Foto von Kurt Prinz
Zwei Monate später, im September 2014, stehen in Wien rund zwei Dutzend Fans des SK Rapid vor Gericht. Bei einem Freundschaftsspiel gegen den 1. FC Nürnberg kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, nachdem diese in die gemeinsam feiernden Fans aus Wien und Nürnberg gestürmt war. Auch hier vor Gericht das gleiche Bild: Die Fans müssen sich wegen Landfriedensbruch verantworten.Der Paragraf, der sich sowohl gegen linke Demonstranten als auch gegen feiernde Fußballfans anwenden lässt, ist, wie der Name Landfriedensbruch schon vermuten lässt, eigentlich ein wenig altertümlich. Die Idee stammt aus dem Mittelalter. Nach sozialen Aufständen wurde damals die revolutionäre Bevölkerung angeklagt, weil sie den Frieden im Land—also das Recht der Adligen und des Königs—gebrochen hatte.Später wurde dieser Straftatbestand eigentlich kaum noch eingesetzt. Von 1974 bis 2008 hatte es gerade einmal 24 Verurteilungen wegen Landfriedensbruch gegeben. Das änderte sich radikal mit der Europameisterschaft 2008, die in Österreich ausgetragen wurde. Die Justiz hatte im Zuge der EM '08 den schon fast vergessenen Paragrafen wiederentdeckt und benutzt ihn seither exzessiv gegen soziale Protestbewegungen und Fußballfans. Beinahe 100 Verurteilungen wurden in den letzten sechs Jahren gezählt.
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Justizminister Brandstetter hat mittlerweile übrigens erklärt, den Paragrafen reformieren zu wollen. Gänzlich abschaffen möchte er ihn allerdings nicht. Vielleicht ist die Regierung der Ansicht, dass ein Paragraf, der so effizient gegen Protestbewegungen eingesetzt werden kann, doch noch nützlich sein könnte.Hier könnt ihr Michael auf Facebook folgen.„Die Notwendigkeit einer solchen Abgrenzung wird schon daran deutlich, dass andernfalls auch die in der Menschenmenge anwesenden Ordner oder Polizeibeamten zwangsläufig tatbestandsmäßig handeln müssten."