viel gelernt, und ich denke, dass sich das Projekt sehr gut entwickelt.

Mehr über das Projekt und einen 3D-Stadtplan zum Rumklicken findet ihr hier. Zwischen 13. Oktober und 1. November könnt ihr das aus Beton gegossene Modell (im Maßstab 1:100) im Brunnen vor der Karlskirche genauer inspizieren und bei diversen Aktivitäten rund um die Modellstadt teilnehmen.

Adrian auf Twitter: @doktorSanchez