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Kunden beschweren sich über Frontlineshop: "Ich hoffe, ich sehe mein Geld jemals wieder."

Beim Streetwearhändler Frontlineshop warten Kunden seit Wochen auf Rückzahlungen für zurückgeschickte Klamotten. Sie machen sich Sorgen, dass der Onlinestore pleite und ihr Geld verloren ist.

Foto: imago | Steinach

Die Kunden von Frontlineshop sind sauer. Allein im Mai beschwerten sich über 41 Käufer bei Trustpilot—einer Plattform, bei der Kunden Onlinegeschäfte beurteilen. Die Frontlineshop-Bewertungen haben in den letzten drei Monaten fast durchgehend nur einen Stern von fünf. Stellt man sich die Stimmen im Internet als Menschen in Fleisch und Blut vor: Es wäre ein unzufriedener Mob. Ihre Geschichten klingen fast identisch: Sie bestellten Pullis, Shirts und Schuhe beim Frontlineshop und bezahlten. Aber als sie die Ware, die nicht passte oder nicht gefiel, zurückschickten, bekamen sie ihr Geld nicht zurück. Manche warten seit Monaten.

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So klagte Jens Mayer am 1. Juni, dass er schon seit zwei Monaten auf eine Rückzahlung in Höhe von knapp 300 Euro warte: "Mehrere freundliche Anfragen und eine Fristsetzung wurden mit Hinweis auf 'Systemumstellungen' abgewiesen." Tatjana Siegler machte eine ähnliche Erfahrung: "Warte auch seit ca. 2 Monaten auf meine Rückzahlung von mehr als 200€!!", schrieb sie am 18. Mai. „Bei Facebook posten sie dennoch fleißig neue Artikel und Werbung, negative Kommentare werden sofort gelöscht." Viele Kunden beklagen, dass sie schon mehrmals mit Hinweisen auf "technische Umstellungen" und "Neustrukturierungen" vertröstet wurden. Einige von ihnen fragen sich, ob hinter dem Ganzen vielleicht ein System steht, um Liquiditätsprobleme zu verstecken. "Warten auf Rückerstattung seit Februar!", schrieb User Wuttke78 vor sechs Tagen. "Entweder unseriöse Geschäftspolitik oder vielleicht an der Schwelle zur Insolvenz???"

Frontlineshop hat seit Mitte der 80er einen beeindruckenden Aufstieg von einem Versandhandel für Underground-Platten zu einem der größten Onlinestores für Streetstyle-Klamotten hingelegt—mittlerweile nur noch für Männer: 300 Brands, angefangen von Markenriesen wie Nike über Ben Sherman und Cheap Monday bis hin zu Designerlinien wie McQ by Alexander McQueen. Frontlineshop hat seinen Sitz in Hamburg. Gerüchte um eine Insolvenz wurden immer wieder laut. Zum letzten Mal flammte die Kritik 2013 auf: Auch damals beschwerten sich viele Kunden über verzögerte Rückzahlungen.

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Vor einem Jahr wurde Frontlineshop von Menlook.com übernommen—einem auf Männermode spezialisierten Onlinehändler aus Frankreich. Aber die Lage wurde nicht besser. Noch nie haben sich so viele Kunden auf einmal über Frontlineshop beschwert wie jetzt. Die Pressestelle schickt dieselben Erklärungen, mit denen der Onlinehändler die Käufer seit Monaten vertröstet: "technischer Umzug des Webshops", "Dienstleisterwechsel im Bereich Logistik und Zahlungsabwicklung" und "unser Team arbeitet mit Hochtouren daran".

Klar ist: So wird der Frontlinestore weiter Kunden verlieren. Onlineshops funktionieren mit viel Vertrauensvorschuss. Wenn man um sein Geld bangen muss, falls die T-Shirts oder Hosen nicht passen, ist es ungefähr so, als würde man jedes Mal eine Umkleidekabine mit der Angst betreten, 200 Euro ärmer rauszukommen.

André Habermann schreibt auf seinem Blog sosoyeah vom "Ende einer Institution". Er war ein langjähriger Fan: Seit Frontlineshop 1994 anfing, Klamotten zu vertreiben, bestellt er dort, "damals noch über den Katalog". Bisher sei er zufrieden gewesen, sagt André. Aber als er vor zehn Wochen zwei Hosen zurückschickte, bekam er bis heute keine Rückzahlung. "Ich hoffe, ich sehe mein Geld jemals wieder", sagt André. "Meine Rechtsschutzversicherung riet mir dazu, eine anwaltliche Mahnung zu schicken—und zwar möglichst schnell: Wenn sich solche Beschwerden wie momentan bei Frontline häuften, könnte es ein Zeichen für Insolvenzrisiko sein."

Auch in der Hamburger Verbraucherzentrale hat man in letzten Wochen öfter von Frontlineshop gehört: "Es sind jetzt keine Hunderte Beschwerden, aber so viele, dass der Name der Firma auffällt", sagt Julia Rehberg, eine Juristin der Verbraucherzentrale. Sie rät in solchen Fällen, Onlineshops per Einwurfschreiben zur Zahlung aufzufordern und eine Frist zu setzen. "Allerdings muss man überlegen, ob man das danach gerichtlich geltend macht", sagt sie. "Wenn ein Unternehmen pleite geht, bleibt man auf den Kosten sitzen." Oft reiche es allerdings aus, Druck zu machen: "Dann zahlen sie plötzlich doch."

Diese Erfahrung haben auch einige Kunden von Frontlineshop gemacht: Von den 41, die sich im Mai auf Trustpilot beschwerten, bekamen drei ihr Geld zurück: Zwei über Paypal-Käuferschutz. Einer, indem er Anzeige wegen Onlinebetrug bei der Polizei stellte.