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Drogen

Dieser Typ von der Bayernpartei möchte Gras legalisieren

Um das zu schaffen, muss Wenzel Cerveny eine Million Bayern überzeugen.

Noch schöner wär's nur mit Cannabis: Bayern. Foto: Gemeinfrei

Vaclav Wenzel Cerveny sieht nicht aus wie der typische Kiffer. Der 54-jährige Vorsitzende des „Cannabis Verbands Bayern" kifft auch nicht. Trotzdem setzt er sich mit dem Volksbegehren „Ja zu Cannabis in Bayern" für eine regulierte Cannabis-Abgabe im Freistaat ein. Ausgerechnet dort, wo man für 0,01 Gramm vor Gericht gezerrt wird? Dort, wo Gerichte aus kleinen Growern Plantagenbetreiber machen? Ja.

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Druck erzeugt Gegendruck, zu viel Repression führt irgendwann zum Aufbegehren. Cerveny kommt nicht aus der Cannabis-Szene, er ist Quereinsteiger. Er hat in den USA gelernt, wie man Kampagnen organisiert, und hat mit der Kampagne „Ja zu Raucherclubs" 2013 bereits einen Achtungserfolg erzielt. Seitdem ist Cerveny auch Mitglied der Bayernpartei. Doch sein Vorhaben wird von den weiß-blauen Separatisten, die sich für ein von der Bundesrepublik unabhängiges Bayern einsetzen, nicht offiziell unterstützt. Ein bayerischer Patriot auf drogenpolitischen Abwegen.

Zwar konnte der ehemalige Gastwirt damals nicht verhindern, dass Bayern das deutschlandweit strengste Regelwerk für Raucher eingeführt hat, aber die damalige Kampagne war gut organisiert und konnte immerhin die erste Hürde von 25.000 Stimmen nehmen.

Die zweite Hürde, die die bayerische Verfassung vorlegt, ist auch für sein Cannabis-Begehren weitaus höher. Innerhalb von zwei Wochen nach dem Eintragungstermins des Begehrens müssen mindestens 10% der Wahlberechtigten in Bayern erklären, dass über die Belange des Volksbegehrens abgestimmt werden soll. Dazu liegen in den Gemeinde- und Stadtverwaltungen dann Listen aus.

Wenn Cerveny sein Camping-Mobil in der bayerischen Provinz oder in der Münchner Innenstadt aufbaut, Werbematerial verteilt und mit den Leuten ins Gespräch kommt, sammelt er schon mal innerhalb kürzester zeit ein paar hundert Unterschriften, der Mann versteht sein Handwerk. Zusammen mit seinem Team hat er für sein Volksbegehren bereits weit über 20.000 Unterschriften gesammelt. Bis zur Deadline im August sollen es noch mal mindestens 8.000 mehr werden, damit die notwendigen 25.000 gültigen Unterschriften auch auf jeden Fall zusammenkommen.

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Wenn alles glatt läuft, muss er dann noch eine knappe Million Bayern überzeugen, zum Bürgeramt zu gehen und vor aller Augen für legales Gras zu unterschreiben. Dann könnten die Bayern über Weed abstimmen zu lassen.

Vorher hat Cerveny noch eine Hanf-Fachmesse zu organisieren. Mittlerweile helfen Frau und Sohn beim Beantworten der zahlreichen Presseanfragen und der Messe-Organisation mit. Die Cannabis XXL soll Hanfkultur genau dort präsentieren, wo sie am heftigsten bekämpft wird. Das scheint eine Menge Arbeit zu machen, von Widerständen hingegen berichtet Cerveny nicht. Bloß nicht den Teufel an die Wand malen.

In der Zenithhalle im Norden Münchens treffen sich vom 10. bis 12. Juli Hanfaktive, Hersteller von (legalen) Hanfprodukten, Grow- und Headshops, Hersteller von Anbau-Equipment, Cannabis-Patienten, Experten aus Medizin und Suchtforschung sowie sicher auch ein paar neugierige Kiffer. Die Cannabis XXL will informieren, neue Anbautechniken präsentieren oder die hanfpolitische Lage im Freistaat zu diskutieren.

Kiffen hingegen ist dort nur Patienten mit Ausnahmegenehmigung gestattet, um den Rest könnte sich die Polizei kümmern, auch wenn die Organisatoren hoffen, der öffentliche und politische Charakter der Veranstaltung halte bayrische Ordnungshüter von der beliebten Kifferjagd ab. Selbst wenn sich die Münchner SPD gerade dem Legalize-Boom angeschlossen hat, sollte eine ungestörte Messe schon als Erfolg gefeiert werden. Das öffentliche Abbrennen von dicken Tüten hingegen könnte als Provokation und Vorwand dienen, die Messe und ihre Besucher unschönen Maßnahmen auszusetzen.

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Vaclav Wenzel Cerveny (rechts) bei der Überzeugungsarbeit. Foto: Josef König

Sollte das Volksbegehren dann wirklich stattfinden und angenommen werden, gibt es ein klitzekleines Problem: Der bayerische Landtag kann Gras gar nicht legalisieren. Das Betäubungsmittelgesetz kann als Bundesgesetz nur von der deutschen Bundesregierung geändert werden. Wie er das Problem lösen will, hat uns Vaclav Wenzel Cerveny selbst erklärt:

VICE: Herr Cerveny, Bayern hat ja nicht gerade den Ruf, grasfreundlich zu sein. Wieso glauben Sie, genau dort die notwendige Unterstützung zu finden?Vaclav Wenzel Cerveny: Weil die Leute hier in übertriebener Weise sinnlos verfolgt werden. In Bayern grenzt es schon an Körperverletzung. Nicht jeder, der Cannabis raucht, steigt auf härtere Drogen um. Diesen Zahn müssen wir der CSU ziehen. Jeder Hells Angel hat mal mit dem Fahrrad angefangen, aber deswegen steigt nicht jeder Radfahrer auf die Harley um.

Sie haben jetzt schon über 24.000 Unterschriften. Wie geht es weiter?
Genau. 24.115 ist der heutige Stand. Wir sammeln aber weiter, noch bis circa 33.000, um sicher zu gehen, dass auch ausreichend viele tatsächlich gültig sind. Erfahrungsgemäß sagen die Wahlämter, dass circa 20% Verlust üblich ist. Geplanter Termin zur Abgabe ist der 21. August 2015. Ab 10:00 Uhr Kundgebung am Stachus [in München], mit anschließender Demo zum Landtag.

Ist das Betäubungsmittelgesetz nicht Sache des Bundes?
Zuerst einmal ist da Art 31 GG, der schlicht und ergreifend lautet: „Bundesrecht bricht Landesrecht". Klingt erstmal hart, und würde bedeuten, dass das BtmG in keinem Falle durch ein Bundesland der BRD „unterlaufen" werden kann. Diese Vorschrift setzt nach herrschender Meinung kompetenzgemäßes Bundesrecht voraus. Unserer Ansicht nach muss genau diese Frage unter Umständen vom bayerischen Verfassungsgericht geklärt werden: Handelt es sich um „kompetenzgemäßes Bundesrecht"?

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Zumindest der bayerische Landtag sieht die „Kompetenz" in dieser Frage durchaus bei sich selber: Bisher wurden alle Petitionen zur Legalisierung (auch unsere eigene) vom Landtag akzeptiert und ordnungsgemäß bearbeitet, also nicht mit Verweis auf „Nichtzuständigkeit" abgewiesen.

Was kann der bayerischen Landtag konkret ändern, falls Sie mit Ihrem Anliegen durchkommen?
Der bayerische Landtag würde vom bayerischem Volk den Auftrag erteilt bekommen, in Berlin für eine Legalisierung zu stimmen. Nachdem seit letzter Woche die Münchner SPD bei ihrem Parteitag mit unserer Anwesenheit einstimmig für die Legalisierung von Cannabis gestimmt hat, steht die CSU langsam alleine da.

Sie haben sich ja schon einmal für Bayerns Raucher engagiert. Was ist bei den Kiffern anders?
Hier geht es um viel viel mehr. Während meines Landtags Wahlkampfes haben mir die Leute dieses Thema nähergebracht. Hier geht es auch schon lange nicht mehr nur noch um den Kiffer. Hanf-Cannabis ist in erster Linie Medizin und Rohstoff, aber es gibt halt auch das Recht auf Genuss.

In gut einer Woche veranstalten Sie in München mit der Cannabis XXL die erste Hanffachmesse in Bayern. Wie laufen die Vorbereitungen?
Gigantisch, da es ja in erster Linie eine Legalisierungsmesse ist, ist die Presse Feuer und Flamme, allein bei der Pressekonferenz in den Geschäftsräumen des Volksbegehrens waren sieben Presseleute vertreten. Darunter auch dpa, und auch das Bayerische Fernsehen, Sat1 und einige Radiosender. Zur Messe hat auch das Schweizer Fernsehen eine Drehgenehmigung beantragt.

Haben Sie keine Angst, dass die Polizei in München Besucher und Aussteller belästigt, weil man dort Haschgift oder das fünfblättrige Teufelskraut vermutet?
Gerade das Gegenteil ist zu erwarten, denn wegen dem Volksbegehren und der anwesender Presse würde die Polizei Benzin ins Feuer gießen. Es wäre auch eine Art Behinderung eines Volksbegehrens, das ist verfassungswidrig. Schließlich handelt es sich hier um eine Legalisierungsmesse.

Wann wird Gras in Bayern legal?
Spätestens 2017, denn da sind die Bundestagswahlen in Deutschland. Wir werden nicht zulassen, dass die Parteien ohne eine Legalisierung auf Ihrem Wahlprogramm antreten. Mein Ziel ist es, bis zu den Bundestagswahlen unseren Legalisierungskampf auf der Straße fortzuführen, am liebsten täglich mit unserem Infomobil auf der Straße stehen. Solange halt das Geld reicht, denn leider kostet alles Geld, und wir sind auf Sponsoren angewiesen.