Trainhopping in Europa

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Trainhopping in Europa

Das französische Kollektiv 4TH hilft dabei, die Hobo-Kultur nach Europa zu holen.

4TH sind vier junge Pariser, die davon überzeugt sind, dass Europa immer noch Spaß machen kann. Vor eineinhalb Jahren begannen sie, ausschließlich mit Zügen durch den Kontinent zu reisen. Ihre Abenteuer haben sie fotografiert.

„Procession“, ihre Ausstellung in der Flaq-Galerie in Paris, zeigt sie beim Rauchen und Taggen und wie sie gelangweilt in engen Güterwagons sitzen, die nach Ruß stinken. Während sie nach einem Verlag suchten, zeigten sie uns ein paar Schnappschüsse und beantworteten ein paar Fragen.

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Was bedeutet 4TH?
Dim: 4TH steht für „The 4th Dimension“. Das ist unser Kollektiv. Wir sind zu viert: Jack Tezam, Dim Jehosaphaat, Woody Van Tassel und Tendo Chan. Wir haben unsere eigene Parallelwelt geschaffen, eine Art Spielplatz, auf dem uns niemand irgendetwas vorschreiben kann. Es ist ein Abenteuerclub, wenn du so willst. Reisen inspiriert uns.

Warum habt ihr euch dafür entschieden, mit Güterzügen zu reisen?
Tendo: Das fing an, als ich eine Gruppe von Hobos mit Gesichtstattoos in Astoria in Oregon kennenlernte. Ich fragte mich, warum es so etwas nicht in Europa gibt. Also haben wir darüber nachgedacht und uns dazu entschieden, es zu machen. Und es wurde schnell zu einer Sucht.  
Jack: Wir sind eine Zeit lang durch die ganze Welt getrampt und ich erinnere mich, dass Tendo einmal von Zügen gesprochen hat. Wir suchten nach einem Abenteuer und waren außerdem komplett pleite. Es war also einfach eine logische Konsequenz aus unserem Leben davor.

Dim: Um ehrlich zu sein, genieße ich das Stadtleben so sehr, dass ich nie weg will. Aber nichts ist so gut, wie rußige Luft zu atmen, wenn du irgendwo entlang der Strecke verloren gegangen bist. Es ist etwas ganz Anderes.

Wo habt ihr Pause gemacht? Wie lang wart ihr unterwegs?
Jack: Im Allgemeinen an Bahnhöfen mitten im Nichts, also an wirklich seltsamen Orten. Wir laufen dann ein paar Tage herum, bevor wir wieder auf einen Güterzug aufspringen. Wir haben das fast eineinhalb Jahre lang gemacht, wann immer wir zwischen unserer Arbeit Zeit hatten.

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Tendo: Wir sind ein paar Mal in einem Betriebshof gestrandet. Das war wie das Bermuda-Dreieck—unmöglich herauszufinden. Das war eine anstrengende Woche, aber dort haben wir auch die schönsten verlassenen Gebäude gefunden.
Woody: Wir wollen diese Art des Reisens nach Europa bringen.

Wo schlaft und esst ihr?
Jack: Normalerweise schlafen wir in alten Wagons, verlassenen Fabriken oder leerstehenden Häusern. Wenn wir an einem neuen Ort ankommen, suchen wir nach Wasser und einer Möglichkeit, uns zu waschen.

Tendo: Einmal haben wir in der Cafeteria einer heruntergekommenen Fabrik übernachtet und die Decke des anderen Raumes krachte ein, weil eine Gruppe streunender Katzen im Raum darüber herumlief.

VICE: In den USA ist das Trampen mit Güterzügen relativ üblich und wird mit der Vagabundenkultur in Verbindung gebracht. Warum ist das in Frankreich und Europa anders?

Dim: Ich glaube, es gab schon immer Reisende und Entdecker, die in den großen Weiten Amerikas nach Abenteuern gesucht haben. Es ist ja auch die Geburtsstätte des so genannten Trainhoppings und vieler anderer Dinge, die uns heute jeden Tag beeinflussen. Diese Art des Reisens zu importieren—sogar bevor wir echte Vagabunden getroffen hatten—, spukte schon eine Weile in unseren Köpfen herum. Aber hier in Europa musst du ein bisschen waghalsiger sein.

Jack: Ja, hier ist es sehr gefährlich und nahezu unmöglich, vorher zu wissen, wohin der Zug dich bringen wird. Du solltest darauf vorbereitet sein, dich komplett zu verirren.

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Woody: In Europa fahren Güterzüge hauptsächlich mit Strom. Sie sind auch viel schneller und weniger leicht zugänglich als in den USA. Du musst wegen der Oberleitungen sehr vorsichtig sein, besonders wenn es regnet.

Tendo: Hier ist das eher wie eine schwierige Mission als eine romantische Fahrt mit einer Gitarre in der Hand und einem Zahnstocher zwischen den Zähnen.

Ich schätze, ihr trefft ziemlich interessante Leute auf euren Reisen.

Tendo: Mal abgesehen von Crackheads und anderen Zombies war es unser Hauptanliegen, Atomkraftwerke zu umgehen und immer genügend Erdnussbutter zu haben.

Jack: Einmal versteckten wir uns hinter unseren Taschen in der Ecke eines Tankwagens und ein Typ fing an, mit einem Stock auf uns einzuschlagen, weil er dachte, wir seien ein Haufen Müll. Als er bemerkte, dass wir Menschen sind, nutzten wir seinen Schockmoment und machten uns aus dem Staub.

Wollt ihr bald wieder zurück auf die Straße?
Jack: Sobald die Leute das lesen, sind wir wieder mit dem Zug unterwegs.

OK und mal abgesehen von Zügen: Was habt ihr sonst noch so in der nahen Zukunft vor?
Woody: Unser Kollektiv wächst. Wir arbeiten an verschiedenen Projekten, die du früh genug auf unserer Website entdecken wirst.

Im Moment haben wir die Show in Flaq-Galerie, mit der auch das „Road Dogs“-Projekt gelauncht wurde—ein Handbuch mit Fotos, Geschichten und Illustrationen. Wir würden auch gerne einen Kurzfilm aus dem Material machen, das wir auf unterwegs gefilmt haben, um es dem Buch hinzuzufügen.

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Dim: Der nächste Schritt ist es, einen Verleger zu finden.
Tendo: Im Moment haben alle Angst vor uns.