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Das passierte, als fünf Oktopusse in MDMA badeten

Oktopusse sind gern allein und kuscheln gefällt ihnen gar nicht. Doch wenn sie in MDMA baden, werden sie dem Menschen erstaunlich ähnlich.
Ein – vermutlich nüchterner – Oktopus im Aquarium | Bild: Shutterstock | Fotokon

Eigentlich sind Oktopusse krasse Einzelgänger. Ihren Artgenossen gegenüber verhalten sie sich feindselig, selbst bei der Paarung beschränken sie sich auf den nötigsten Körperkontakt. Doch Forschende der Johns Hopkins University haben nun gezeigt, dass sich das Verhalten der Tiere unter dem Einfluss von MDMA radikal verändert: Sie reagieren ähnlich wie der Mensch auf die Substanz und gehen sogar auf Kuschelkurs.

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Studien haben gezeigt, dass MDMA, der Wirkstoff in Ecstasy-Pillen, bei Menschen ein prosoziales Verhalten fördern kann – das heißt, dass sie anderen Gutes tun möchten. Bei vielen Menschen ruft MDMA Gefühle von Euphorie und emotionaler Nähe hervor. Darum wird in klinischen Studien getestet, inwiefern MDMA zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen und Angststörungen eingesetzt werden kann.

Wenn ein Mensch MDMA nimmt, schüttet das Gehirn Botenstoffe aus, die seine Wahrnehmung und Stimmung verändern, unter anderem Serotonin. Forschende haben entdeckt, dass auch Oktopusse das Gen besitzen, das für die Umwandlung von Serotonin zuständig ist – und das, obwohl sich Oktopusse und Menschen vor 500 Millionen Jahren genetisch auseinander entwickelt haben. Mit ihrem Experiment wollten die Forschenden also untersuchen, welche Rolle Serotonin im prosozialen Verhalten spielt.

Oktopusse kuscheln nicht gern – eigentlich

Ihre Frage testeten die Forschende an der einzigen Oktopus-Spezies, deren Genom vollständig entschlüsselt ist: dem Octopus bimaculoides. Zuerst beobachteten sie das normale Sozialverhalten der Tiere, indem sie fünf Oktopusse nacheinander in ein Aquarium mit drei Kammern steckten. Die mittlere Kammer war leer, in einer Kammer befand sich ein weiterer Oktopus in einem Käfig, in der dritten Kammer befand sich eine Plastikfigur, die die Neugier der Tiere wecken sollte. Die Versuchstiere konnten sich im Aquarium frei bewegen. Die Forschenden schauten zu und notierten, wie viel Zeit die Tiere alleine, mit ihrem Artgenossen und mit dem Plastikspielzeug verbrachten.

Der Versuchsaufbau des Oktopus-Experiments: Ein Aquarium mit drei Kammern.
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Zuerst beobachtete das Team das Verhalten der nüchternen Oktopusse. Dann verabreichten sie den Tieren die Drogen: Sie steckten sie zehn Minuten lang in ein MDMA-Bad und gaben sie dann in das Aquarium zurück.

Tatsächlich verhielten sich die Tiere unter Drogeneinfluss ganz anders als beim nüchternen Testdurchlauf. Die Oktopusse verbrachten mehr Zeit gemeinsam in einer Kammer und suchten sogar körperliche Nähe zu ihren Artgenossen. Dabei ist Kuscheln kein gewöhnliches Verhalten bei Oktopussen. Sie legten sogar ein "Wasserballett" hin, wie es die Forschenden bezeichneten, und ließen sich im Wasser treiben, alle acht Arme von sich gestreckt. Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass der Botenstoff Serotonin auch bei den Oktopussen das Sozialverhalten fördert. Ihre Studie haben die Forschenden am 20. September im Fachmagazin Current Biology veröffentlicht.


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Viele Tierschützerinnnen und Tierschützer lehnen diese und andere Tierversuche grundsätzlich ab. Die Organisation Peta fordert zum Beispiel den "Absprung zu tierversuchsfreien Methoden", der Deutsche Tierschutzbund möchte die Versuche zumindest langfristig durch Alternativmethoden ersetzen. Trotzdem glauben Forschende wie die Neurowissenschaftlerin Gül Dölen, die das Oktopus-Experiment leitete, dass die Versuche wichtige Erkenntnisse über die Funktionen des Gehirns liefern können.

"Obwohl die Gehirne von Oktopus und Mensch sich anatomisch unterscheiden, konnten wir zeigen, dass es beim Serotonin-Gene Ähnlichkeiten gibt", sagte Gül Dölen in einer Pressemitteilung. "Diese molekularen Ähnlichkeiten reichen aus, damit MDMA prosoziales Verhalten bei den Tieren auslösen kann."

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Dieser Artikel ist zuerst auf der englischsprachigen Seite von Motherboard erschienen.