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Der Jogginghosentag ist Österreichs größtes Kulturgut!

Von vier Grazern ins Leben gerufen, bietet euch der Jogginghosentag endlich eine Möglichkeit, euer grausliches Ich stolz in die Welt hinauszutragen.
Collage: VICE Media

Heute findet bereits zum sechsten Mal der „internationale Jogginghosentag" statt. Dabei gilt es, endlich einmal auf deine gewohnte Beinbekleidung und Unterleibsuniform zu scheißen und den heutigen Tag in deiner Lieblings-Schlabberhose zu begehen, sei es in der Arbeit, in der Schule oder wo auch immer du sonst den Tag verbringst. Hauptsache weich, warm, durchgesessen und vergammelt. Dass der Trend von vier Österreichern losgetreten wurde, überrascht dabei wenig, da wir Ösis ja bekanntermaßen sehr auf Gemütlichkeit stehen und am liebsten wohl gleich gar nicht aus dem Bett steigen würden.

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Der erste bequeme Schritt in diese Richtung wurde nun aber getan. Das, was normalerweise der Hiphop-Szene und Zuhause-Gebliebenen, die sich vergammelt gerade noch zum nächsten Billa trauen, vorbehalten ist, ist heute auch dem Rest der Welt erlaubt. Trau dich damit ins Freie, denn du wirst ein bisschen weniger schief beäugelt als an anderen Tagen. Der Radius um dein unmittelbares Zuhause darf endlich überschritten und eure ranzigste, abgefuckteste Hose selbstbewusst zur Schau gestellt werden. Sudern in Form einer Hose.

Auszug aus „Der kleine Outfit-Knigge" von Horst Hanisch.

So international wie der Name es vormacht, ist der Trend aber wohl doch nicht, da der Tag nicht offiziell anerkannt ist und nur spärlich über die Grenzen des deutschsprachigen Raumes hinausragt. Angefangen mit einer simplen Verkleidungsidee zum Faschingsdienstag 2009 für ihre Schulklasse, hatten die Jungs aus Graz den Trend via Facebook dann 2010 öffentlich losgetreten. Seither klingeln bei ihnen jedes Jahr kurz vor dem großen Tag die Telefone.

Henry Harris | Featureflash via shutterstock.com

Während den meisten Modefutzis à la Lagerfeld beim Anblick einer Jogginghose wahrscheinlich immer noch ein wenig Kotze hochkommt und auch Benimm-Kniggen aufdringlich davon abraten, eine derartige ekelerregende Sünde in der Öffentlichkeit zu tragen, sprechen mehr als 210.000 Zusagen auf der Facebook-Veranstaltungsseite, über 50.000 „Likes" der Fanseite, ein Fotowettbewerb sowie zahlreiche Gewinnspiele, Events und Aktionen aber eine andere Sprache. Vielleicht wurde hier ein Nerv getroffen und Österreich, bei dem entweder jeder Trend spurlos vorüberzieht oder aber erst einzieht, wenn der Trend längst kein Trend mehr ist, ist auf den Spuren einer echten Sensation. Eine Jogginghose ist und bleibt eben bequem, und gehts im Endeffekt nicht genau darum? Einmal im Leben Trendsetter sein, das wär doch geil. Und wenn Persönlichkeiten wie Armin Wolf mit dem Gammel-Look einverstanden sind, dann sind wir das auch. Noch intensiver ist es in unserer Redaktion: Da ist bei so Manchem jeder Tag Jogginghosentag.

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Internationaler Jogginghosen-Tag auch in der #ZiB2. @eukefrank hat ihn fotografiert: pic.twitter.com/OIC30SuGaN
— Armin Wolf (@ArminWolf) January 21, 2014

Die Versuche der vier Begründer, den Jogginghosentag in die Wikipedia-Liste der Gedenk- und Aktionstage einzugliedern, wurden von Wikipedia bisher aber immer noch unterbunden, da die „Relevanzkriterien nicht erfüllt" wären. Zusätzlich muss sich die Jogginghose den 21. Januar mit dem in Amerika gegründeten „Weltknuddeltag" teilen. Der ist zwar genauso wenig offiziell anerkannt, aber er existiert immerhin schon seit 1986—mit Urheberrecht und allem Drum und Dran. Dabei müssen sich zwei Dinge, die eigentlich so gut zusammenpassen, doch gar nicht ausschließen: Unser Vorschlag wäre, den ganzen Tag in Jogginghose zu knuddeln.

Dass es sich bei der Idee—wie manche schreiben—um eine Art Gegenveranstaltung zur Berliner Fashionweek handeln soll, ist laut den Gründern absoluter Blödsinn. Die Idee ist aus Spaß geboren und soll es auch bleiben. Aus demselben Grund wird auch auf etwaige Richtigstellungen und urheberrechtlichen Schutz verzichtet, denn gar so viel Arbeit wollen sie sich dann doch wieder nicht aufhalsen—womit wir wieder bei der Gemütlichkeit wären.

Mir persönlich wäre die umgekehrte Variante noch lieber: Wenn wir täglich im Schlabber-Look bleiben und einmal im Jahr den internationalen Arbeitskleidungstag feiern, würde die Jogginghose im gesellschaftlichen Alltagsleben auch nicht so schnell als geschmacklos und schlampig gelten. Nutzt also heute die gesellschaftliche Akzeptanz der gemütlichen Erscheinung, zieht euch gedankenlos was unten über und genießt den Tag. Die Jogginghose als stoffgewordene Ungepflegtheit braucht ein Revival.

Mit Philipp in Jogginghosen herumgammeln: @Phimiki