Wahrscheinlich hast du Herpes und ziemlich sicher weißt du nichts davon

Wenn du noch keine 50 bist und auf dem Planeten Erde lebst, besteht eine gute Chance, dass du Herpes hast. Zumindest laut der Weltgesundheitsorganisation WHO, die letzte Woche ihre erste Einschätzung der weltweiten Verbreitung des Virus veröffentlicht hat.

Zwei Drittel der Weltbevölkerung unter 50 Jahren—mehr als 3,7 Milliarden Menschen—haben sich demnach mit den Herpes simplex Virus Typ 1 (HSV-1) infiziert, der die bekannten Fieberblasen hervorruft (Lippenherpes). 417 Millionen weitere Menschen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren sind mit Typ 2 (HSV-2) infiziert, der schmerzhafte, wiederkehrende Geschwüre im Genitalbereich mit sich bringen kann (Genitalherpes).

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Bevor du erleichtert aufgrund der unterschiedlichen Virentypen aufatmest, solltest du jedoch wissen, dass sich Erkrankungen mit HSV-1 zwar meist auf den Mundbereich beschränken, jedoch auch den Genitalbereich befallen können. Und du solltest wissen, dass das immer öfter auch Menschen in reichen Ländern passiert.

Laut WHO ist das auf die verbesserte Hygiene in Ländern mit hohem Wohlstand zurückzuführen, wodurch sich die Infektionsgefahr mit HSV-1 bei kleinen Mädchen und Jungen reduziert hat. Während eine Ansteckung normalerweise im Kindesalter geschah, infizieren sich Teenager und junge Erwachsene immer häufiger erstmals beim Oralsex.

Der Typ HSV-2 erhöht das Risiko, sich HIV einzufangen und weiterzugeben. Die WHO vermutet, dass das Herpes-Virus womöglich für bis zu 60 Prozent der Neuansteckungen mit HIV in Gebieten mit einer hohen Verbreitung von Genitalherpes verantwortlich ist. Über den Zusammenhang von HSV-1 und HIV/AIDS ist wenig bekannt. Jedoch können bei Personen mit einem schwachen Immunsystem, die an HSV-1 erkranken, schwere Folgeerkrankungen wie Enzephalitis—eine Entzündung des Gehirns—auftreten.

Es gibt weder einen Impfstoff, noch ein Medikament gegen Herpes. Wenn du es dir einmal einfängst, hast du es für den Rest deines Lebens. Und etwa 90 Prozent der HSV-2 Infizierten in den USA wissen nicht einmal von ihrem Glück. Denn Ärzte suchen selten nach diesem Typ von Herpes-Viren, da Genitalherpes typischerweise ohne Symptome verläuft, was die Verbreitung zusätzlich begünstigt.

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Die WHO, das US-Gesundheitsministerium (genau genommen die National Institutes of Health) und Privatunternehmen arbeiten an der Entwicklung einer Impfung gegen Herpes, haben aber bisher noch keine Lösungen vorweisen können. „Wir müssen die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Herpes simplex Virus forcieren. Wenn eine Impfung gegen HSV-2 zugleich vor HSV-1 schützen würde, hätte das weitreichende positive Auswirkungen,” sagte Sami Gottlieb, eine Ärztin der WHO.

Es gibt zwar Behandlungsmöglichkeiten gegen die Symptome von Herpes, wie antivirale Medikamente mit den Wirkstoff Valaciclovir, aber sie führen nicht zu einer vollständigen Heilung und verhindern keine zukünftigen Krankheitsausbrüche. Herpes kommt immer wieder, egal ob du willst oder nicht, so wie deutsche Comedy-Stars.

Foto: Metju~commonswiki | Wikicommons | Gemeinfrei

Der WHO-Ärztin Gottlieb zufolge beendete der Pharmakonzern GlaxoSmithKline vor kurzem Forschungen zur Entwicklung eines Wirkstoffs gegen HSV-2, obwohl er eine gewisse Effektivität gegenüber HSV-1 zeigte. „Die Ergebnisse waren äußerst interessant und vielversprechend und beweisen, dass ein Impfstoff gegen Herpes entwickelt werden kann”, sagt sie und fügt hinzu, dass neue Impfstoff-Tests gerade stattfinden.

Dies ist bereits der zweite alarmierende Bericht der WHO in dieser Woche, nachdem sie am Montag enthüllte, dass industriell verarbeitetes sowie rotes Fleisch krebserregend sein kann. Zumindest ist Wurst weiterhin nicht so schlimm wie Rauchen. Ansonsten: Beglücke uns weiterhin mit deinen Hits, WHO.


Titelbild: Ed Uthman | Flickr | CC BY-SA 2.0