Ein brutaler Polizeieinsatz, eine vom obersten Gericht verbotene Abstimmung und Massenproteste: Spanien kommt seit den Ereignissen am Wochenende nicht mehr zur Ruhe. Mittendrin im politischen Konflikt zwischen der spanischen Zentralregierung und der katalanischen Provinz ist dabei der Sport, allen voran der Fußball. Auch hier zeigt sich, dass die Gräben tief sind. Kaum ein Ereignis stand dafür so beispielhaft wie die La Liga-Partie zwischen dem FC Barcelona und Las Palmas (3:0).
Erst Stunden vor dem Spiel verhängte die Führungsetage des FC Barcelona ein Geisterspiel – die Fans standen da bereits vor dem Stadion. Schon zuvor war es zu Gerüchten gekommen, die Polizei wolle das Spiel absagen, die sich aber nicht bestätigten. Während sich Messi, Suarez und Co. vor leeren Rängen warm machten, warteten die Fans vor den Eingangstoren also auf ein Zeichen – das auch kam. 25 Minuten vor Anpfiff wurde entschieden, gegen die Zuschauer und für eine Geisterspiel aus Protest.
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Doch das Geisterspiel war nicht das Einzige, in dem sich die angespannte Lage deutlich machte: Barcas Spieler zeigten vor den Fernsehteams im beinahe leeren Stadion Flagge – getreu dem Vereinsmottos Més que un club – mehr als ein Club: Auf dem offiziellen Foto vor dem Spiel ist die Mannschaft noch in Trainingsshirts zu sehen – in den Farben Kataloniens.
Offiziell richteten sich die Aktionen dabei gegen die spanischen Liga-Bosse. Sie hatten trotz der Schwierigkeiten, die aufgrund des Referendums zu erwarten waren, auf die Durchführung des Spiels bestanden. Ob auch Sicherheitsrisiken eine Rolle spielten, bleibt bis jetzt unklar, eine Verschiebung wäre wohl ohne größere Probleme möglich gewesen. Laut Berichten der BBC hatte aber der Chef der La Liga, Javier Tebas, den Katalanen eine 6-Punkte-Sperre angedroht, sollten sie die Partie nicht antreten. Noch brisanter: Barcas Kontrahenten aus Las Palmas liefen mit spanischer Flagge auf dem Trikot auf. Eine Provokation – nach BBC-Informationen ebenfalls abgesegnet vom spanischen Verband.
Am Rande des Spiels zeigten sich viele Sportler schockiert. Unter Tränen bot Gerard Piqué seinen Rücktritt aus der Spanischen Nationalmannschaft an: “Falls der Verband wirklich denken sollte, dass ich ein Problem bin, werde ich zurücktreten”, erklärte der Verteidiger. In der Vergangenheit war er bereits mehrfach von spanischen Fans wegen seinem klaren Bekenntnis zu einem unabhängigen Katalonien ausgepfiffen worden. Auch Xavi, der bis 2014 für die Spanische Nationalmannschaft antrat, sprach mit Blick auf die Polizeigewalt von einer “Schande”.
Ähnliches war aus England zu hören. Pep Guardiola, der selbst aus der Provinz Katalonien stammt, hatte sich schon des öfteren stark für die Unabhängigkeit gemacht. Nach den Ereignissen meldete er sich mit drastischen Worten: “Sie unterstützen Polizisten, die Menschen attackieren, die zur Wahl gehen wollen. Das sind doch keine Bankräuber. Menschen sind mit Gummigeschossen verletzt worden, die sind in Katalonien illegal”, zitiert in die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus einem Radio-Interview.
Noch vor wenigen brachte sich der 46-jährige als Anwärter auf die Position als Spanischer Nationaltrainer in Stellung. Bei seinen Äußerungen zum Referendum betonte er dabei ebenso wie Piqué, dass sein Engagement für die Unabhängigkeit keinesfalls aus einer Ablehnung Spaniens komme. Trotzdem bliebe bei einer tatsächlichen Abspaltung die Frage offen, inwieweit eine sportliche Einheit in Form einer gemeinsamen Nationalmannschaft überhaupt möglich wäre. Doch mit Blick auf die gewaltigen politischen Probleme scheint die Gefahr einer Spaltung der großen Fußballnation ein vergleichsweise unwichtiges Problem.