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'cos when you're laid in bed at night watching roaches climb the wall If you call your Dad he could stop it all.
You'll never live like common people
You'll never do what common people do
You'll never fail like common people"Einen besonders absurden Armutsfail leistete sich die besonders ernährungsbewusste Gwyneth Paltrow: Sie wollte im Rahmen einer Facebook-Challenge mal ausprobieren, wie es ist, für Essen nur 29 Dollar die Woche (das entspricht einer Essensmarke in den USA) zur Verfügung zu haben. Sie kaufte dafür unter anderem 7 Limetten, eine Süßkartoffel und etwas Lakritze. Nach einem Zusammenbruch gab sie nach 4 Tagen auf.Den sich rege vermehrenden Nachwuchs-Jenkes und Secret Millionaires Österreichs (beides RTL-Formate, think about it) fehlt es nicht nur an Authentizität, sie laufen auch Gefahr, jene zu verspotten, die sich im realen Leben in so einer Situation befinden. Bei allem Verständnis für gut situierte BloggerInnen, die sich gerne mal so richtig extrem selbst kennenlernen wollen, sehnt man sich dann doch nach der guten, alten karitativen Tätigkeit zurück—oder was man sonst früher gemacht hat, um Armut zu erleben.Was nämlich klar sein muss: Projekte dieser Art haben immer eine Tendenz in sich, die nicht neu, aber nach wie vor bedenklich ist: Reich ist glaubwürdig und schlau und die Armen sind arm, weil sie in ihrem Leben nichts auf die Reihe kriegen. Ihnen muss der richtige Weg aufgezeigt werden. Das ist sicherlich nicht so beabsichtigt, kann aber ganz schnell eine Eigendynamik entwickeln. Da überraschen solche Sätze nicht:
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K.: Seit ich trainiere einen sehr hohen. Seit der Mindestsicherung muss jetzt logischerweise viel mehr auf den Preis schauen, obwohl ich früher auch schon recht sparsam war. So weit es halt geht, wenn man so viel Fleisch isst. Aber beim Fleisch bin ich kompromisslos, da spar ich lieber alles andere ein. Vor Fleisch, das nicht bio ist, graust mir einfach, da hört man ja so einiges. Fitnessstudio ist sowieso momentan nicht leistbar, aber auf das Fleisch besteh ich.
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Was ich an mir beobachtet habe: Jetzt weiß ich die Preise auswendig. Mein Tiefpunkt: Die billigsten Spaghetti kosten beim Spar 79 Cent. Das weiß ich, weil ich einmal am 28. nur mehr zwei Euro hatte. Eigentlich hatte ich nur mehr ein paar Kupferstücke. Dann habe ich mich erinnert, dass ich manchmal früher beim Einkaufen das Restgeld in die Hosentasche gesteckt habe und habe gleich angefangen, alle Hosen aus dem Schrank herauszureißen. Und in einer von ganz hinten waren dann zwei Euro drinnen.Einmal hatte ich am 28. des Monats nur noch 2 Euro—und das auch nur aus den Hosen in meinem Schrank.
Ich hab schon geglaubt, ich muss eine Nulldiät machen! Aber nicht, dass jetzt alle glauben, ich bin zu deppert, um richtig mit dem Geld auszukommen! Es war einfach ein Pech und ist mir auch nur einmal passiert. Ich bin mit meinem Handy über die Freiminuten gekommen, wegen meiner damaligen Freundin. Die hat weiter weg gewohnt und ich hab immer mit ihr telefoniert, weil ich nicht mehr so oft hingefahren bin, wegen dem Geld. Das ist dann eh auseinandergegangen deswegen. Das gehört zwar jetzt nicht zum Thema, aber schreib das ja rein! Damit die Leute wissen, ich bin nicht deppert.Hast du denn das Gefühl, dass dich die Leute für blöd halten?
Ja, man wird schon öfter so behandelt, am Amt. Gott sei Dank hat man sonst ja keinen Stempel am Hirn, die Leute auf der Straße sehen es mir also nicht an.
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Da bin ich zwiegespalten. Die erste Reaktion ist, dass ich mir verarscht vorkomme. Alles wird ausgerechnet und was die da oben sagen, wie viel Geld ich am Tag ausgeben soll, das ist ja nicht in Stein gemeißelt. Wenn ich ein Monat zum Beispiel was bei der Wohnung machen oder mit dem Zug weiter weg zu einem Vorstellungsgespräch fahren muss, das hab ich schon ein paar mal müssen, dann wirkt sich das auch auf das restliche Budget aus. Und die machen das mit dem Essen zackprack, 180 Euro und dann schauen sie herum, was sich ausgeht und es macht ihnen Spaß, weil das Tüfteln ja was Neues ist. Aber ich hab oft nicht mehr den Kopf frei für sowas—mir zu überlegen, ob das jetzt biologisch wertvoll ist und wie viel das andere kosten würde und dabei stundenlang im Hofer auf- und abzugehen.Außerdem habe ich Angst, dass da wer was dreht und als Ergebnis hat, dass man super luxusmäßig leben kann von der Mindestsicherung, was ja in der Praxis nicht stimmt. Und dann kommen wieder welche, die sie gleich kürzen wollen. Hört man ja jetzt dauernd in den Nachrichten. Auf der anderen Seite find ich gut, wenn sich welche mit dem Geld beschäftigen und sich wieder bewusst werden. Wenn sie da dankbarer werden, ist es gut. Ich bin mir ja auch erst bewusst geworden, wie ich es nicht mehr hatte.Meinem Freund G. geht es heute gut, als Kind musste er allerdings mit seiner Mutter von Sozialhilfe leben. Er hat mir per Chat erzählt, wie es damals war:VICE: Welchen Stellenwert hatte Essen als Kind für dich?
G.: Als ich ein Kind war, hatte Essen nichts mit Genuss zu tun, es war nur Mittel zum Zweck. Es ging nur darum, irgendwas zu essen, damit man satt ist. Die guten Sachen haben wir uns sowieso nie leisten können, damit hab ich mich irgendwann abgefunden. Ich kannte ja nichts anderes. Das billige Dosengulasch vom Discounter haben wir öfter gegessen. Ich möchte gar nicht wissen, was da drinnen war.
Wir haben immer von Montag zu Montag gelebt. Jeden Dienstag ging es dann zum Sozialamt, die Ausgaben der letzten Woche besprechen, Geldausgabeschein unterschreiben lassen, an der Amtskasse anstellen und das Geld abholen. Und ab Freitag gabs dann immer nur mehr Toastbrot und Kartoffeln. Aber das ist glaube ich heute ja nicht mehr so, das ist über 30 Jahre her.Was hältst du von Aktionen, bei denen eigentlich gut situierte Leute ausprobieren, wie es mit MS ist?
Ich fände es gut, wenn es Bioprodukte geben würde, die preislich mit Discounterware mithalten können und umgekehrt. Mit Mindestsicherung geht sich immer nur das billigste aus, das ist Fakt. Ich glaube eher nicht, dass man mit Mindestsicherung nur bio essen kann. Wenn man komplett auf Fleisch verzichtet, immer für mehrere Tage im Voraus kocht, also auch mehrere Tage immer das gleiche isst, könnte es sich eventuell ausgehen. Danke.Klar, die ganze Armut so richtig am eigenen Leib zu erfahren ist prickelnder als ein Interview darüber zu lesen—aber wie wäre es mit einer Kombination? Es gibt sicherlich auch MindestbezieherInnen, die nicht einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen—was auch verständlich wäre—, sondern auch welche, die gerne Mitspracherecht hätten.Ein gemeinsamer Supermarktbesuch etwa kann sehr bereichernd sein; viele Infos und Tipps aus erster Hand zum Verbloggen sind da bestimmt auch drin. Das eigene Ego müsste man mitunter halt etwas zurückstellen. Als Dankeschön könnte man an der Kasse die Rechnung übernehmen, falls es gewünscht ist. Und eventuell macht es sogar Spaß, anschließend gemeinsam zu kochen? Aber vielleicht baue ich auch schon wieder nur Schlösser aus Gutmenschenluft.