Politik

So kommst du an den Corona-Impfstoff

Eine Mainzer Firma macht Hoffnung auf ein schnelles Ende der Pandemie.
Eine Frau wird beim Arzt in den Oberarm geimpft
Foto: imago images / Action Pictures

Die vergangene Woche war unter den vielen beschissenen Corona-Wochen sicher nicht die schlechteste: Erst wurde Trump gefeuert, dann verkündete  die Mainzer Pharmafirma BioNTech noch gute Zwischenergebnisse von der Covid-Front. Man habe in Zusammenarbeit mit dem US-Pharmariesen Pfizer einen vielversprechenden Impfstoff gegen den Virus entwickelt, der überraschend gut wirkt. 

Fast 44.000 Probanden hat der Impfstoff in klinischen Studien mit 90-prozentiger Wirksamkeit vor Covid-19 geschützt. Das ist viel mehr, als sich Zulassungsbehörden und Forscher erhofft hatten. Entsprechend gingen bei der Nachricht die Börsen durch die Decke. Die Welt schaut nun nach Mainz, die EU hat schon Verträge mit Pfizer und BioNTech abgeschlossen. Der Impfstoff soll bereits im Frühjahr 2021 verfügbar sein.

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Mit der Zulassung eines Impfstoffs geht natürlich vor allem die Hoffnung einher, dass sich das öffentliche Leben wieder einigermaßen normalisieren kann. Wer aber zuerst geimpft wird, ist nicht nur eine organisatorische, sondern eine ethische Frage. 

Wer entscheidet, wer zuerst dran ist?

Das macht ein Gremium rund um den Deutschen Ethikrat. Gemeinsam mit der Ständigen Impfkommission und der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina haben die Forscher ein Papier mit Empfehlungen vorgelegt, wie die Verteilung aussehen könnte. Das Leitprinzip: Solidarität. 

Anfang November hat die Kanzlerin schon durchklingen lassen, wie sie sich das vorstellt: "Ganz vorn dran sind natürlich Pflegekräfte, Ärzte und auch Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören", so Angela Merkel. "Das sind dann allerdings schon recht viele in unserem Land." 

Stimmt: Ganze 23 Millionen Menschen in Deutschland sind älter als 60 Jahre, dazu kommen noch Diabetespatienten und Menschen mit anderen Vorerkrankungen wie starkem Übergewicht oder Bluthochdruck. Alles in allem zählen laut Jens Spahn fast 40 Prozent der Bevölkerung zu Risikogruppen. Klar, dass man da Prioritäten setzen muss. 

Wenn du jung und gesund bist, wirst du also wahrscheinlich nicht zu den ersten gehören, die eine Impfung bekommen.

Und was, wenn die Jungen zuerst geimpft werden würden?

Der Vorschlag ist gar nicht mal so abwegig, zumindest laut einer Modellrechnung des Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle: Da jüngere Menschen mobiler sind und stärker als die Alten zur Virusausbreitung beitragen, wäre es möglicherweise schlau, sich zunächst auf jüngere Altersgruppen zu konzentrieren, argumentieren die Forschenden.

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Das bedeutet nicht, dass sich jüngere Menschen durchs rücksichtslose Feiern anstecken, im Gegenteil: In Berlin zeigt sich gerade, dass die Infektionsraten bei Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren, die wieder in die Schule gehen müssen, trotz Lockdown rasant ansteigen. Wenn eins der formulierten Ziele des Ethikrat-Positionspapiers also "Solidarität" darstellt, müsste man folglich überlegen, ob man jüngere Leute nicht besser schützen kann, indem man zum Beispiel die Klassen kleiner macht und in Gruppen aufteilt. 

Was passiert, wenn sich Corona-Leugner nicht impfen lassen?

Das ist nicht ganz klar. Im Zweifelsfall dauert alles dann einfach viel länger. Zwar kostet es nichts, sich impfen zu lassen – die Kosten übernehmen die Gesundheitsämter – und es wird mobile Impftrupps geben, die zum Beispiel in die Pflegeheime kommen, aber eine Impfpflicht wird es nicht geben. Das hat der Gesundheitsminister kürzlich noch mal klargestellt. Dennoch müssen sich laut den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission rund 70 Prozent der Bevölkerung impfen lassen, um den Virus aufzuhalten.


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Ist die Pandemie also bald endlich vorbei?

Ganz so schnell geht es leider nicht. Experten glauben, dass man sich mindestens zweimal impfen lassen muss, um einen wirksamen Schutz aufzubauen. Das heißt: Es wird eine ganze Weile dauern, bis wirklich die ganze Bevölkerung durchgeimpft ist. Für 50 Prozent der Weltbevölkerung bräuchte man ungefähr acht Milliarden Impfdosen. Und natürlich müssen die Hersteller auch mit dem Nachschub hinterherkommen. Momentan sieht es nicht danach aus, als würde das in einem Jahr klappen. Die Verbandsgruppe Impfungen Europa hat berechnet, dass pro Jahr global nur fünf Milliarden Impfungen zur Verfügung stehen können. So gut die Nachricht mit dem Impfstoff auch ist: Corona werden wir so schnell nicht los.

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