Nach dem Club nach Hause zu laufen, ist das Beste, was du im Sommer machen kannst

Kennst du dieses Gefühl völliger Überdrehtheit nach einer Nacht im Club? Nach einer Hausparty bei Freunden? Nach einem richtig guten Konzert? Da gibt es diesen Moment, wo keine Hinhaltetaktik mehr hilft. Das eine Bier und dann noch das Glas Wein … Die hast du eh schon nur für den Augenblick getrunken. Für das Beisammensein. Das Wohlsein. Für das Miteinander. Aber dann ist es so weit, jetzt steht wirklich der Heimweg an.

Man plumpst so raus, aus dem Club, aus dem Hausflur, aus dem angenehm Dunklen. Das ist irgendwie krass. Die Augen haben Probleme sich umzustellen, der Magen fühlt sich auch kurz komisch an. An dieser Stelle die nächste S-, U-Bahn- oder Tramstation anzupeilen, wäre fatal. Der Abend war gut, die Nacht noch besser—jetzt versau dir bloß nicht den Morgen! Stelle dir lieber vor, du wärst in einem Film. So einem Hollywood-Ding. Coming-of-Age. Sonnenaufgang, alles ist möglich. Melancholie gemischt mit den Überresten von Cola mit Rum auf der trotzdem ziemlich rauen Zunge. Und dann läufst du einfach los.

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Keiner sagt dir, du hättest dies oder das anders machen oder ganz sein lassen sollen. Es gibt tatsächlich Lösungen. Für alles. Und das Beste daran: Du musst das nicht mal aussprechen.

Schon klar, nach zehn Minuten wird einem plötzlich bewusst, dass der Weg in Richtung der eigenen vier Wände doch um einiges länger ist, als die ersten verstrahlten Gedanken vermuten ließen. Aber das ist nun auch egal. Ein bisschen frösteln, trotz Hochsommer, ist völlig ok. Mit dem Blick zwischen Asphalt und babyrosa Himmel schwankend, kannst du endlich mal anfangen, das Erlebte zu sortieren. Oder auch die Sachen. Ist das Handy noch da? Hab ich die Nummer vorhin überhaupt eingespeichert? Wenn ja, unter welchem Namen? War ich zu laut? Oder zu leise?


Aus dem VICE-Videonetzwerk: So geht nüchtern feiern:


Das Durchatmen tut gut. Und wenn du dann erst einmal die ersten Kopfkino-Schlaufen hinter dich gebracht hast, stellt sich so ein herrlich leeres Gefühl ein. Die Überdrehtheit macht Platz für Klarheit.

Die Stadt sieht mit einem Mal anders aus. Irgendwie liebevoller. Als wäre sie nur für dich gemacht. Sie liegt so ruhig und verständnisvoll um dich herum—wie die beste Freundin, die Mutti, die Schwester. Nur ist das hier um einiges wertfreier. Keiner sagt dir, du hättest dies oder das anders machen oder ganz sein lassen sollen. Was am Tag hässlich und dreckig wirkt, ist in diesem Moment einladend. Es gibt tatsächlich Lösungen. Für alles. Und das Beste daran: Du musst das nicht mal aussprechen. Schweigen ist jetzt total geil.

Unterwegs entsteht das, was die dröhnende Musik im Club noch verhinderte: die Quatsch-dich-mal-so-richtig-aus-Atmosphäre

Tipp für Fortgeschrittene: Dieses Latschen-ohne-Termindruck funktioniert auch ziemlich super mit Freunden.

Zusammen nur den Geräuschen der eigenen Schritte lauschen, kommt da genauso gut. Reden geht aber auch. Schließlich unterstützt die dröhnende Musik in Clubs nicht gerade eine Quatsch-dich-mal-so-richtig-aus-Atmosphäre. Das kommt danach. An dem Punkt gibt es zwei Möglichkeiten: Ehrlichkeit oder Dadaismus. Entweder du redest dir mal alles von der Seele. Die Nacht, die Woche, das Leben. Halt so generell und im Detail. Unter freiem Himmel, mit immer mal wieder vorbeisummenden Autos und kitschigen Vogelgezwitscher, ist das nämlich so hilfreich wie eine zweiwöchige Ayurveda-Kur auf Sri Lanka. Zweite Möglichkeit: sinnlos sein. Dialog-Akrobatik. Auf einen Halbsatz folgt ein weiterer, der nur den Zweck erfüllt, auf keinen Fall zu dem davor zu passen. Das lässt mal kurz alles Ernsthafte aus dem Gehirn purzeln. Ja, das ist geteilte Freiheit.

Aber so rundum toll ist so ein Spaziergang nach Hause natürlich nicht immer. Einmal lief ich mit zügigem Schritt an zwei Männern vorüber und dabei hatte ich noch ein großes Grinsen im Gesicht. War halt eine nette Nacht. Bis dahin. Denn die Typen glaubten nun, ich würde sie befeuern wollen, mir genauso schnell hinterherzulaufen. Anzüglichkeiten spuckten sie mir dazu auch noch nach. Ich versuchte es mit Tunnelblick und noch hastigeren Bewegungen. Das heizte nur an.

In solchen Augenblicken hilft es auf eine Person zu hoffen, die in der Nähe gerade eine Haustür aufschließt—und da dann hineinhechten. Kurze Verschnaufpause, und danach ohne Idioten weiter. Auch wichtig: Pfefferspray und die Telefonnummer der Polizei auswendig können, also: eins-eins-null. (Wenn du ganz auf Nummer sicher gehen willst, kannst du dir auch eine dieser Apps, mit denen Freunde deinen Nachhauseweg beobachten können, herunterladen.)

Komische, unangenehme Situationen gibt es viele. Aber irgendwie können die nicht dieses besondere Hoch madig machen, das man beim Laufen nach einer langen Clubnacht kriegt.

Taxi ist da total überbewertet. Beim Spazieren lernst du die Stadt wirklich kennen. Also auch die schönen Seiten, ganz ohne die sonst so überfüllten Straßen. Manchmal hole ich mir dann an einem Späti noch einen Kaffee. Die sind um die Zeit besonders bitter. Und immer zu heiß. Die raue Zunge ist dann oft gleich mal verbrannt. Aber auch das geht absolut in Ordnung.

Das Bett naht und wenn du erst mal die Tür zu Hause hinter sich abgeschlossen, Schuhe und Kleidung in die nächstbeste Ecke geworfen und dann dich aufs Laken fallengelassen hast, ist der Schlaf umso tiefer. Alles fühlt sich richtig an.

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