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Diese Künstlerin malt mit ihrem Menstruationsblut

Wozu denn noch Farbe oder Tinte kaufen, wenn man doch so viel Gratisblut hat?

John Anna ist 23 Jahre alt. Sie ist eine Frau. Sie kommt aus dem französischen Nantes, lebt in Bordeaux und zeichnet schon seit dem Kindesalter. Seit zweieinhalb Jahren hat sie ihre Acryl- und Ölfarben gegen ein günstigeres und viel organischeres Medium eingetauscht: das Blut, das alle 28 Tage aus ihrer Vagina fließt. Nicht nur konnte sie damit viel mehr in Rot malen, sondern gleichzeitig hat sie auch eine neue Bewegung im Schnittbereich zwischen moderner Kunst und Feminismus geschaffen, der sie den Namen „Womanstruation" gegeben hat.

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Auf ihrem Tumblr postet sie regelmäßig Fotos ihrer Werke. In letzter Zeit hat sich ihre Kunst „radikalisiert", wie sie sagt, da die junge Künstlerin hauptsächlich mit ihrem Regelblut arbeitet. Sie sieht es als ein „ziemlich mächtiges Medium" mit einer „schönen Symbolik". Ich habe sie kontaktiert, um sie zu fragen, wie sie dazu gekommen ist, mit einer Körperflüssigkeit zu malen.

Wenn dir jetzt schon ganz schwindelig ist, hast du vielleicht eine Blutphobie. Lies bei MOTHERBOARD, was es damit auf sich hat und wie du sie loswirst.

VICE: Hallo, John Anna. Woher kam die Idee für dein Kunstprojekt Womanstruation?
John Anna: Ich hatte schon viele traditionelle Techniken gelernt, als ich als professionelle Zeichnerin gearbeitet habe. Als ich meinen Abschluss in visueller Kommunikation gemacht habe, entschloss ich mich dazu, meine Abschlussarbeit in Blut zu machen. So habe ich entdeckt, dass einige Künstlerinnen und Künstler mit ihrem Blut arbeiten. Daraufhin habe ich Lust bekommen, ein Kunstprojekt um dieses Thema zu machen. Ich machte meine Recherche und kam dabei zu dem Schluss, dass Blut ein sehr mächtiges Medium ist. Und so war Womanstruation geboren.

Erzähl mir etwas zu deinem Hintergrund.
Ich bin 23 Jahre alt, in Nantes geboren, aber ich lebe in Bordeaux. Ich bin ein Militärkind und bin häufig umgezogen. Ich habe in Dijon in der Normandie gelebt, dann in Guadeloupe. Ich zeichne schon seit dem Kindesalter und habe mich dann später Richtung Grafik orientiert. Ich habe Design und angewandte Kunst studiert und will bildende Kunst unterrichten.

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Warum hast du dich entschlossen, mit Menstruationsblut zu malen?
Nun ja, weil es ziemlich tabu ist. Wir tun es in den Müll, und wir versuchen, es zu verstecken. Ich will es zu etwas Schönem machen. Es hat eine schöne Symbolik. Ich will es in etwas einbinden, das ihm seine Rolle als Erschaffer wiedergibt.

Was ist die Botschaft? Handelt es sich um eine Ode an die Weiblichkeit oder an die Mütterlichkeit?
Ich beanspruche keine solche Botschaft für mich. Ich wollte das Blut einfach verwenden und rückblickend schätze ich, dass ich eine ziemlich feministische Herangehensweise habe. Ich will zeigen, dass Männer und Frauen gleich sind, dass wir in erster Linie Personen sind, und erst danach sexuelle Wesen.

Verstehe. Benutzt du auch andere Körperflüssigkeiten in deiner Arbeit?
In meinen Gemälden „Der Gral" und „Cocktail" habe ich eine Mischung aus Sperma und Menstruationsblut verwendet. Ich habe meinen damaligen Freund gebeten, mir etwas Sperma zu geben. Aber ich bin von dem Ergebnis ziemlich enttäuscht. Sperma sieht man nicht besonders gut.

Wie sehen die Leute in deinem Umfeld deine Arbeit? Haben die Frauen und Männer unterschiedliche Reaktionen darauf?
Es gibt Leute, die mich „widerlich" finden oder sagen, ich sei „bescheuert". Aber ich würde sagen, die Leute sind insgesamt ziemlich interessiert. Allgemein denke ich, dass Frauen spontan angeekelter sind als Männer. Ich zeige etwas, das sie sich dauernd anstrengen zu verbergen. Es ist, als würden sie sich selbst im Spiegel sehen, als würden sie sich einer Sache gegenübersehen, die sie hassen, als wäre ihre Intimsphäre verletzt.

Kommen wir zum Praktischen—wie kannst du dein Regelblut sammeln und aufbewahren? Wie lange kannst du es konservieren?
Wenn er fertig benutzt ist, wickle ich meinen Tampon in Papier und drücke ihn zusammen, um die Flüssigkeit herauszuholen. Die kommt dann in kleine Töpfchen, in meinem Kühlschrank. Es ist sehr wichtig, dass es nicht an der Luft ist. Wenn es kühl gelagert wird, hält es sich bis zu drei Wochen. Seit einem Jahr benutzte ich auch eine Menstruationstasse, was mir das Leben sehr erleichtert hat.

Kannst du mir etwas über die Motive deiner Gemälde erzählen?
Es sind oft Darstellungen von Frauen. Ich zeichne sehr gerne Frauen. Ich mag auch sehr gern melancholische Themen. Der Menstruationszyklus ist für mich eine Metapher für verstreichende Zeit. Ich male mit meinem Blut, wenn ich eine wichtige Botschaft habe. Es ist eine Möglichkeit, mich hundertprozentig zu involvieren. Außerdem arbeite ich noch an einem Comic. Ich würde auch sehr gern dreidimensional arbeiten—ich will Skulpturen machen und mit meinem Blut bemalen.

Welche Beziehung hast du zu deiner Regel? Wie siehst du sie seit der Pubertät?
Ich war sehr verstört, als ich sie das erste Mal bekam. Sie hat mich angewidert und ich habe mich geschämt. Doch durch meine künstlerische Arbeit habe ich sie gezähmt. Inzwischen hat es etwas von einem Spiel für mich. Ich warte jeden Monat ungeduldig auf meine Periode und habe überhaupt keine Probleme damit. Ich bin überzeugt davon, dass Kunst die Macht hat, uns in Harmonie mit unserem Körper leben zu lassen.