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Zahltag

​Der lange Text zum kurzen Genital

Nachdem unser Autor in der letzten Kolumne die Fans von Armin Wolf angriff, beschäftigten sich die Kritiker mit seinem Geschlechtsteil.

Foto: jon jordan | Flickr | CC BY 2.0

An dieser Stelle erscheint zwei Mal im Monat Manfred Klimeks neue VICE-Kolumne „Zahltag". Die darin veröffentlichten Texte bilden ausschließlich die Meinung des Autors ab.

Die beste Kolumne ist jene Kolumne, die eine Nachfolgekolumne hinterlässt. Die Armin-Wolf-Kolumne von letztem Sonntag war so eine beste Kolumne, denn die Reaktionen waren zahlreich und wie üblich überwiegend negativ.

Das Besondere diesmal aber war, dass die Buh-Blähungen samt und sonders von einer nahezu gleichlautend auftretenden Dummheit befallen wirkten, die den Eindruck hinterließ, die Jubelperser Armin Wolfs wären pflegebedürftige Geistesschwache, deren Eltern einst den Sonderschulabschluss der Kinder fälschen mussten, damit ihrem ohne Sauerstoff entbundenen Nachwuchs der Narrenturm und die Zwangsjacke erspart bleiben.

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Zu lesen war letztlich eine einzige Ausdünstung dieses niederträchtigen Wortkothaufens namens „Schmäh", der mit persönlicher Herabwürdigung und Eh-scho-wissen-Verdächtigungen arbeitet. Als Wiener kann ich das freilich aus dem FF, aber in Deutschland muss man sich solcherart zur Einstufung Verleitendes gleich abschminken, weil sonst wird man als das gesehen, was man ist: ein unzurechnungsfähiger, infantiler Teilenthirnter.

Doch nach der Kritik an Vater Courage und seinen Jüngern rann diesmal der verbale Dünnschiss auch aus Leuten, die mit Äußerungen im öffentlichen Raum etwas vorsichtiger sein sollten. Gut, dass es so viele waren. Und gut auch, dass Twitter als Abort benutzt wurde (schlicht aus dem Grund, weil Armin Wolf dort seinen Zweitwohnsitz hat) und der Dünnschiss fleißig vervielfacht wurde.

Die Kritik an Armin Wolf und der Belanglosigkeit seines Wirkens, das Festmachen des Moderators als zementierten Teil des Systems, das solche wie ihn als Hauptrolle der Gegenöffentlichkeit in den Gesamtpreis ihres Verrats bloß müde lächelnd einpreist; der eigentlich Inhalt der Kolumne also, war selbstredend, wie so oft in Wien, keine Sekunde lang ein Thema. Es ging den sich äußernden Personen dieses imaginären Wolf-Solidarkomitees nur um das Bellen. Und darum, ob der Leitwolf das Bellen hört. Und beißt.

Unter all den vielen Mails, Posts und Kommentaren, die wie üblich Neid, Frust, Alkoholismus, Drogensucht, Bedeutungslosigkeit, FPÖ-Mitgliedschaft, Rassismus, Berufsversagen oder Mundgeruch als Grund für die Niederschrift festmachten; neben dem gewohnten Will-sich-nur-wichtigmachen, Hatte-als-Kind-nur-Sex-mit- einem-Schäferhund oder Ist-beruflich-komplett-erfolglos-und-wird-damit-nicht-fertig stach eine Twitter-Nachricht besonders hervor.

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Verfasst hat sie Rudolf Fußi, ein ehemaliger Possenpolitiker, der in fast allen österreichischen Parteien seinen Senf auf die Würste der Apparatschiks gespritzt hat und nun gelegentlich Propaganda für die Wirtschaftskammer betreibt, weil er von dieser Stelle offenbar Aufträge einholen will, wie er vorher Propaganda für eine Hedgefonds machte, den ein Sicherheitsbeamter gegründet hat, der heute meines Wissens in Monte-Carlo lebt.

Dieser Rudolf Fußi, in der österreichischen Verniedlichung Rudi genannt, stellt sich schamlos als links der linken Mitte hin und ist—selbstredend auch leicht belächelt—ein Bussi-Bussi-Troll der Wiener Marktwirtschaft (Nasch-Karmeliter-Yppen- Brunnen-Sonstwas-Markt) und gut gelitten, weil er, so hört man, immer ein bloßstellendes Bonmot über Dritte zu quaken weiß oder den Leuten das sagt, was sie gerne hören.

Ein Ultralinker also, der einst einen Hedgefonds glorifizierte und heute der Wirtschaftskammer auf Twitter zu 140-Zeichen-Gestammel verhilft? So eine Chuzpe geht auch nur in Wien, wo Volte, Verrat und Schmäh mehr zählen (weil sie mehr erzählen), als Ethik, Moral, Selbstgewissheit oder schlicht Schweigen. Dieser Fußi, ein leicht vorzuführender Knilch, schrieb auf Twitter als Reaktion auf die Wolf-Kolumne:

Klimek braucht wohl eine Lupe, um sein Genital bei Tag sehen zu können. — Rudi Fußi (@rudifussi)February 21, 2016

Über und unter diesem Geistesblitz steht auf dem Fußi-Twitter-Dings noch allerlei, doch da stehen auch ein paar todlangweilige Agenda-Verstärker-Tweets der Wirtschaftskammer. „Klimek", „Genital" und „mit der Lupe suche" also. Das ist das Niveau und auf dieses Niveau hebt er seine Auftraggeber und jene, bei welchen er um Aufträge bittet. Diese Leute lesen das freilich nicht, weil sie in Zwangsmitgliedschaftsgeldern badend gar nicht wissen, was das ist: Twitter.

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In Deutschland kriegt der zuständige Wirtschaftsdingsbums- Frühvergreiste so einen Tweet sehr bald auf den Tisch geknallt und Fußi ist Ruck-Zuck Geschichte. Auch nicht gerade sympathisch. Aber konsequent.

Weil Fußi seine Zumpferliade in sein Twitter-Dings gestellt hat, inmitten seiner privaten, aber auch Auftraggeber-Tweets, weil er—wie viele dieser Wiener Bobo-Wichtigmacher—weder Ab,- noch Anstand kennt, weil dieser mangelnde Abstand dem Kunden wohl auch als Strategie verkauft wird, weil er sich sicher ist, dass alle klatschen, wenn er den Typen vernudelt, der den Wolf anpisst, weil er sogar denkt, dass ihm dieses Anpissen ein anerkennendes „Dem hastas aba gebn" einbringt, weil er so durchschaubar schlicht seine Obszönität anpreist, schreibe ich hier schon zeilenlang, dass er um Aufträge von Wirtschaftskammer und Wirtschaftsbund (ein echter Linker) buhlt.

Und dass er die Wirtschaftskammer und den Wirtschaftsbund, der Fußi bis vor kurzer Zeit jedes Monat wohl eine nicht gerade vierstellige Summe aus Zwangsbeiträgen rüberergeschoben hat, mit in seine Sache holt, für seine Sache benützt und wegen seiner Sache beschädigt. Und dass die dort vegetierenden scheintoten Funktionäre sich freiwillig zum Bumper-Car dieses Opportunisten machen, der auf Schwanzlängenvermutungen auch noch mit einem Schwanzlängenvergleichen antwortet, nachlegt und nachlegt, bis er irgendwann draufkommt, dass ich ja schon etwas länger auf der Welt bin. Und ihn ja kennen könnte. Von früher. Als er jünger war. Und gar nicht so dumm wie heute. Und das stimmt auch.

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Diese Kritiker suchen den Applaus, den man nur in Wien mit derart viel Niedertracht, Verdächtigung und Diskreditierung einholen kann.

Tja, jetzt warten alle auf die Geschichten, die mir Rudi Fußi in Anwesenheit eines Journalisten erzählte. In einem, no na, Kaffeehaus. Damals, als er sein Abfangjäger-Volksbegehren machte. Denn als die Mikros aus waren (waren sie wohl nicht), plapperte der junge Fußi munter drauflos. Was halt ein sehr junger Mensch macht, wenn er sich das erste Mal im Leben auf das Podest der Aufmerksamkeit gehoben sieht.

Ich kann mich an das alles noch sehr gut erinnern. Er nicht, denn wer ist schon ein Fotograf außer das lästige Anhängsel des Journalisten? Was kann ein Fotograf groß anrichten? Und trotz dieser nun gerade wieder aufkommenden großen Lust, über all das zu erzählen, was dieser Fußi damals am späten Nachmittag so von sich gegeben hat, mache ich das doch nicht. Der Bub hat sich schon genügend in die Scheiße geritten.

Denn wie bei der Wolf-Kolumne gibt es ein anderes Eigentliches, eine andere Frage. Warum macht er das? Warum manchen die das? Die anderen, die auf Fußis-Twitter-Dünnschiss oder auf die Wolf-Kolumne antworten. Warum schreibt eine Größe des Wiener Verlagswesens, ich käme mit meiner Bedeutungslosigkeit nicht zurecht, ohne auch nur einmal zu googlen, für welche Medien ich so schreibe?

Warum twittert ein ehemaliger Stadtpolitiker, dass mir das Weintrinken das Hirn weichgespült hätte (wurde sehr bald gelöscht)? Warum schreibt ein Bobo-Journalist und Linkendarsteller, dass ich ja bekannt dafür wäre, stets gerollte Geldscheine in der Tasche zu haben? Und warum machen die das alles auf Twitter und Facebook, wo ich alles barrierefrei nachlesen kann?

Ganz einfach: Sie suchen den Applaus, den man derart mit Niedertracht, Verdächtigung und Diskreditierung nur in Wien einholen kann; sie schwimmen im gut geheizten Nichtschwimmer-Becken einer Habruhaha-Gesellschaft, die sich als besonders schlau feiert, wenn sie ihr ständiges Hintergehen unter der Eisdecke hält (so, dass man es sehen aber nicht erkennen kann) und jedes Jahr am Lifeball ihre Notgeilheit auf den Toiletten entsorgt, als wäre das Berghain dagegen die Begegnungsstätte eines Kirchenchors.

Aha, kommt dann gleich, da kann einer austeilen, aber nicht einstecken—das Lieblingstrottelargument dieser Kreise. Doch es geht nicht um mich und meine Befindlichkeiten und ob mir das egal oder nicht egal ist. Es geht um das Gesindel selber, dass sich wegschleimt, wenn es darum geht, einen der Steuergelder-Jobs aus rotgrünen Töpfen abzuholen und belustigt und Applaus suchend hintritt, wenn sie jemand ausgemacht haben, dessen Vernichtung Rabattpunkte bringt, die man nach der nächsten Sauerei entlastend einlösen kann. Und so konzentriert widerlich, so in die Breite gehend, wie nach dieser Armin-Wolf-Kolumne, deren Hauptperson dazu nicht das Geringste beigetragen hat, so war es lange nicht.

Ich will Strafe! Ich will Konsequenzen! Ich will auf der Straße nicht Menschen ausweichen, die ich mag, die sich jetzt aber für diesen Gollum in die Bresche werfen, dieses Zwitterwesen zwischen Duffy Duck und Gumpensund-Frosch, das für die ÖVP als Kandidat zur Bundespräsidentenwahl antritt. Menschen, die vor 15 Jahren und bis neulich eben gut erkannten, dass dieser Gollum der Architekt einer der dreistesten Staatsbeschädigungs- Regierungen war, Bäckermeister eines Thatcherismus-Muffins mit braunen Krümel, die eher Exkrementen zuzuordnen waren als Schokolade. Gott, kotzt mich das alles an!

P.S.: Rudolf Fußi ist Geschäftsführer der Agentur Mindworker. Ein Mitgründer von Mindworker ist Michael Gitzi, seinerseits auch Obmann-Stv. Druck und Medien in der Wirtschaftskammer. Fußi postet auch auf Twitter Agenden der Wirtschaftskammer. Das ist Wien. So läuft das in Österreich.