Stefan Gelds Backstage Hustle

„Jeru The Damaja, das ist so ein Freund von Haftbefehl.“ Ich hätte beinahe mein Frühstück vor Lachen auf den Monitor gespuckt. Was Davide Bortot, Ex-Juice-Chefredakteur und nun seines Zeichens Red Bull Music Academy Moderator da gerade schmunzelnd von sich gegeben hatte, war im Grunde ein humoriger Verweis auf eines DER Hip Hop Ereignisse des vergangenen Jahres. Man sprach von „originärem Hip Hop“, Jerus Song „Come Clean“ und nun indirekt vom Treffen der Giganten.

Einige Monate vor jener Podiumsdiskussion, stand die gealterte New Yorker Untergrundlegende leicht verloren zwischen der deutschen Hip Hop Generation 2011, die sich im Backstage-Bereich des Rheinkultur Festivals in erster Linie als deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund, Boxer-Haarschnitt und Alpha-Jacken präsentierte.

Hier prallten zwei Welten aufeinander: der „Azzlack Stereotyp“, weit abseits irgendeines Dogmatismus, abgesehen von kapitalistischer Gewinnmaximierung natürlich, und der weise Gralsträger New Yorker Tugenden à la „Knowledge, Wisdom, Understanding“.

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Der „gealterte Rapper Stereotyp“ mit Hauptwohnsitz Köln, unbeabsichtigtem Kind im niederbayerischen Passau und einem dicken Haufen Steuerschulden (fragmentarische Anekdoten, hier als mal als Überspitzung in eine Person projiziert). Dick war der Bauch geworden, die Brötchen verdiente man mit wöchentlichen Auftritten zwischen Wuppertal und Unna, während die Azzlackz „einfach nur Hunger“ hatten und die Fans dank US-amerikanischer Straßenverklärung immer noch in Scharen zu den Konzerten pilgerten. Dabei war Brooklyn nicht viel schöner als Köln Ossendorf, aber dafür angenehm weit weg. Wie der Wilde Westen.

Insgesamt richtig ätzend und deshalb fuhr ich eher mit der Absicht zu meinem Jeru The Damaja Interview, diese miese Abzocke mal anzusprechen und sich dann per nachgeschobenem Artikel so richtig auszukotzen. Schade nur, dass sich Jeru dann als extrem angenehmer, interessierter und humorvoller Mensch offenbarte, der es auch nach über 20 Jahren am Mikrofon immer noch versteht nicht nur die Hallen zu füllen sondern auch zu begeistern, zudem immer noch in Brooklyn lebt, gerne fotografiert, von Tag zu Tag lebt, „Schinken“ von „Chicken“ unterscheiden kann und dem sogar Haftbefehl ein Begriff ist. Und das Bildmotiv „food for thought“ war auch seine Idee. Army-Mütze ab.

WEITERE KOLUMNEN:

Volume 1: Pete Rock / A Fan is a Fan
Volume 2: Haftbefehls Reisetipps
Volume 3: Entourage