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Als NHL-Goalie Clint Malarchuk die schlimmste Sportverletzung der Geschichte erlitt

Bei einem Crash wurde Clint Malarchuk die Halsader aufgeschlitzt. Innerhalb kürzester Zeit verlor er 1,5 Liter Blut—und überlebte. Doch die NHL hat aus der Horrorverletzung nichts gelernt.

Foto: ESPN

Dieser Artikel ist zuerst bei VICE Sports erschienen.

Am 22. März 1989 ereignete sich auf dem Eis der Buffalo Sabres ein blutiges Drama. Die Sabres empfingen die St. Louis Blues. Der 27-jährige Clint Malarchuk stand bei Buffalo im Tor. Es waren fünf Minuten gespielt, als St. Louis einen Angriff startete. Steve Tuttle von den Blues stürmte auf Malarchuks Tor zu. Dabei wurde er vom deutschen Sabres-Verteidiger Uwe Krupp gecheckt. Tuttle raste in Malarchuk rein und traf den Goalie mit dem Schlittschuh am Hals und schlitzte ihm so die Halsader auf. Sofort riss sich Malarchuk den Helm vom Kopf, während das Blut aus der klaffenden Wunde spritzte und in Sekundenschnelle für eine riesige Blutlache auf dem Eis sorgte. Hier als Video (nur für Hartgesottene):

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Auch noch 27 Jahre später schockt das Video Zuschauer. Die Schreie im Publikum, das Entsetzen der Kommentatoren—der Horror angesichts dieser (glücklicherweise verpixelten) Bilder kennt kein Verfallsdatum. Der Legende nach sind elf Zuschauer in Ohnmacht gefallen, zwei haben eine Herzattacke erlitten und drei Spieler mussten sich aufs Eis übergeben. Malarchuk aber hat überlebt.

Und dafür kann er sich bei einem seiner Trainer bedanken. Die Rede ist von Fitnesscoach Jim Pizzutelli, einem Vietnamveteranen, der vor seinem NHL-Engagement Sportmedizin studiert hatte. Noch bevor der Schiedsrichter das Spiel unterbrochen hatte, stand Pizzutelli auf dem Eis. Geistesgegenwärtig steckte er Malarchuk zwei Finger in die Halsvene. Ein Handgriff, der dem Goalie das Leben retten sollte.

Das erste, woran Malarchuk in diesen Schreckenssekunden denken musste, war seine Mutter—auch weil er sicher war, dass er sterben würde. "Ich wollte nur vom Eis runter", sagte Malarchuk in einem Interview. "Meine Mutter verfolgte ja das Spiel am Fernseher und ich wollte nicht, dass sie mich sterben sieht." Dann ließ er seine Mutter vom Zeugwart anrufen und ließ ihr ausrichten, dass er sie liebt. Bevor er nach einem Priester fragte.

Clint Malarchuk bei einer ESPN-Doku über seinen schrecklichen Unfall. Foto: ESPN

Doch der war nicht nötig, Malarchuk hatte Glück im Unglück, obwohl er insgesamt anderthalb Liter Blut verloren hatte. Seine 15 Zentimeter lange Wunde musste mit 300 Stichen genäht werden. Trotzdem stand der Goalie nur zehn Tage später wieder auf dem Eis.

Doch das war viel zu früh, wie sich viele Jahre später herausstellen sollte. Nach einer ehrlichen, wenn auch wenig glanzvollen Karriere kehrte er zu seinen geliebten Pferden zurück, der "Cowboy Goalie", wie er unter NHL-Fans hieß. In einer Autobiographie schrieb Malarchuk: "Das war mein großer Auftritt. Eigentlich würde ich zu den Torhütern gehören, die nicht in die Geschichte eingehen. Doch durch diesen tragischen Moment wurde ich weltberühmt."

Ein tragischer Moment, der sich in derselben Liga—19 Jahre nach Malarchuk—wiederholen sollte. Am 10. Februar 2008, erneut auf dem Eis der Buffalo Sabres, schnitt die Kufe eines Mitspielers Richard Zednik von den Florida Panthers die Halsader auf. Auch er überlebte, beschloss aber, in der Saison nicht mehr aufs Eis zurückzukehren. Dieser Unfall sollte bei Clint Malarchuk böse Geister wecken.

Geplagt von Zwangsstörungen, Depressionen und Alkoholsucht unternahm der frühere Sabres-Goalie wenige Monate nach dem Zednik-Vorfall einen Selbstmordversuch. Am 7. Oktober 2008 hielt er sich eine Pistole unters Kinn und drückte ab. Die Kugel durchschlug seinen Kiefer und blieb in seinem Kopf stecken, ohne ihn jedoch zu töten. Kurze Zeit nach dem Suizidversuch begann er einen sechsmonatigen Entzug. Es war in dieser Zeit, dass ihm klar wurde, dass er im Frühjahr 1989 nicht so früh aufs Eis hätte zurückkehren dürfen. "Heutzutage hätten mir Experten erklärt, welche psychologische Belastung und welches Trauma von so einem Unfall ausgeht. Sie hätten mir geraten, nicht so früh zurückzukommen, um das Ganze in Ruhe aufzuarbeiten, und ich hätte auf sie gehört."

Leider hat die NHL anscheinend nichts aus den Verletzungen von Malarchuk und Zednik (sowie Rene Bourque, der eine ähnliche Halsverletzung erlitt) gelernt. Denn bis heute besteht keine Halsschutzpflicht in der amerikanischen Eishockey-Liga. Worauf wartet NHL-Commissioner Gary Bettman? Auf den nächsten Malarchuk, der nicht das Glück hat zu überleben?