Foto: Bolshakov / Flickr | CC By 2.0
Es klingt rein theoretisch ganz gut, so eine kleine Feierei zuhause. Gerade wenn das Wetter so widerlich und kalt wird, du nicht mehr mit einem Bier draußen sitzen kannst und in den Clubs eine Stunde lang an der überquellenden Garderobe stehst, um dich dann aus deinen 17 Schichten zu schälen, während auf der überheizten Tanzfläche der Schweiß sprichwörtlich von der Decke tropft. Stattdessen kann man ja wirklich mal zuhause bleiben, sich ein paar Kästen Billigbier und Billig-Erdnussflips vom Billa besorgen und darauf warten, dass all die lieben Leute an der Tür klingeln. Oder du bist selbst eingeladen und nimmst es dafür sogar in Kauf, zweieinviertel Stunden quer durch die Stadt zu fahren, weil Homepartys bekanntermaßen immer am absoluten Arsch der Heide stattfinden. Wie gesagt, theoretisch klingt das wirklich ganz fein. Dass Theorie und Praxis allerdings immer, wirklich immer, kilometerweit auseinanderklaffen, müssen wir euch wohl nicht erläutern. Wir erklären euch aber, warum das in diesem Fall so ist. Nämlich (unter anderem!) wegen all den Musikarschlöchern, die auf solchen Veranstaltungen mit tödlicher Sicherheit herumhängen.
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1. Das Gitarren-Arschloch
Seit Jahrzehnten klampft sich dieses Exemplar unermüdlich durch die Nerven jedes anwesenden Individuums, das noch bei klarem Verstand ist. Mit viel Glück erinnerst du dich noch rechtzeitig daran, deine angestaubte Gitarre (leider hat dein jugendlicher Ehrgeiz nie zu mehr als den ersten drei Akkorden von Seven Nation Army gereicht) im Keller zu verstecken, mit Pech kommt der Idiot aber schon mit eigener Gitarrentasche auf dem Rücken zur Tür hereingestolpert. Wenn die Stimmung im Wohnzimmer ohnehin schon schwer mit der ausgelassen lästernden Raucherrunde in der Küche mithalten kann, so geht sie endgültig über den Jordan, sobald sich der Indie-Hippie sein Schmuckstück liebevoll in den Schoß legt. Fortan suchst du exzessiv Trost auf dem Grund deines Biers, während die komischen Öko-Freunde deines Mitbewohners längst einen Sitzkreis um den Musikanten gebildet haben. Spätestens wenn er dann zu „Wonderwall” hingebungsvoll die Augen schließt und aus voller Kehle deine Nachbarn aus dem Bett jault, möchtest du ihn mit der leeren Flasche deines neunten Frustbiers erschlagen. Mach doch.
2. Der Besserwisser
Einst noch von den Ärzten besungen, hat es der Besserwisserboy leider irgendwie in deine Küche geschafft. Während du darauf konzentriert bist, das Objekt deiner Begierde nicht allzu besoffen anzuschielen, hat irgendein unvorsichtiger Gast das Stichwort „Musik” fallen gelassen. Zwar nur in einem Nebensatz wie „Ich habe die Musik abgedreht, als mich die Polizei angehalten hat”, für den Besserwisser ist es aber eine willkommene Aufforderung, um in den Untiefen seines gefährlichen Halbwissens zu wühlen. Der Besserwisser weiß auf den Tag genau, wann AC/DCs High Voltage erschienen ist, zählt dir die 27 bekanntesten weil einzigen Künstler des Mbalax auf und streut Verschwörungstheorien über die wahre Todesursache von Amy Winehouse in die Runde. Du wirst diesen Monolog nur heil überleben, wenn du zwischendurch ehrfürchtig nickst und unter allen Umständen den Mund hältst. Egal, was du sagst, es kann und wird gegen dich verwendet werden. Das Smartphone nervös in den schwitzigen Händen wartet der Besserwisser nämlich nur darauf, dass er deine augenscheinliche Unwissenheit mit Fakten belegen kann. Recht hat er übrigens IMMER. Solltest du herausfinden, dass irgendeine seiner güldenen Wahrheiten nicht stimmt, so hast du noch genau sieben Sekunden Zeit, in denen er mit hochrotem Gesicht und gefährlich pulsierender Stirnader auf sein Display starrt, um dich langsam und mit kleinen, krebsartigen Seitenschritten aus der unmittelbaren Gefahrenzone zu retten. Und dann LAUF!
3. Das „Moment, ich hab meinen USB-Stick dabei!”-Arschloch
Und dann holt er ihn wahrhaftig raus. An dieser Stelle wäre das geringere Übel tatsächlich ein freigelegter Penis, stattdessen wird aber ein Schlüsselbund mit dranbaumelndem 500MB-USB-Stick aus der Hosentasche gefummelt. Du weißt schon, ein Werbegeschenk der Sparkasse Feldkirch, vom Weltspartag 2001. Unappetitlicher als das abgenutzte Ding selbst ist tatsächlich nur die Songauswahl darauf. Vollkommen zusammenhanglos befinden sich auf ihm zu recht vergessene Schätze aus den letzten beiden Jahrzehnten. Unfreiwillig mutiert die Party zu einer Art Bad Taste-Event, allerdings meint der Typ die Musik zu Ernst, als dass du sie tatsächlich abfeiern könntest. Mit überzeugter Miene erklärt er dir, dass Eiffel 65 mit „Cosa resterà” auch nach „Blue” noch einen totalen Hit hatten, dass Chocolate Starfish and the Hot Dog Flavored Water immer noch sein Lieblingsalbum ist, und dass er sich total über das Comeback von Blink182 gefreut hat. Zwischen einer atemlosen Helene Fischer und dem einzigen Hit von Meatloaf suchst du wieder einmal Trost im Alkohol und hoffst, dass dein PC keine bleibenden Schäden von dieser Malträtierung davonträgt.
4. Das „Auf Vinyl klingt das alles besser”-Arschloch
Eine leicht hochgezogene rechte Augenbraue, ein entkräftetes Kopfschütteln und ein gelegentliches Schnauben sind der ständige Begleiter dieses lustigen Zeitgenossen. Der Vinyl-Liebhaber belässt es nicht dabei, sich ausgiebig über die „Tonqualität? Welche Qualität?!” deiner Musikanlage zu echauffieren, er erzählt dir auch ausgiebig von seiner Sammlung und betet Mantra-artig die Vorzüge des Klanges auf Vinyl herunter. „Das klingt auf MP3 alles ganz schlimm, da bekommt man gar nicht das richtige Gefühl! Das tut mir in den Ohren weh, dieses Komprimierte, furchtbar!”, nörgelt er und betrachtet dabei geringschätzig deine überschaubare Sammlung an selbstgebrannten Party-CDs. Tatsächlich wirst du aber nie hören, warum AUCH DU endlich in die Welt des engelsgleichen Analog-Klangs tauchen solltest, denn tatsächlich gespielt werden die Platten niemals. In Dauerschleife musst du dir stattdessen Dinge wie „Ich habe das Album in der 180g-Pressung, UK-Import, total selten! Habe ich mal in Soho gekauft, 2002, in diesem total kleinen Plattenladen in so einer Seitenstraße. Kriegt man nicht mehr. Würde ich natürlich nie auflegen, wegen dem Staub und den Kratzern.” anhören, während du ein bisschen peinlich berührt auf deine beiden 9€-Mini-Lautsprecher starrst und dich fragst, wie man diese japanischen Marke überhaupt ausspricht. Der Besserwisser wüsste das sicher.
5. Das Alle-3-Sekunden-den-Song-wechsel-Arschloch
„Warte… nein… das war’s nicht… warte… ich hab’s gleich…” ist das ständige Gemurmel des Songwechslers. Man muss ihm allerdings zugestehen, dass er das aber auch nicht viel schlechter macht, als so mancher „DJ” in der Großraumdisse. Wenn er die ersten zwei Utz-Utz-Beats aller 392 vorhandenen Elektrosongs durchgehört hat, findet er in der Regel endlich SEIN LIED! Es ist irgendein 39-minütiger Remix auf einem amerikanischen Stream, den man nicht vorspulen kann und er erklärt, dass „der Bass gleich gedroppt wird!!” und man ja hinhören soll. Mit wackelnder Hüfte, erhobenem linken Zeigefinger und geschlossenen Augen gibt er sich dann einem derart minimalistischen Beat hin, dass es auch ein Klopfgeräusch aus dem lange nicht entlüfteten Heizkörper sein könnte. Er unterbricht seine Trance nur, wenn sich jemand gefährlich nah an die Tastatur herantraut. SEIN LIED WIRD NICHT GESKIPPT. Nach 37,5 Minuten ist es dann soweit, der Scheiß-Bass fällt endlich herunter und der Songwechsler taumelt selig in Richtung Küche, um die Soundanlage dort zu schänden.
6. Das „Uuuuh, ich will meinen Song hören und dabei nuttig mit meiner Freundin tanzen”-Arschloch
…und dabei ist es mir vollkommen egal, dass offenbar keiner von euch Pennern Avicii so fühlt wie ich! Zu fortgeschrittener Stunde stolpert mindestens eines solcher Exemplare in die Mitte irgendeines Raums und deklariert sie zur Tanzfläche. Zwischen zwei Woooohooouuuus lallt sie inbrünstig, wie sentimental sie gerade ist, weil sie sich zu genau diesem David-Guetta-Song (klarerweise handelt es sich um „Sexy Bitch”) vom Animateur im tunesischen All-Inclusive-Club auf dem Tretboot hat bumsen lassen. Ganz romantisch, unterm Sternenhimmel. Toleriert werden jene Kommunikationsperlen in erster Linie dadurch, dass die Tanzmaus recht ansehnlich ist und sich wirklich hingebungsvoll am Ohrensessel reibt. Wenn sie dann bei der angeblichen Emanzipationshymne „Single Ladies” zur Hochform aufläuft und wild mit Pheromonen um sich schießt, kannst du Wetten darauf abschließen, dass irgendjemand 20 Minuten später im Badezimmer an ihr rumfummeln darf. Die Würde wird dann zusammen mit der gefallenen Fahne des falsch verstandenen Feminismus im Klo heruntergespült. Sei so nett und fisch’ ihr doch ein Trostbier aus der Badewanne.
Foto: Flickr // BGP // CC BY-ND 2.0
7. Das „Komm, spiel mal was Ruhiges, damit man sich besser unterhalten kann”-Arschloch
Du hast doch gerade erst die Musik lauter gedreht? Die Nachbarn haben doch noch nicht geklingelt, also warum ist es plötzlich schon wieder so still? Du willst beileibe nicht über die Kondomallergie deines Studienkollegen informiert werden, über die er gerade lauthals wehklagt. Direkt neben den Boxen findest du den Übeltäter. Dort sitzt die geräuschempfindliche „Is ja viel zu laut hier”-Arschgeige, blickt vorwurfsvoll zu dir hoch und schleudert dir ihre vermeintliche Rechtfertigung für die partykillende Aktion entgegen: „Maaan, is’ ja viel zu laut hier. Hört man ja sein eigenes Wort nicht mehr. Ich hab’ mal leiser gedreht.” Wer hat diesen Idioten eigentlich mitgebracht? Du presst dein Ohr direkt an die Box und hörst entfernt ein Saxophon quäken. Hat er tatsächlich Jazz angemacht? Zeit, für die erste Schlägerei des Abends.
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