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Bei dieser Dating-App geht es endlich nicht mehr (nur) um dein Aussehen

Candidate ist wie 'Herzblatt' für Online-Dating. Wir haben uns die App angesehen und mit einem Typ gesprochen, der das Frage-Antwort-Spiel perfektioniert hat.
unsplash.com | CC0 License

Online-Dating ist inzwischen so normal wie tägliche Updates zu Richard Lugners Liebeslieben. Aber deshalb haben sich noch lange nicht alle damit abgefunden, ihre zukünftigen Gspusis und Lebensabschnittspartner nur nach ihrem Aussehen im Netz zu beurteilen.

Für alle, die deshalb Tinder oder Lovoo satthaben, und von sich sagen würden, dass sie eher der verbale als der visuelle Bringer sind, scheint die in Österreich entwickelte App Candidate eine kleine Rettungsboje zu sein. Bevor du dein Gegenüber nach seinen Selfie- oder Photoshop-Kenntnissen beurteilen kannst, ist hier erst mal ein Frage-Antwort-Spiel fällig.

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Wenn ihr Candidate noch nicht kennt: Es ist wie Herzblatt nur online und ohne Moderator (zum Glück). Du hast jeweils fünf "KonkurrentInnen", von denen es nur zwei in die nächste Runde schaffen. Erst dort schiebt sich die Wand beiseite und du bekommst zum ersten Mal ein Foto deines Matches gezeigt. Falls du hier eine Abfuhr bekommst, wird dir angezeigt, dass du im Zweikampf in der Fragerunde den Kürzeren gezogen hast und nicht, dass dein Aussehen der Grund dafür war.

Weiter geht's im Chat und anstatt dir zu überlegen, wie du einen Satz anfängst oder doch nur beim sicheren "Hi! Wie geht's?" bleibst, kannst du dich auf all die Themen in den Fragen berufen und locker weiter darüber diskutieren, ob Süd-Ostasien das perfekte Reiseziel für eine sechswöchige Rucksacktour ist oder nicht.

Manuel ist 26 und hat gerade einen echten Lauf auf Candidate. Bei anderen Dating-Apps fiel es ihm meist schwer, eine Gesprächsbasis zu finden und es wurde seinen Aussagen nach schnell "zach". "Mit der Zeit wusste ich einfach, welche Antworten gut ankommen", erzählt er. "Du siehst auch ein Ranking, falls du es nicht geschafft hast, und lernst einzuschätzen, ob es wirklich die allerbeste Idee war, sarkastische Antworten zu geben".

Verschwende deine Zeit nicht mit Smalltalk und dem Stalken aller Social-Media-Profile

Gefallen dir die Antworten nicht, kannst du der Dating-Schlinge noch entkommen, bevor du deine wertvolle Lebenszeit mit dem traditionellen Smalltalk und dem Stalken aller Social-Media-Profile und Fotos, die du finden konntest, verschwendet hast.

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Manuel hat bereits einige Apps ausprobiert, die auf das gleiche Prinzip hinausliefen. Meistens fiel es ihm schwer, eine amüsante Unterhaltung anzufangen. Auf das anfänglich schüchterne Herantasten folgten oft die immer gleichen Gespräche und auch einige Enttäuschungen, sagt er. "Außerdem sehen die Leute sowieso meist anders aus als auf den Fotos. Und wenn ich mich schon mit wem treffe, dann wenigstens mit jemanden, der cool drauf ist."

Ob seine Candidates Manuels Humor teilen, testet er unter anderem, indem er die Frage nach den 3 Dingen auf einer einsamen Insel mit "Ein ausgefülltes Sudokuheft, ein Bild von Maria Fekter und einen leeren Schokoladenadventkalender" beantwortet. Auf die Frage, worauf er bei Frauen als erstes schaut, sagt er: "Auf die Behaarung des Handrückens … what else?"

"Bei solchen Antworten komme ich oft nicht in die nächste Runde—aber wenn sie diesen Humor nicht versteht, ist das eigentlich auch besser so", sagt er. "Andererseits versuche ich manchmal auch so zu antworten, wie ich glaube, dass sie es gerne hätte". Warum er das tut? Wenn ihm die Fragen gefallen—und aus den Fragen kann man hier schon herauslesen—, gibt auch er seiner Neugier nach und möchte wissen, wie die potenzielle Flirt-Partnerin aussehen könnte.

"Ich bin zwar nicht unehrlich, aber ich achte dann vielleicht mehr darauf, nicht unbedingt anzuecken", erzählt Manuel. Ihm selbst sei aber auch wichtig, dass witzige Antworten auf seine Fragen folgen. "Meistens läuft der gleiche Schmäh im Chat dann weiter und es ist total leicht, immer weiter zu schreiben", berichtet er.

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Es werden sehr viele Sexfragen gestellt

So wichtig sei das Aussehen aber nach der zweiten Runde sowieso nicht mehr. "Meistens ist bereits so viel Sympathie da, dass man sich davon nicht mehr großartig beeindrucken lässt", meint Manuel. "Ich hab mich bereits auf Dates eingelassen, obwohl sie eigentlich nicht so mein Typ war und hatte immer Spaß." Für Manuel sind nach diesem Prinzip jedenfalls einige Treffen mehr zustande kommen als bei anderen Apps.

Über den Charakter geben die Fragen mindestens so viel Auskunft wie Fotos und Kurzbios. "Manche fragen dann konkret 'Welche Sexstellung hast du am liebsten' oder so etwas. Allgemein werden sehr viele Sex-Fragen gestellt", erzählt er. "Und haltet euch fern von Fragen wie 'Beschreibe dich! Wie siehst du aus?' Ich mein, das ist ja nicht Sinn dieser App." Und vermutlich auch nicht der von Online-Dating generell. Jedenfalls schadet es nicht, mal mehr über eure potenziellen Flirt-Partner herauszufinden, als darüber zu philosophieren, ob sie mit oder ohne Sonnenbrille besser aussehen.

Sabrina auf Twitter: @Sprinert


Titelbild: unsplash.com | Pexels | CC0