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Mit dieser Technik knackst du jeden Zauberwürfel in 20 Zügen

Jeder klassische Zauberwürfel erliegt irgendwann einem der folgenden Schicksale:

  1. Nachdem er einmal nach stunden- oder tagelangem Gefriemel erfolgreich geknackt wurde, darf er von nun an in einem Schrein bewundert werden, auf dass das wertvolle Farbmuster ja nie wieder zerstört werde.

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  1. Der frustrierte Besitzer versteckt das Übel in der untersten Schublade seines Schreibtisches und hofft, das Objekt seines persönlichen Scheiterns nie wieder zu Gesicht zu bekommen.
  1. Der Bastler nimmt den Würfel mit dem Schraubenzieher auseinander, um ihn mit den richtigen Farbflächen wieder zusammenzusetzen (was in der Regel aber nicht funktioniert).
  1. Das minderwertige Exemplar zerfällt einfach von selbst in 1.000 Einzelteile.

Soweit, so bekannt. Lucas Etter aus Maryland kann über solche Amateure nur schmunzeln: Der 14-Jährige stellte mit einer sensationellen Geschwindigkeit von 4,9 Sekunden am 24. November den aktuellen Weltrekord im Lösen des Rubik’s Cube auf. Was bei ihm wie eine religiöse Wundergabe wirkt, ist jedoch eine Fähigkeit, die sich mit ein wenig Geduld, Mathe und Konzentration von uns allen erlernen lässt.

Die goldene Zahl 20 und der Zauberwürfel

Der Kern des ganzen Zaubers beruht auf der „goldenen Zahl 20“. Denn der klassische Zauberwürfel mit 3x3x3 Bausteinen pro Seite lässt sich mit 20 Drehungen aus wirklich jedem Farbflächenchaos in seine Ausgangsposition zurückbringen—eine beruhigende Wahrheit, auch wenn die meisten Würfelknacker-Laien wesentlich länger brauchen. Bei den goldenen 20 Zügen wird eine viertel Drehung um 90 Grad oder eine halbe um 180 Grad als jeweils ein Schritt angesehen.


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Seit einiger Zeit existiert noch eine weitere magische Zahl für den Rubik’s Cube. Diese sogenannte Quarter Turn Metric besagt, dass die Würfelmuster auch in 26 Vierteldrehungen (90 Grad) in ihre Ausgangsposition zurückbefördert werden können.

Ein Mann löst einen Zauberwürfel
Wie viele Drehungen er wohl benötigt? Bild: flickr, Julian Stallabrass | CC BY 2.0

Nach insgesamt 30 Jahren mathematischer, computergestützter Forschung bewiesen Tomas Rokicki, Programmierer aus Palo Alto, und Morley Davidson, Mathematiker an der Kent State University, dass diese 20 beziehungsweise 26 Drehungen immer zu einem erfolgreichen Ergebnis führen. Bei insgesamt 43,252,003,274,489,856,000 (aka 43 Trillionen) Möglichkeiten an Zügen ist das eine relativ überschaubare Zahl. Voraussetzung ist natürlich, dass der Spieler den Würfel zielorientiert und nicht völlig chaotisch dreht.

So findest du eine schnelle Lösung für jeden Rubiks Cube

Bevor ihr nun zum ersten Dreh eines Zauberwürfels ansetzt, ist es wichtig, das Objekt genau anzuschauen. Betrachtet ihn von allen Seiten und prägt euch die Farbkombinationen ein.

Wie der weltgrößte Zauberwürfel bei seiner Enthüllung einfach explodierte

Das ist die Einstiegsdisziplin für jede Würfellösung, die ihre Meister in den Unterdsiziplinen „Rubik’s Cube lösen mit verbundenen Augen” oder „Alle Lösungsschritte auf einer Tafel notieren, ohne den Würfel selbst zu drehen” findet. Bedeutet: die Lösung eines Rubik’s Cube ist ein schlichtes Handwerk, das jeder erlernen kann und bei dem es darum geht, sich möglichst viele, effiziente Werkzeuge zurecht zu legen. Diese Werkzeuge bestehen aus sogenannten Sequenzen, also Drehkombinationen, die für die unterschiedlichsten „Probleme” angewendet werden können.

Hast du genug Sequenzen drauf, lassen sich diese ganz einfach abrufen. Mit einer Kombination aus Strategie, Erfahrung und einem qualitativ hochwertigen Zauberwürfel, der nicht bei der dritten Drehung schon alle Viere von sich streckt, wirst also auch du zum Lucas Etter.

Die offensichtlich größte Herausforderung dabei besteht natürlich darin, im Stress nicht zu vergessen, welche Drehung du bereits drei Moves zuvor vorgenommen hast, denn ansonsten ist die ganze angepeilte Lernsequenz schon nach zwei Schritten für die Katz.

Für jeden Schritt gibt es eine Hin- und eine Rückvariante: Wenn die Sequenz „Vierteldrehung nach rechts plus eine halbe Drehung nach hinten” also A ist, dann ist „eine halbe Drehung nach vorn plus eine Vierteldrehung nach links” A-1. Damit hast du die Ausgangsposition wieder erreicht. Einige Sequenzen lassen sich auf unterschiedliche Farbfeldkombinationen bzw. Seiten anwenden, ohne dass diese noch einmal neu probiert oder gemerkt werden müssten.

Dank Spieltheorie: So wirst du zum Seriensieger bei Schnick Schnack Schnuck

Mathematisch lässt sich die Lösung des Würfels mit der Gruppentheorie vergleichen, in der die Symmetrie des Objektes durch das Ausführen bestimmter aufeinanderfolgender Schritte entsteht. Der Rubik’s Cube nimmt damit Einzug in die Sphären der höheren Mathematik. So ist es beispielsweise möglich eine Drehung auszuführen, dann eine zweite und anschließend die erste rückgängig zu machen—und somit einen Stein, der mit dem eigentlichen Problem nichts zu tun hat, so hinzudrehen, das auch das Problem für diesen gelöst ist. Hierbei handelt es sich um eine Konjugation, die auch als Setup Move bezeichnet wird.

Ein Zauberwürfel schwebt über der Hand eines Mannes
Bild: flickr, Jin | CC BY 2.0

Betrachen wir den Zauberwürfel nun als geometrisches Labyrinth mit so vielen Kammern, wie es Würfel im Würfel gibt. Aus jeder Kammer führen zwölf Türen hinaus in andere Kammern, jede entspricht einer Vierteldrehung einer der sechs Seiten des Würfelchens. Jede Tür zeigt an, welche Art der Drehung benötigt wird, um durch sie hindurch zu kommen. Nun musst du also lediglich von einer Tür zur anderen navigieren, bis der perfekt farblich symmetrische Würfel auf dem Tisch liegt, schreibt der Mathematiker Geoff Smith von der University of Bath bei The Conversation.

Es ist jedoch nicht unbedingt nötig, die Schritte bereits von Anfang an zu wissen und nur noch abzuarbeiten. Bei der Magie des Zauberwürfels gilt schließlich auch der buddhistische Slogan „Der Weg ist das Ziel”. Das hält nicht nur die Toleranzschwelle in angenehmer Höhe, auch schult es die Kombinationsgabe, wenn für jeden Schritt noch einmal neu angesetzt wird. Das mathematische Ergebnis von Rokicki und Davidson belegt: Egal in welcher „Kammer” des Cubes du startest, eine „Durchquerung von 26 Türen” kann immer zum Ziel führen.

Und das bedeutet für dich: Bei effizienter Praxis und vielleicht unter Zuhilfenahme eines Schraubenziehers wirst auch du auf die goldene Zahl kommen und deinen Würfel nach 20 (bzw. 26) Zügen stolz und befriedigt zur Seite legen.