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Interviews

"Das eigene Ego hat keinen Platz"—Basecamp im Interview

Am Dienstag tritt einer der heissesten amerikanischen Geheimtipps im Zürcher Stall 6 auf. Leadsänger Aaron Miller steht vor dem Gig Rede und Antwort.
Foto: Dylan Reyes

Detailverliebter Elektro-Soul aus der Country-Stadt Nashville? Basecamp machen es vor. Mit ihrer EP Greater Than haben sie 2015 nicht nur die internationale Blogosphäre überzeugt, sondern auch das Producer-Genie Skrillex, der die Band mit seinem Label unterstützt. Dabei wollten die drei ursprünglich eine ruhige Kugel schieben und nichts mehr vom schlafraubenden Brimborium des Erfolgs wissen. Am Dienstag geben Basecamp ihr erstes Schweizer Konzert im Zürcher Stall 6. Frontmann und Sänger Aaron Miller hat uns bei einem Zwischenstopp in Amsterdam ein paar wichtige Fragen beantwortet.

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Noisey: Aaron, ihr tourt seit einigen Wochen durch Europa. Was war bisher das Beste daran?
Aaron: Am allerschönsten ist es, durch unsere Musik mit den Leuten in Kontakt zu treten. Bloss der Schlafmangel macht uns echt zu schaffen.

Wie kommt ihr damit klar?
Ja, wir versuchen, gesund zu essen und überall Nickerchen zu machen.

Wie habt ihr drei eigentlich zueinander gefunden?
Wir waren schon vor Basecamp alle mit verschiedenen Bands unterwegs und hatten eigentlich keinen Bock mehr aufs Touren und das anstrengende Drumherum. Unsere ursprüngliche Idee war es daher, ganz entspannt Songs für Filme und TV zu schreiben. Aber dann war da plötzlich diese Musik, auf die wir sehr stolz waren. Und jetzt touren wir halt wieder.

Wie ist es denn so, im Trio Musik zu machen? Tritt man sich dabei nicht ständig auf die Füsse?
Man muss sich schon selber zurücknehmen. Das eigene Ego hat einfach keinen Platz in der Gruppe.

Aber manchmal muss man auch in einer Gruppe seine musikalische Meinung durchboxen, nicht?
Klar. Wir sind ja nicht immer einer Meinung. Du solltest dir aber deine Kämpfe gut aussuchen. Wenn du für jedes Detail in den Ring steigst, unterbrichst du den kreativen Arbeitsfluss.

Wie ist euer Prozess des Musikmachens und wofür entscheidest du dich, Herz oder Kopf?
Manchmal fängt es mit einer kleinen Textidee an, manchmal mit einer musikalischen. Es gibt keine Formel. In Wahrheit denke ich am liebsten gar nicht übers Musikmachen nach. Es ist viel inspirierender, einfach drauflos zu arbeiten, um intuitiv neue Klänge und Möglichkeiten zu entdecken, die du dir nie hättest ausdenken können.

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Wonach klingt für dich eure Musik?
Ach. Wir tun uns immer schwer mit Genres.

Uns zu liebe.
Mm. Ich würde sagen "Modern Soul". Aber egal, wie es klingt: Ehrlichkeit und Originalität sind uns in unserer Musik am wichtigsten.

Eure jüngste EP Greater Than ist auf Skrillex' Label OWSLA erschienen. Wie oft redet euch Sonny rein?
Eigentlich kaum. Sie sind alle happy mit unserer Arbeit und lassen uns einfach machen. Wir sind auch sehr zufrieden mit dem Label. Trotz der Grösse fühlt es sich an wie ein kleines Indie-Label.

Ihr seid alle aus Nashville, dem amerikanischen Epizentrum des Country. Hat euch das in irgendeiner Form beeinflusst?
Keiner von uns konnte längerfristig was mit Country-Musik anfangen. Was wir aber gelernt haben, ist das Verständnis dafür, was einen guten Song ausmacht und wie man eine gute Story erzählt. Darin liegt die Stärke von Nashville, während in Los Angeles zum Beispiel der Fokus auf der Produktion liegt.

Auch eure Beats klingen unglaublich ausgefeilt. Wie bringt ihr diesen Sound hin?
Wir verbringen zig Stunden damit, die richtigen Sounds zu finden und arbeiten auch viel mit Samples und Fieldrecordings. Was wir nicht mögen, sind Presets.

Standardfrage: Welches sind eure musikalischen Vorbilder?
Wie viel Zeit hast du? (Lacht) Mein Vater war Musiker, also hab ich früh ziemlich viel mitgekriegt. Von unseren Zeitgenossen sind es Leute wie Kendrick Lamar, Radiohead oder James Blake. Aber eben, ich könnte dir jetzt eine Stunde lang Namen aufzählen. Wir sind auf jeden Fall sehr breit aufgestellt.

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Was sind so deine Gedanken zur heutigen Musikindustrie?
Sie ist frustrierend und spannend zugleich. Aber wenn ich ehrlich bin, versuche ich so wenig wie möglich darüber nachzudenken. Ich fürchte, es würde meine Leidenschaft für die Musik schwächen, wenn ich zu viel Zeit darauf investieren würde, das Ganze zu durchschauen. Auch hier gibt es keine Formel für Erfolg.

Apropos Formel: Es tauchen immer wieder unglaublich gute Songs auf, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz komponiert wurden. Wird es den Musiker bald nicht mehr brauchen?
Diese Songs sind tatsächlich sehr gut. Ich mache mir generell Sorgen, dass der Mensch obsolet wird. Wie in diesem Kurzfilm Humans need not apply. Aber Angst habe ich keine. Bisher sind ja diese Maschinen darauf ausgelegt, von Menschen gemachte Musik zu imitieren. Ich glaube nicht, dass da jemals eine authentische Seele in dieser Musik spürbar sein wird. Also ich hoffe es zumindest.

Ihr spielt am Dienstag im Stall 6 in Zürich. Offensichtlich freut ihr euch.
Klar. Ich bin erst einmal nachts mit dem Zug durch die Schweiz gefahren, hab aber so gut wie nichts gesehen. Dabei habe ich sogar Schweizer Vorfahren!

Echt?
Ja, mein Urgrossvater väterlicherseits.

Woher genau?
Keine Ahnung. Ich frage gleich mal zu Hause nach.

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