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Drogen

Ruhrpott-Fußballer wird suspendiert, weil er über Drogenkonsum spricht

Doch die Droge, die Rot-Weiss Essens Dennis Malura täglich nimmt, soll im deutschen Profifußball mittlerweile zum Alltag gehören.
Ein Teamkollege von Dennis Malura behauptet den Ball gegen den Gegner vom TuS Erndtebrück || Foto: imago | Markus Endberg

Bei Rot-Weiss Essen würden sie am liebsten jedes Wochenende ein Revierderby gegen Borussia Dortmund oder Schalke 04 abhalten. Oder zumindest gegen den MSV Duisburg. Stattdessen empfing der deutsche Fußballmeister von 1955 am Samstag den TuS Erndtebrück zu einem bedeutungslosen Regionalliga-Kick: Die Gäste waren bereits abgestiegen, Rot-Weiss Essen dümpelt im Mittelfeld der viertklassigen Liga herum. Essens Dennis Malura durfte trotzdem nicht mitspielen. Der Abwehrspieler hatte tags zuvor offen über seinen Drogenkonsum gesprochen, sein Trainer suspendierte ihn umgehend.

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"Ich nehme es seit sechs Jahren", sagte Malura der Bild-Zeitung. "Als ich es die ersten Male genommen habe, ging es mir richtig dreckig. Aber es macht extrem abhängig." "Es" ist der Oraltabak Snus: in Schweden frei erhältlich, in Deutschland für den Handel verboten, auch, weil er Bauchspeicheldrüsenkrebs und Zahnfleischschäden auslösen soll. Dennoch scheinen sich zahlreiche Profifußballer die grauen und braunen Päckchen so sorglos unter die Oberlippe zu schieben, wie sie sich die Stollenschuhe schnüren.


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"Ich schätze, ein Viertel aller Fußballer machen das", sagte ein Profi des Erstligisten SC Freiburg im vergangen Jahr dem NDR. Der Profi blieb allerdings anonym, anders als Dennis Malura. Er sagte im Bild-Interview, es werde "extrem viel" konsumiert. Der ehemalige Zweitligaspieler habe in Mannschaften gespielt, in denen "bis zu zehn Spieler" Snus genommen hätten – das wäre sogar mehr als ein Drittel des Kaders. Marco Reus, einer der beliebtesten Fußballer Deutschlands, postete 2015 ein Foto während einer Auswärtsreise von Borussia Dortmund in der UEFA Europa League. Mit im Bild: eine schwarz-weiße Dose, die mehrere Nutzer als ein Snusprodukt erkannten.

Malura sagt, er habe Snus das erste Mal von einem damaligen Mitspieler bekommen. Zwölf bis vierzehn Päckchen Snus habe der 33-Jährige heute täglich im Mund. Trotzdem – oder gerade deswegen – machte Malura in dieser Saison 24 Regionalligaspiele für Rot-Weiss Essen, die er als Verteidiger mit einem Tor und drei Torvorlagen veredelte.

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Malura: "Hoffe, dass vor allem junge Sportler davor mehr gewarnt werden als ich"

Snus mache entscheidungsfreudiger, wacher und stressresistenter, berichten Nutzer. In Zeiten von Laptop-Analysen, Matchplänen und Gegenpressing hätten Fußballspieler auf Snus möglicherweise einen Vorteil, um sich im komplexen Gegenwartsfußball zu behaupten. Auch in der Regionalliga, wo Spieler wie Malura keine Facebook-Fanpages benötigen und vor 7.000 statt 70.000 Zuschauern auflaufen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur beobachte Snus, hat es aber bislang nicht als Dopingmittel eingestuft.

Dennis Malura hält den Ball zum Einwurf in seinen Händen, im Hintergrund sind die leeren Ränge des Essener Stadions zu sehen

Dennis Malura im Regionalligaspiel gegen den KFC Uerdingen Mitte März | Foto: imago | Eibner

Malura habe Snus allerdings weder konzentrierter noch reaktionsschneller gemacht, sagte er. Stattdessen würde er unruhiger schlafen. Dennoch könne er nicht mit Snus aufhören. Das sei auch der Grund, warum der Spieler sich zu diesem ungewöhnlichen Zeitpunkt, während der laufenden Saison, zum Interview mit der Bild entschieden habe: Der Konsum sei kein harmloses Problem. "Ich hoffe, dass andere und vor allem junge Sportler davor mehr gewarnt werden als ich", sagte der Essener.

Sein Verein scheint Maluras Beichte mittlerweile anders einzuordnen als noch am Spieltag. Marcus Uhlig, der Vorsitzende von Rot-Weiss Essen, sagte gegenüber Der Westen, dass nicht Maluras Snus-Konsum, sondern die Nicht-Absprache des Geständnisses mit dem Verein zur Suspendierung geführt hätte. Man wolle nun in den nächsten Tagen entscheiden, wie es mit Dennis Malura weitergeht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er doch nochmal in Rot-Weiß aufläuft. Der Spieler selbst will "alles daran setzen", von Snus wegzukommen.

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