Wahrscheinlich wird zurzeit über kaum eine andere Strasse in Zürich so viel gesprochen und geschrieben wie über die Langstrasse. Seit Rolf Hiltl seinen neuen Club an der Langstrasse in Anlehnung an die Perla Mode – ein Künstlerhaus, das zuvor an dieser Stelle stand – "Perle" nannte, fühlt sich auch die lokale Underground-Künstler- und Musikszene vor den Kopf gestossen.Die Langstrasse verändert sich schnell: Wo vor einigen Monaten noch Dönerverkäufer ihre Speisen an den Mann brachten, stehen heute hippe Bars mit American-Style-Pizzen und Burgerläden. Um die schnelllebige Langstrasse für einen Moment anzuhalten, hat der ZHdK-Abgänger Lucien Woodtli 98 Menschen, die die Langstrasse zu dem machen, was sie momentan ist, auf Polaroid-Fotos festgehalten. Während seinen Streiftouren hatte Lucien auch ein schwarzes Buch dabei, in das seine Protagonisten ihre Gedanken zur Langstrasse malen oder schreiben konnten.
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In unserer Langstrassenwoche haben wir Gesichter der Langstrasse porträtiert:
"Die Langstrasse oder allgemein der Chreis Cheib ist für mich ein Ort, an dem jeder so sein kann wie er will und für das akzeptiert wird, was er ist", erklärt Lucien. Mindestens 20 Minuten hat er mit jeder Person verbracht, die er in seinem Buch porträtiert hat. Aus manchen Begegnungen entstanden auch Freundschaften, wie aus jener mit Metin von der Fussballbar Zucchero. Andere Begegnungen waren schwieriger: "Ein Zuhälter hat mir auch schon mit Prügeln gedroht, weil ich eine Sexarbeiterin für ein Foto für das Buch gefragt habe", erzählt Lucien aus der Entstehungsphase des Buches "Chreis Cheib". Abgeschlossen ist das Projekt für ihn noch nicht, in zehn Jahren möchte er das Projekt wiederholen – wahrscheinlich mit einigen neuen Protagonisten.